Fußball

Salihamidžić deutet da was an FC Bayern hat zwei Helden und einen Hamster

Titelhamster!

Titelhamster!

(Foto: imago images/ULMER Pressebildagentur)

Der erste Titel der Saison geht an den FC Bayern. Mit dem Sieg in Dortmund gewinnt der Klub zum neunten Mal den Supercup. Dank Robert Lewandowski geht das Warten von Julian Nagelsmann auf eine Trophäe zu Ende. Eine andere Sache ist aber viel spannender für den Rekordmeister.

Robert Lewandowski hatte in seinem (Fußballer)-Leben schon schwierige Prüfungen. Das kann man auf jeden Fall so sehen. Etwas näher an der Wahrheit wäre aber vielleicht so: Robert Lewandowski hatte in seinem (Fußballer)-Leben wohl selten eine leichtere Prüfung als an diesem Dienstagabend gegen etwa 22 Uhr in Dortmund. Nach einem hanebüchenen Abspielfehler von Manuel Akanji - der Schweizer war im deutschen Supercup der Abwehrchef des BVB - war der Ball beim Stürmer des FC Bayern gelandet. Der hatte viel Platz, noch mehr Zeit und traf dann die richtige Entscheidung (aus Münchner Sicht). Er schob den Ball lässig ins Tor der Borussen (74.). Das war das 3:1. Das war's.

Borussia Dortmund - Bayern München 1:3 (0:1)

Tore: 0:1 Lewandowski (41.), 0:2 Thomas Müller (49.), 1:2 Reus (64.), 1:3 Lewandowski (74.)
Borussia Dortmund: Kobel - Passlack (84. Wolf), Witsel, Akanji, Schulz - Dahoud - Bellingham (84. Reinier), Reyna (78. Pasalic) - Reus - Moukoko (58. Malen), Haaland; Trainer: Rose.
FC Bayern: Neuer - Stanisic (87. Sarr), Upamecano, Süle, Davies - Kimmich, Goretzka - Coman (49. Sane), Thomas Müller (73. Musiala), Gnabry (73. Tolisso) - Lewandowski (87. Coupo-Moting); Trainer: Nagelsmann.
Schiedsrichter: Sascha Stegemann (Niederkassel)
Zuschauer: 24.742 (ausverkauft)
Gelbe Karten: Reus, Dahoud - Süle, Sane, Coupo-Moting

Der FC Bayern holt sich im bislang wichtigsten Pflichtspiel der Saison den ersten Titel. So kennt man den Klub. Der sich nach dem neunten Triumph im Supercup nun Folgendes auf den Briefkopf schreiben darf: Inoffizieller Fußball-Klub-Weltmeister. Andernorts hat man sich schon für weniger feiern lassen. Aber tatsächlich war diese neue Premium-Auszeichnung nicht das große Thema des Abends, der so emotional begonnen hatte. Mit einer Schweigeminute für den legendären "Bomber der Nation", den am Sonntag verstorbenen Gerd Müller. Ein passenderes Spiel für eine Erinnerung an die Legende hätte es kaum geben können. Denn die Partie Borussia Dortmund gegen den FC Bayern ist derzeit auch das Duell der beiden derzeit vielleicht besten Stürmer der Welt. Es ist das Duell von Erling Haaland und eben Lewandowski.

Der Pole hatte nicht nur den Endstand erzielt, er hatte den Showdown auch nach Toren eröffnet. In der 41. Minute hatte er eine ziemlich perfekte Flanke von Serge Gnabry mit einem ziemlich perfekten Kopfball vollendet. Und auch beim 2:0 durch Thomas Müller (49.) war Lewandowski hart beteiligt, mit einem Hackentrickversuch hatte er Torwart Gregor Kobel entscheidend irritiert. Müller, der seit Wochen kein Tor erzielt hatte und damit seine schwarze Serie bei Europameisterschaften fortschrieb, stand alleine vor dem leeren Gehäuse. Eine Pflichtaufgabe. Ganz anders als das zwischenzeitliche 1:2. Das hatte Marco Reus auf eine Weise erzielt, wie es nur Marco Reus kann. Er hatte seinen Fuß an der Strafraumkante so kunstvoll verdreht, dass Manuel Neuer chancenlos war (64.).

Zwei Bayern sind erleichtert

Manuel Neuer, chancenlos! Das muss man sich mal vorstellen. Erst recht an diesem Dienstagabend in Dortmund, wo 24.742 Zuschauer diesem spektakulären Duell zuschauen durften. Und ganz egal, wie unbedeutend dieser Wettbewerb auch ist, die Partie war prima. Und der Erfolg für zwei Männer ganz besonders wichtig. Für Julian Nagelsmann, der im sechsten Spiel als Trainer des FC Bayern (alle Test-Kicks eingerechnet) endlich mal einen Sieg feiern durfte. Und für Hasan Salihamidžić, den Bauherren des Münchner Kaders, der gemeinhin als arg zu dünn gilt, um in dieser Saison wieder die ganz großen Träume träumen zu dürfen. Anders als der Dortmunder Kader, der wieder einmal Fantasien beflügelt. Weil Haaland bleibt (was wieder betont wurde) und außer Jadon Sancho kein Leistungsträger ging.

Und tatsächlich ist auch nach diesem Triumph nicht geklärt, ob der Kader des Rekordmeisters nun so "exzellent" ist, wie Klubboss Oliver Kahn vor Wochen feststellte, oder ob es dem Team noch guttäte, wenn frische Kräfte hinzugekauft würden. Nagelsmann hatte ja gerade erst bekannt, dass er 13, 14 Topspieler habe. Angesichts der Vielfach-Belastungen in allen Wettbewerben, die Auswahl-Teams der Länder eingerechnet, und gleich mehreren Spielern mit wilden Krankenakten, scheint die genannte Nagelsmann-Zahl recht dünn. Nun, 13 Tage haben die Münchner noch Zeit, sich darüber einig zu werden, ob und was sie in Sachen Kaderplanung noch tun wollen. "Wir beobachten den Markt, der FC Bayern ist immer für ein bisschen was gut. Und wir werden sehen, ob noch was passiert."

Klar ist nur: Auf zwei Positionen ist der FC Bayern herausragend besetzt. Und wenn Sie den Superlativ von herausragend kennen, dann bilden Sie ihn doch einfach. Er würde Lewandowski und Neuer gerecht. Der Stürmer ist einfach eine Maschine. Immer da, wenn er gebraucht wird. Nicht zu verteidigen. Absolut gierig und unfassbar abgezockt. Jede Diskussion, ob er der kompletteste Stürmer der Welt ist, verbietet sich. Er ist es. Und er hat eine bemerkenswerte Leidenschaft für Tore gegen seinen Ex-Klub. Im 24. Aufeinandertreffen traf er zum 24. Mal. In keiner bekannten Statistik ist derweil erhoben, wie oft Neuer die Spieler des BVB mit seinen unfassbaren Taten entnervt hat. Mindestens zwei Momente kamen nun hinzu. Einmal wurde Haaland zum "Opfer" der Titanen-Taten, ein anderes Mal Reus. Und diese Parade von Neuer war unglaublich. Im Duell der Kapitäne verdrehte er sein Bein so lang in den Abschluss des Dortmunders, dass er den Ball tatsächlich noch am Tor vorbeilenken konnte. Es gibt nicht viele Menschen, die so etwas können. Vielleicht nur einen.

Comans Spiel ist nicht gut für Sané

Ansonsten lohnt es sich noch, über einen dritten Münchner Fußballer zu reden: über Kingsley Coman. Über den hörte man ja zuletzt, dass er für eine Vertragsverlängerung unverschämt viel Geld haben wolle. Außerdem war die Sache so: Wenn man über die linke offensive Seite des FC Bayern sprach, sprach man vor allem über Leroy Sané. Der Nationalspieler, der bei der EM zu einer tragischen Figur geworden war, weil er an seinen eigenen Ansprüchen gescheitert war, will es nämlich diese Saison allen zeigen. Könnte aber schwer werden, wenn Coman so spielt wie gegen den BVB. Nun hatte der Franzose mit Gegenspieler Felix Passlack zwar den schwächsten Dortmunder als Duell-Partner, aber Comans Schnelligkeit und beinahe unzähmbare Spielfreude wären wohl auch gegen andere Spieler beeindruckend gewesen. Womöglich nicht gegen Łukasz Piszczek, den Grandseigneur auf der rechten Abwehrseite. Aber Piszczek spielt in seiner polnischen Heimat nur noch semiprofessionell Fußball.

Nun ist also tatsächlich nicht klar, was dieser Bayern-Sieg bedeutet, auch weil die Borussen-Abwehr nicht das war, was sie sein könnte, wenn Mats Hummels, Emre Can, Dan-Axel Zagadou, Raphael Guerreiro oder aber Thomas Meunier fit wären. Und weil die Dortmunder Offensive zwar reichlich bemüht war, aber nicht so brutal wie noch beim Liga-Start gegen Frankfurt (5:2). Ein Problem? "Wir hatten nicht das Gefühl, dass wir keine Chance hatten. Die Aggressivität war da", sagte Reus. Und ja auch die Tore. Allerdings stand Haaland einmal ebenso im Abseits wie zuvor Youssoufa Moukoko, das Super-Talent, das überraschend von Anfang an gespielt hatte.

Die Freude über den Titel wollten sich die Münchner aber durch all die Umstände nicht nehmen lassen. Vor allem Nagelsmann nicht. Für den es ja wirklich der erste Titel überhaupt als Profi-Trainer war. "Der Titel ist eine Belohnung für die letzte Saison. Das ist ein Titel, der Hansi (Anmerk. d. Red.: Vorgänger Hansi Flick) und der Mannschaft gebührt." Der mit viel Arbeit, gnadenloser Effektivität, aber auch genialen Momenten herausgespielte Sieg in Dortmund stärkte bei Nagelsmann den Glauben an weitere Erfolge. "Ich wünsche mir mehr Titel als nur einen. Ich habe ja auch so kleine Hamsterzähne. Ich würde gerne ein Titel-Hamster sein."

Quelle: ntv.de

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