Späte Absage des 26. Spieltags Für Rummenigge ging's "um die Finanzen"
13.03.2020, 16:22 Uhr
Karl-Heinz Rummenigge gibt unumwunden zu: "Am Ende des Tages geht´s ums Geld."
(Foto: imago images/foto2press)
In der Fußball-Bundesliga rollt am Wochenende der Ball nun doch nicht mehr. Spieler und Fanvertreter hatten die Hängepartie der DFL kritisiert, der Bayern-Boss hat eine pragmatische Erklärung für die schwere Entscheidungsfindung: Geld.
Karl-Heinz Rummenigge, Vorstandsvorsitzender des FC Bayern München, hielt es heute Nachmittag noch für richtig, den kommenden Bundesliga-Spieltag noch irgendwie über die Bühne bringen zu wollen: "So wie das von der DFL gehandhabt wurde, ist das der richtige Weg. Es geht am Ende des Tages um Finanzen und um eine hohe Zahlung der TV-Broadcaster an die Vereine, die noch aussteht", sagte er, bevor sich die DFL nach "der Dynamik des heutigen Tages" doch noch zu einer Absage aller Spiele entschied. "Wenn diese Zahlung ausbleiben würde, würden viele Verein finanzielle Probleme kriegen. Deshalb halte ich es für richtig, dass der Spieltag unter diesen Voraussetzungen stattfindet." Es stünde "ein größerer dreistelliger Millionenbetrag für die 1. und 2. Liga im Feuer", vielen kleineren und mittleren Vereinen drohten Liquiditätsprobleme.
Am heutigen Nachmittag rang man sich dann doch noch zur Absage durch: "Hintergrund ist unter anderem, dass sich im Lauf des Tages der Verdacht auf eine Infektion mit dem Corona-Virus im Umfeld mehrerer Klubs und von deren Mannschaften ergeben haben und weitere Infektionen nicht auszuschließen sind", schrieb die DFL zur Begründung der späten Absage. Das offizielle Ziel der DFL ist aber "weiterhin, die Saison bis zum Sommer zu Ende zu spielen", teilte die DFL mit: "Aus sportlichen Gesichtspunkten, aber insbesondere auch weil eine vorzeitige Beendigung der Saison für einige Klubs existenzbedrohende Konsequenzen haben könnte." Am Vormittag hatte es zunächst geheißen, man werde den Spielbetrieb ab kommendem Dienstag bis zum 2. April unterbrechen. Bei dieser Unterbrechung soll es zunächst auch bleiben, allerdings schon ab heute.
Fußballer "wie Affen im Zirkus"
Mit seiner Zwischenlösung "Geisterspiele" konnte sich der deutsche Fußball nicht wie erhofft über Wasser halten. Schnell wurde klar, wie absurd und sinnlos Profi-Spiele ohne Fans wirken. Vor dem Stadion von Borussia Mönchengladbach versammelten sich zum Derby gegen den 1. FC Köln Hunderte in Verkennung der Corona-Lage, um ihre Mannschaft dennoch zu unterstützen. Die Vorfreude auf das Geisterspiel am Samstag gegen den SC Freiburg war Nagelsmann schon längst vergangen. "Unterhaltung sollte dann stattfinden, wenn alles weitere so gegeben ist, dass es einem einigermaßen gut geht. Wenn die Supermärkte leer gekauft werden und man nicht mehr auf die Straße gehen darf, dann ist auch der Unterhaltungswert eines Fußballspiels gegen Null", sagte der 32-Jährige.
Die organisierten Fangruppen kritisierten unterdessen das Festhalten an der Austragung des 26. Spieltages scharf. "Das zeigt deutlich, dass es den Machern nur ums Geld und nicht um die Gesundheit der Spieler geht", sagte Rainer Vollmer, Vorstand der Fan-Interessengemeinschaft "Unsere Kurve".
Auch Rummenigges leitender Angestellter Hansi Flick hatte am Mittag klare Worte gefunden: "Wir haben in allen drei Wettbewerben die Chance, dieses Jahr sehr erfolgreich zu sein. Das Triple, was immer ein Thema ist, scheint im Machbaren zu sein. Doch darauf kommt es aktuell nicht an, sondern darauf, uns gemeinsam der sozialen Verantwortung zu stellen", sagte Flick am Tag vor dem zunächst geplanten, dann aber doch abgesagten Auswärtsspiel der Fußball-Bundesliga am Samstag beim 1. FC Union Berlin.
In Situationen wie der aktuellen wachse man als Gesellschaft auch enger zusammen. Der 55-jährige Flick hat "persönlich keine Angst", wie er am Freitag in München erklärte. "Ich habe speziell für meine Frau und mich keine Bedenken. Aber jeder hat in der Familie einige, die einem am Herzen liegen, die auch zur Risikogruppe gehören."
Und auch erste Bundesligaspieler hatten Kritik an den Geisterspielen am Wochenende und der Aussetzung des Spielbetriebs erst in der kommenden Woche geäußert. "Fußballer werden in dieser Situation wie Affen im Zirkus behandelt", schrieb Torwart Rafal Gikiewicz vom Aufsteiger Union Berlin. Bayern Münchens Mittelfeldstar Thiago twitterte: "Das ist verrückt. Bitte hört auf herumzualbern und kommt in der Realität an. Lasst uns ehrlich sein, es gibt wichtigere Prioritäten als Sport." Abwehrspieler Uwe Hünemeier vom SC Paderborn äußerte sich ebenfalls beim Kurznachrichtendienst: "Es ist nicht der Zeitpunkt, um noch Zeit zu verlieren!! Priorität hat einzig und allein die Gesundheit aller."
DFL-Regeln regeln keinen Saisonabbruch

Julian Nagelsmann kann am Wochenende höchstens vor leeren Rängen jubeln.
(Foto: imago images/Picture Point LE)
Die Uefa könnte die Lage ihrer Mitgliedsverbände entspannen: Dann nämlich, wenn sie sich dazu durchringt, die EURO 2020 um ein Jahr zu verschieben. Sollte sie das aber nicht, wie von den großen europäischen Ligen erhofft, tun, würden sich zahlreiche Folgefragen stellen. Kann die Saison dann überhaupt beendet werden? Wird es erstmals seit 1947 keinen deutschen Meister geben? Wie werden Auf- und Abstieg geregelt? Und wie die finanziellen Folgen aufgefangen? Wird im Falle eines Saisonabbruchs die Tabelle "eingefroren" und gewertet - oder wird sie neutralisiert? Die DFL-Spielordnung beinhaltet keinen Paragraphen, der den Abbruch einer Saison regelt.
Länderspiele sollen ausfallen
In den von der DFL zur Profifußball freien Zeit ausgerufenen Zeitraum fällt Ende März noch eine Länderspielphase, unter anderem soll die Deutsche Nationalmannschaft am 26. März in Spanien antreten, fünf Tage später empfängt der DFB in Nürnberg Italien zum Geisterspiel - Stand jetzt. Rummenigge würde "dringend empfehlen, dass die Fifa und die Uefa diese Abstellungsperiode ausfallen lässt. Sonst würden unsere Spieler in die ganze Weltgeschichte reisen. Dementsprechend spreche ich da, denke ich, für alle Klubs in Europa."
In einer offiziellen Stellungnahme von DFB-Präsident Fritz Keller heißt es mit Blick auf die "deutschen" Spiele: "Ich gehe davon aus, dass die Spiele auf Basis der heutigen Faktenlage nicht stattfinden können." In Italien und Spanien ruht der Spielbetrieb schon, die Mannschaft von Real Madrid steht derzeit unter Quarantäne. Der dänische Fußballverband hat seine Länderspiele gegen die Färöer und England bereits abgesagt.
Quelle: ntv.de, ter/dpa