Villarreal-Profi Arnaut Danjuma Der steinige Weg vom Obdachlosen zum Dribbelkönig
11.04.2022, 20:33 Uhr
Arnaut Danjuma ließ die Bayern im Hinspiel mehrmals alt aussehen.
(Foto: IMAGO/AFLOSPORT)
Im Champions-League-Hinspiel zwischen Bayern München und Villarreal gehört Arnaut Danjuma zu den Besten aufseiten der Spanier. Der niederländische Nationalspieler brilliert mit Spielwitz und Tempo. Der Weg auf die internationale Bühne war allerdings ein steiniger für ihn.
Unwissende Reporter und Kommentatoren nennen Arnaut Danjuma gerne beim Nachnamen: "Groeneveld". Allerdings hat sich der in Nigeria geborene Niederländer vor einigen Jahren dazu entschieden, bei seinem zweiten Vornamen "Danjuma" - zu Deutsch "geboren an einem Freitag" - genannt werden zu wollen. Es ist ein Zeichen der Verbundenheit mit seiner einstigen Heimat, die er jedoch im Alter von vier Jahren verließ. Die Familie zog damals mit Arnaut und seinen Geschwistern Reinier und Lisette von Lagos in die niederländische Industriestadt Oss. Noch im selben Jahr ließen sich die Eltern scheiden. Was folgte, war ein Alptraum.
"Es gab eine kurze Zeit, da hatten wir keinen Platz zum Leben, was natürlich sehr hart für uns war", erzählte Danjuma im vergangenen Jahr der britischen Tageszeitung "The Times". Eine Weile mussten die drei Kinder zusammen mit ihrer Mutter Hauwa im Auto schlafen. "Im Nachhinein, und das mag komisch klingen, bin ich dankbar für das, was ich durchgemacht habe. […] Für meine Mutter war es sehr schwer, aber sie ist eine starke Frau. Ich habe niemals jemanden anderen getroffen, der so stark ist. Du kommst in ein Land wie die Niederlande, das sehr anders ist als Nigeria, sprichst die Sprache nicht, bist fremd. Es ist hart. Sie musste sich um drei Kinder kümmern."
Weil allerdings Hauwa keinen anderen Ausweg sah, wurden Arnaut und seine Geschwister zu Pflegeeltern gegeben. Unter deren Aufsicht hätte seine fußballerische Karriere schon im Alter von sechs oder sieben Jahren enden können. Denn dem Fußball, an den er schon als Kleinkind in Nigeria sein Herz verloren hatte, wurde in der neuen Familie keine Bedeutung beigemessen. Dann trat plötzlich sein leiblicher Vater Cees wieder auf die Bildfläche. "Er kam glücklicherweise den ganzen Weg zu meiner Pflegefamilie, nahm mich mit, brachte mich zum Training und brachte mich dann wieder zu ihnen und ging zu seinem Zuhause", erinnert sich Danjuma.
Über Umwege an die Spitze
So wurden die Trainingsplätze in Oss zu seinem eigenen kleinen Zuhause. Mit elf Jahren ging er an die Jugendakademie des lokalen Zweitligisten TOP Oss. Schon wenig später entschied ein Gericht, dass er seine Pflegeltern verlassen und bei seinem Vater leben durfte. Kurz darauf klopfte Top-Klub PSV an und holte Danjuma nach Eindhoven. Es ging Schlag auf Schlag. Diese Zeit habe ihn gestählt, wie er meint: "Es gibt viele Spieler, die schon mit jungen Jahren großen Luxus genießen, und das zerstört sie. Ich habe so viele talentierte Spieler gesehen, die es am Ende wegen des Luxus nicht geschafft haben."
Auch nachdem er Fußball-Profi wurde, lief beim schnellfüßigen Dribbler nicht alles rund. In Diensten von Club Brügge meldete sich im Jahr 2018 der italienische Gigant AC Milan bei Danjuma, der Brügge umgehend mitteilte, dass er die Absicht hatte zu wechseln. Aber Brügges Verantwortliche lehnten ab. Statt im traditionsreichen Mailänder San Siro zu spielen, führte ihn sein Weg in die englische Küstenstadt Bournemouth. Mit dem AFC Bournemouth folgte 2020 der Abstieg in die zweite Liga. Nun fand sich der quirlige Dribbler in der beinharten "Championship", wie die Liga genannt wird, wieder.
Nicht selten brachte Danjuma Trainer und Mitspieler auf die Palme, wenn er sich in Eins-gegen-Eins-Duelle verstrickte und auf den ersten Blick für die Galerie statt für das Ergebnis auf der Anzeigetafel spielte. Aber sein Talent am Ball war unumstritten und trotz der brutalen Gangart vieler gegnerischer Verteidiger avancierte er zu einem der Stars der Liga. Danach folgte im Sommer 2021 der Wechsel zu Villarreal. Nach Belgien und England ging es erneut in ein neues Land. Er brauchte jedoch nur wenig Eingewöhnungszeit und schon gehörte Danjuma zu den offensiven Eckpfeilern von Cheftrainer Unai Emery. Seine 14 Tore und 4 Torvorlagen in 30 Pflichtspielen weisen das statistisch nach.
Starker Auftritt gegen die Bayern
Auch Bayern München durfte in der vergangenen Woche beim Viertelfinal-Hinspiel gegen Villarreal in der Champions League erleben, welche Offensivgefahr Danjuma ausstrahlt. Im Zusammenspiel mit Nebenmann Gerard Moreno brachte er die Abwehr des deutschen Rekordmeisters ein ums andere Mal ins Schwimmen. Villarreal-Coach Emery setzt den 25-Jährigen dabei nicht mehr auf seiner früheren Flügelposition ein, sondern meist im Sturmzentrum, von wo aus Danjuma mit Tempo und Agilität in die Lücken vorstoßen soll.
Die bekannten Dribblings im Eins-gegen-Eins lässt er immer häufiger bleiben, weil er damit das Spiel seiner Mannschaft nur zu sehr verlangsamen würde. Auch hier hat Danjuma mittlerweile dazu gelernt und ist gereift. Aus dem Einwanderersohn, der mit seinen Geschwistern im Auto schlafen musste, ist ein international bekannter Fußballer geworden, der mittlerweile ein Millionengehalt pro Jahr überwiesen bekommt und natürlich auch so manche Annehmlichkeit genießt.
Aber seine Wurzeln vergisst Danjuma nicht, weder wenn es um seinen Namen geht noch um die herausfordernden Kindheitstage.
Quelle: ntv.de