Fußball

Milliardendeal, Zoff, Abspaltung Deutscher Fußball steht vor fundamentaler Veränderung

Dortmunds Fans protestieren mit einem Banner gegen Investoren in der DFL.

Dortmunds Fans protestieren mit einem Banner gegen Investoren in der DFL.

(Foto: Bernd Thissen/dpa)

Die Fans laufen seit Wochen Sturm, unter den Erst- und Zweitligisten regt sich Widerstand und eine breite Front aus der 3. Liga droht sogar mit dem Kartellamt. Wenn die Vertreter der 36 Profivereine nun über den geplanten Einstieg eines Investors abstimmen, wird es hoch hergehen.

Wenn am Mittwochnachmittag im Raum "Skyloft" die Entscheidung über den Milliardendeal verkündet wird, könnte sich rasch ein heftiges Gewitter am Fußball-Himmel entladen. Der Streit um den Einstieg eines Investors bei der Deutschen Fußball Liga (DFL), den die Bosse der 36 Profiklubs ab 11.30 Uhr im Sheraton-Hotel am Frankfurter Flughafen final austragen, ist längst zur Zerreißprobe eskaliert.

Dass sich der Investoren-Zoff wie ein Spaltpilz durch den Profifußball frisst, haben die Tage vor der Abstimmung deutlich gemacht. Die Gegner des Geschäftsmodells, das zwei Milliarden Euro in die Kassen spülen soll, sind in die Offensive gegangen. Nach dem FC St. Pauli verschärfte vor allem der 1. FC Köln den Ton und positionierte sich "entschieden" gegen die DFL-Pläne. Zahlreiche weitere Klubs sollen eine ähnliche Haltung haben.

Immer mehr fragwürdige Details

Passend zu der Kritik wurden zuletzt immer mehr fragwürdige Details der anvisierten Vereinbarung bekannt, die in erster Linie die Ängste der Fans vor der Einflussnahme eines Geldgebers und der weiteren Zementierung der sportlichen Kräfteverhältnisse geschürt haben. Angesichts der unübersichtlichen Gemengelage erscheint es völlig offen, ob die nötige Zweidrittel-Mehrheit zugunsten des Investoren-Plans zustande kommt.

Die Skeptiker spielen allerdings mit dem Feuer. Denn sollte der von den DFL-Interimsbossen Axel Hellmann und Oliver Leki in den vergangenen Monaten vorangetriebene Deal scheitern, haben einige Topklubs bereits die Drohkulisse einer Abspaltung der Bundesliga vom Rest und dem damit einhergehenden Ende der "Subventionen" für die kleineren Vereine entworfen.

Dass Leki ein Votum jenseits der Zweidrittel-Marke im Sinne eines breiten Konsens als nötig betrachtet und nun auch noch die Drittligisten ihr Stück vom Kuchen abhaben wollen, macht die Ausgangslage nicht einfacher. Auch die Meinungen von Finanzexperten, deren zahlreiche Einlassungen kein klares Bild hinsichtlich Chancen und Risiken zeichnen, hilft nicht weiter.

Die Drittligisten begehren auf, weil sie befürchten, dass durch den Deal und die Verteilung der Einnahmen "eine weitere Barriere zwischen der Zweiten und der Dritten Liga" geschaffen wird, wie Meppens Geschäftsführer Ronny Maul der Deutschen Presse-Agentur sagte. Es bestehe eine gewisse Unruhe und die Sorge, dass es mittelfristig in Richtung einer "geschlossenen Gesellschaft" gehe und es ambitionierten Drittligisten nahezu unmöglich gemacht werde, in die 2. Liga aufzusteigen. 16 von 18 Vereinen haben ihre Bedenken daher in einem Brief an die DFL und den Deutschen Fußball-Bund adressiert und dabei auch mögliche "kartellbehördliche Konsequenzen" ins Spiel gebracht. Eine Antwort stand bis Dienstagmittag aus.

Umfangreiche Proteste von Fangruppen

Dazu kommen die umfangreichen Proteste von Fangruppen, die eine Zustimmung für einige Vereinsbosse erschweren. Es wird mit einer geheimen Abstimmung gerechnet, damit die Klubs in der Öffentlichkeit nicht als Befürworter oder Gegner ausgemacht werden können. Leki lässt keinen Zweifel daran, was er von fehlender Transparenz hält: "Ablehnung ist auch in Ordnung, das muss man dann aber auch sagen."

Neben den Kölnern hat das auch Pauli-Präsident Oke Göttlich getan. Er will beantragen, die Entscheidung über die Aufnahme von Verhandlungen mit den vier potenziellen Investoren zu verschieben. Das wäre allerdings auch nicht im Sinne von Leki und Hellmann, die bereits einen zeitlichen Ablauf vorgelegt haben. Schon bei einer weiteren Versammlung Anfang oder Mitte Juli ist das grüne Licht für den ausgewählten Geldgeber angepeilt.

Das Modell ist nicht ohne Risiko

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Laut des Plans soll der Investor 12,5 Prozent der Anteile einer Tochtergesellschaft, in welche die kompletten Medienrechte ausgelagert werden, über 20 Jahre erwerben. Dadurch sollen zwei Milliarden Euro erlöst werden, die in erster Linie (750 Millionen Euro) in die Zentralvermarktung und den Aufbau einer Streamingplattform gesteckt werden sollen. 300 Millionen Euro sollen zur freien Verwendung an die Klubs gehen (getreu dem derzeit geltenden Verteilerschlüssel), der Rest ist zweckgebunden für Investitionen in die Infrastruktur.

Das Modell ist nicht ohne Risiko: Für die erhofften zwei Milliarden Euro müssten die Klubs für die Dauer des Vertrags auf 12,5 Prozent ihrer Medienerlöse zugunsten des Kapitalgebers verzichten. Selbst bei einem moderaten Wachstum der Einnahmen (derzeit knapp 1,3 Milliarden pro Saison aus In- und Ausland) wären das über zwei Jahrzehnte gesehen deutlich mehr als drei Milliarden - also ein Verlustgeschäft. Für die DFL-Spitze ist die Anschubfinanzierung dennoch "alternativlos", um die Wettbewerbsfähigkeit der Liga zu gewährleisten. Ob das eine ausreichende Mehrheit auch so sieht, wird sich am Mittwoch zeigen.

Quelle: ntv.de, tno/sid/dpa

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