
Der "Langhaarmodus" bringt Haaland den Torrekord.
(Foto: IMAGO/Sportimage)
Obwohl Erling Haaland im Spitzenspiel der Premier League gegen den FC Arsenal erst in der Nachspielzeit trifft, geht der Noch-Tabellenführer gegen Manchester City unter - und dürfte damit wohl den Meistertitel verspielen. Der frühere Dortmunder ist im Zusammenspiel mit Kevin De Bruyne unaufhaltsam.
Mit wehender, blonder Mähne und der linken Hand zum Gruß an die Stirn gehalten rutscht Erling Haaland auf Knien über den Rasen in Richtung Fankurve. Er feiert, er lässt sich feiern. In der fünften Minute der Nachspielzeit trifft er im Spiel seines Klubs Manchester City doch noch gegen den FC Arsenal. Es ist das Tor zum 4:1-Endstand, der Sieg hochverdient, die Meisterschaft nah, Haaland mal wieder im Fokus.
Zwei Treffer hatte er Mittelfeld-Genie Kevin De Bruyne (7./54.) zuvor aufgelegt, nur ein eigenes Tor wollte dem norwegischen Superstar lange nicht gelingen. Mehrfach ließ der frühere Dortmunder Großchancen aus. Erst scheiterte er an Arsenals Torhüter Aaron Ramsdale (28.), dann schloss er aus zu spitzem Winkel ab (32.), ein weiterer Schuss ging knapp links vorbei (36.), noch einmal stand Ramsdale rechtzeitig im Weg (41.). Ein ums andere Mal vergeigte er fahrlässig, die Kommentatoren waren überrascht von der mangelnden Präzision oder den falschen Entscheidungen, die er im Strafraum getroffen hatte. Wie etwa in der 28. Minute als es sinnvoller gewesen wäre, De Bruyne zu bedienen, statt selbst abzuschließen.
Es brauchte die volle Spielzeit inklusive Nachspielzeit, bis Haaland treffen sollte. Und es brauchte offenbar die ungebändigten, langen Haare, so wurde nach der Partie in den sozialen Netzwerken bilanziert: "Haaland hat nicht getroffen, also hat er einfach in den Langhaarmodus umgeschaltet", hieß es dort etwa, auch von "Haarmagie" war die Rede. Nun hatte nicht einmal der 22-Jährige, der aus seiner immer länger werdenden Haarpracht schon mal Zöpfchen flechtet, geplant, mit seiner wallenden Mähne zu spielen. Vor seinem Treffer hatte er schlicht sein Haarband verloren, er ließ sich nicht beirren und hat nun für eine weitere amüsante Anekdote gesorgt.
Haaland ist auf der Jagd
Die englischen Kommentatoren verglichen ihn mit dem Superhelden und Donnergott Thor. Mit seiner brachialen Urgewalt hat Haaland einen Rekord in der Premier League aufgestellt: In 38 Spielen hat er bereits 33 Tore geschossen, so viele wie nie ein Spieler vor ihm. Den bisherigen Rekord hielt Liverpool-Star Mo Salah, aufgestellt in der Saison 2017/18. Die Allzeit-Bestmarke stammt aus der Mitte der 90er-Jahre, Alan Shearer und Andy Cole trafen jeweils 34-mal, hatten dafür aber auch mehr als 40 Spieltage Zeit. Wettbewerbsübergreifend stehen für Haaland in 43 Partien 49 Tore zu Buche. Er selbst kommentierte seinen Rekord auf Instagram neben einem Foto von sich mit nur einem Wort: "Hunting." (Jagd.) Zudem postete er in einer Story zahlreiche Jubelbilder aus der Kabine und von der Fan-Choreografie im mit 55.000 Zuschauern ausverkauften Etihad Stadion.
Haalands Treffer war das krönende Ende einer dominanten Partie des Gastgebers von Trainer Pep Guardiola. Vor allem in der ersten Halbzeit war der FC Arsenal mit dem früheren Guardiola-Assistenten Mikel Arteta an der Seitenlinie überfordert. Das Duo Haaland und De Bruyne stahl dem Noch-Tabellenführer sofort die Show. "Die Verbindung zwischen den beiden ist eine unglaubliche Gefahr, und Kevin war brillant", lobte Guardiola nach der Partie. "Haaland und De Bruyne gegen den Rest der Welt. Was die beiden spielen, ist sensationell. Die Spieler, die den Unterschied machen", sagte Ralf Ragnick als Co-Kommentator bei der deutschen Sky-Übertragung. Haaland behauptete an der Mittellinie stehend den weiten Ball aus der eigenen Hälfte und leitete ihn mit einer halben Drehung an den Belgier weiter. Der marschierte unaufhaltsam in Richtung Arsenal-Tor und zog ab - 1:0 nach gerade einmal sieben Minuten. Einen Assist fügte De Bruyne seiner phänomenalen Leistung beim 2:0 hinzu, seinen Freistoß köpfte John Stones ein, eine zunächst angezeigte Abseitsstellung wurde vom VAR kassiert.
Dass es zur Halbzeit damit nur 2:0 stand, musste Arsenal noch als Glück verbuchen, die Gunners waren weitgehend chancenlos. In der zweiten Halbzeit wurden sie dann etwas aktiver und wagten sich auch mal weiter nach vorn, doch das zweite Tor von De Bruyne - wieder nach Vorarbeit von Haaland - beendete schon in der 54. Minute fast alle rot-weißen Hoffnungen auf eine Aufholjagd. Einzig Rob Holding schoss einen Ehrentreffer (86.), es war erst der zweite Torschuss der Gunners im Spiel. Und dann kam eben noch Haaland zu seinem Rekord.
Arsenal "vom besseren Team geschlagen"
"Wir wurden von dem besseren Team geschlagen", sagte ein enttäuschter Arteta bei BT Sport. "Wir haben in jeder Hinsicht ein gutes Spiel gemacht - die Konzentration, die Spielzüge, die Defensive, wie aggressiv wir waren, um ein gutes Spielniveau zu erreichen", sagte Guardiola zufrieden. "In Anbetracht des Gegners, mit dem wir es zu tun hatten, haben wir eine fantastische Leistung gezeigt." Arsenal führt die Premier League seit dem dritten Spieltag an, hatte zwischenzeitig sieben Punkte Vorsprung auf den Titelverteidiger Man City und droht jetzt, die erste Meisterschaft seit 19 Jahren doch noch zu verspielen. Noch sind die Londoner Spitzenreiter (75 Punkte), der Vorsprung aber ist auf zwei Zähler geschmolzen - und City hat noch zwei Nachholpartien und damit sechs mögliche Punkte in der Hinterhand.
Arsenal ist seit vier Spielen kein Sieg mehr gelungen, doch Arteta will nicht frühzeitig aufstecken: "Wir geben noch nicht auf. Es sind noch fünf Spiele und alles kann passieren." Auch Guardiola konstatierte: "In Wirklichkeit sind sie [in Front], und wir dürfen unseren Fokus nicht verlieren. Wir müssen uns morgen gut erholen, gut ausruhen und uns auf Fulham vorbereiten, denn jetzt haben wir es in der Hand, und wenn wir es in der Hand haben, müssen wir es nutzen." Und auch De Bruyne betonte: "Das ist noch zu lang", sagte er angesprochen auf die nun wahrscheinliche Titelverteidigung. "Die Leute sagen, wir gewinnen den Titel. Wir machen das erst, wenn es mathematisch so ist."
Für den 31-Jährigen wäre es genau wie für seinen Klub schon die dritte Meisterschaft in Folge - für Haaland dagegen die erste. Lange sah es nicht danach aus, als würde City die Serie fortsetzen können, doch nun geht Arsenal im Endspurt die Puste aus. Die mit zahlreichen Millionen gesegneten - und womöglich gegen das Financial Fairplay verstoßenden - Citizens haben nie aufgegeben. Mit Haaland, den sie zu Saisonbeginn für die verhältnismäßig lächerliche Ausstiegsklausel von 75 Millionen Euro vom BVB zu sich locken konnten, haben sie einen Stürmer im Kader, der zuverlässig Tore liefert. Haaland brauchte in der Premier League keine Anlaufzeit, nach drei Spielen hatte er schon sechs Tore geschossen. Nun folgte der Rekord - und es ist davon auszugehen, dass er diesen noch ausbaut.
Quelle: ntv.de