Fünf ist Trümpf Die absurde Dominanz des FC Bayern
30.04.2017, 11:50 Uhr
Heißa, welch' Freude: Robert Lewandowski, Arturo Vidal und Rafinha in Wolfsburg.
(Foto: REUTERS)
Konkurrenz? Welche Konkurrenz? Wieder gewinnt der FC Bayern souverän die Fußballmeisterschaft. Auch wenn sie etwas stillos feiern: Im kommenden Jahr wird es genauso sein. Doch nicht nur Uli Hoeneß ist unzufrieden.
Das Schlimme am Meistertitel des FC Bayern ist nicht, dass die Fußball-Bundesliga nun auch offiziell im fünften Jahr hintereinander langweilig ist. Das Schlimme dran ist auch nicht, dass es im sechsten Jahr wieder so sein wird. Das Schlimmste ist, dass Männer wie Carlo Ancelotti sich in ein rotes T-Shirt zwängen müssen - über das weiße Hemd, über die Krawatte und unter das schwarze Jackett. Ein bisschen mehr Stil hätten die Münchner ihrem Trainer doch gönnen können, auch wenn's nur das Stadion am Mittellandkanal in Wolfsburg war, wo sie am frühen Samstagabend erst kanterten und dann feierten.
Ancelotti nahm auch das mit der ihm eigenen Gelassenheit hin. Für ihn ist es in seinem ersten Jahr in Deutschland die erste Meisterschaft - was bei 17 anderen Klubs der Liga als großer Erfolg gewertet worden wäre. Aber er trainiert nun einmal den FC Bayern. Wie hatte es Präsident Uli Hoeneß vor diesem 31. Spieltag im Interview mit der "Abendzeitung" so schön gesagt: "Auf die Dauer ist ein Titel schon ein bisschen wenig für uns." Diese Einschätzung dürfte er in München nicht exklusiv haben. Da ist er wieder, der Fluch des Erfolgs. Nur Meister zu werden, das reicht ihnen schon lange nicht mehr. Wie auch, bei dieser fast schon absurden Dominanz des Branchenprimus.
Wenn Karl-Heinz Rummenigge, der Vorstandschef der FC Bayern München AG, der sich nach dem 4:0 auf der Tribüne sein erstes Meisterbier gönnte, sagt, der Titel in der Liga sei der ehrlichste, dann liegt er insofern richtig, als dass den Bayern über die lange Distanz hierzulande keine Mannschaft gefährlich werden kann. Die Meisterschaft haben sie sich verdient. Nun ist der vom Abstieg bedrohte VfL Wolfsburg nicht der Maßstab, das Spiel am Samstag war ein Witz. Mario Gomez, Angreifer mit Bayern-Vergangenheit, sagte nach der Partie im Bezahlfernsehen: "Am Ende war es vom Gefühl her wie Männerfußball gegen Jugendfußball." Das ist kein Einzelfall. Auch nicht, dass die Münchner mittlerweile zehn Punkte Vorsprung auf den Tabellenzweiten haben, in diesem Jahr ist es RB Leipzig.
Ein Titel ist auf Dauer halt zu wenig
In der vergangenen Saison waren es am Ende zehn Zähler vor Borussia Dortmund, 2014/2015 zehn auf Wolfsburg. In der Spielzeit 2013/2014 lag der FC Bayern 19 Zähler vor dem BVB, 2012/2013 gar 25. Noch Fragen? In diesen fünf Jahren haben die Münchner sieben Spiele in der Bundesliga verloren - zieht man die Niederlagen ab, die sie kassierten, als sie bereits als Meister feststanden. Konkurrenz sieht anders aus. Den DFB-Pokal und am besten auch die Champions League hätten sie in diesem Jahr dennoch gerne gewonnen. Aber, auch das hat diese Saison gezeigt, in einem Spiel ist die Konkurrenz bisweilen mit Geschick und einer Portion Glück durchaus in der Lage, die Bayern zu schlagen, den Dortmundern ist das gleich zweimal gelungen: beim Heimspiel in der Liga mit 1:0 und in der vergangenen Woche im Halbfinale des DFB-Pokals.
Für die kommende Saison verheißt das in puncto Spannung dennoch wenig Gutes. Die Leipziger müssen dann erst einmal damit fertigwerden, dass sie mittwochs in der Champions League spielen, anstatt auf dem Sofa zu sitzen. Für die Hoffenheimer gilt das mutmaßlich auch. Und der Etat der hochtalentierten Mannschaft des BVB, der die Bayern im Sommer vergangenen Jahres mit Mats Hummels den Kapitän wegkauften, beträgt immer noch nur knapp die Hälfte dessen, was der alte, neue und zukünftige Meister investieren kann. Der Rest der Liga ist, je nach Interpretation, gleich gut oder gleich schlecht. Und die Bayern werden sich wieder darauf konzentrieren, nach 2013, dem grandiosen Triple-Jahr unter Jupp Heynckes, wieder international zu reüssieren. Ein Titel ist auf Dauer halt zu wenig.
Auf den roten T-Shirts, die die Bayern nach dem Schlusspfiff in Wolfsburg auspackten und anzogen, war übrigens eine weiße Hand zu sehen. Die fünf Finger symbolisierten, Sie kommen nicht drauf, die fünf Meistertitel, die der FC Bayern in den vergangenen fünf Jahren gewonnen hat. Die Hand erinnerte an die Kampagne der Deutschen Bundespost, die 1993 mit einem entfernt ähnlichen Logo für die damals neuen, fünfstelligen Postleitzahlen warb. "Fünf ist Trümpf", lautete der Slogan. 1993 hieß der deutsche Fußballmeister übrigens Werder Bremen. Wir sind schon sehr gespannt, was sich die Bayern im nächsten Jahr einfallen lassen.
Quelle: ntv.de