Zehn Trainer seit 2020 verbrannt Hallo? HALLO? Wer kann den FC Schalke 04 jetzt noch retten?
21.09.2024, 12:15 Uhr
Ob Schalke-Legende Erwin jetzt Trainer wird?
(Foto: IMAGO/RHR-Foto)
Der FC Schalke 04 sucht wieder einmal einen neuen Cheftrainer. Für Karel Geraerts geht es nach einer kaum zu fassenden Niederlage gegen Darmstadt 98 nicht mehr weiter. Der Traditionsklub aus Gelsenkirchen stürzt in den Tabellenkeller. Gibt es irgendwo einen Retter?
Hallo? HALLO? Gibt es irgendwo noch eine:n Trainer:in, der/die den FC Schalke 04 retten kann, beziehungsweise retten möchte? Ja, das ist eine durchaus berechtigte Frage. Denn bei kaum einem Klub ist das Hire-and-Fire auf der Bank mittlerweile so ausgeprägt wie beim Traditionsklub aus Gelsenkirchen. Mit Karel Geraerts wurde nun der 33. Trainer (inklusive aller Interimslösungen) in diesem Jahrtausend aus dem Amt geworfen. Er ist auch der zehnte Coach, den der Klub seit 2020 (!) verschlissen hat. Nachhaltigkeit ist dem Klub zwar eine mit Leidenschaft vorangetriebene Herzensangelegenheit. Aber den Mann (bislang war es immer einer) an der Linie hat sie, die Nachhaltigkeit, noch nicht erreicht.
Nur wird also der nächste Kandidat gesucht, der sich dem Gigantenprojekt stellt, diesen taumelnden Riesen erst zu stabilisieren, um ihn dann langsam wieder zu alter Größe aufzurichten. So wünschen sie sich das seit Jahren in Gelsenkirchen und werden immer wieder hart enttäuscht. Der Klub kennt nur noch eine Richtung: bergab. Nach sechs Spieltagen stecken die Königlichen im Tabellenkeller. Eine erneute Saison im Abstiegskampf droht. Dabei sollte doch alles ruhiger werden, entspannter und auch besser. Im Sommer wurde abermals reichlich umgebaut, beim Kader, im Umfeld. Alte Helden gingen: Rekordstürmer Simon Terodde etwa oder auch die Legenden Gerald Asamoah und Mike Büskens. Damit ging auch jede Menge Klub-DNA.
Aber dieser Plan, mit großen Veränderungen große Ruhe zu schaffen, wurde im Prinzip mit Beginn dieser Saison torpediert. Sportlich mit schwachen Auftritten. Und abseits des Rasens mit einem Machtkampf zwischen Trainer und Kaderplaner Ben Manga, der Geraerts für dessen Aufstellungen öffentlich kritisiert hatte. Der Belgier hatte wenig bis gar nicht auf die Entdeckungen des Kaderplaners gesetzt, Manga tat seinen Unmut kund und schob dem Trainer die Verantwortung für den schwachen Saisonstart zu.
Kein gutes Licht auf der Beziehung
Dass der Belgier gehen muss, war so wahrscheinlich wie ein Verkehrsinfarkt auf der A40, der chronisch verstopften Autobahn mitten durchs Ruhrgebiet. Mit dem Trainer wird auch Marc Wilmots, der verehrte Eurofighter und Sportdirektor, aus dem Amt gerissen. Er stand bis zuletzt loyal an der Seite von Geraerts. Dem zunehmend ratlos wirkenden, aber weiter kämpferischen Trainer warf der Klub eine negative Gesamtentwicklung vor. "Taktisch und fußballerisch" habe das Team "nicht die notwendigen Schritte gemacht". In der Mitteilung fand sich zu seiner Entlassung kein Wort des Dankes. Das wirft kein gutes Licht auf das Binnenklima.
Mit Wilmots war man inhaltlich, so heißt es von Klubseite, nicht auf einer Linie über den künftigen Kurs auf Schalke. Immerhin dem Eurofighter schoben sie höfliche Worte nach und ein ewiges Willkommen zu. Sein Aus ist durchaus überraschend, er war doch erst im Winter gekommen, um den Verein umzubauen, um ihn tatsächlich für Jahre zu prägen. Alles bitter und böse gescheitert. Dass dem Trainer ein Sieg an diesem Freitagabend gegen Darmstadt noch ein wenig mehr Zeit im Amt verschafft hätte, scheint angesichts der schweren Klage nun kaum wahrscheinlich gewesen zu sein. Wirklich zu kitten war da nichts mehr.
Unruhe wird schnell zur Panik auf Schalke
Immerhin 45 Minuten lang sah es am Freitagabend so aus, als würde die Mannschaft ihrem Trainer noch folgen. 3:0 führte Schalke, spielte gut und mutig. Dann bekamen die Gäste unmittelbar vor der Pause einen Elfmeter und alles brach in sich zusammen. Die geschockten Fans pfiffen in ihrer Wut, in ihrer Panik.
Es braucht schon viel Fantasie, um sich vorzustellen, dass alsbald ein Retter gefunden wird, der die brennenden Wunden in diesem von Schmerzen gequälten Verein schnell therapieren kann. Zu unsicher wirkt dieses Team, zu unkomplett. Geraerts, der zuvor Union Saint-Gilloise und Spieler wie Victor Boniface trainiert hatte, stolperte nicht nur über schwache Leistungen des Teams, die vor allem in der haarsträubend wilden Defensive begründet waren. Er bekam auch die Schauplätze abseits des Rasens mit unzufriedenen Spielern und Aufstellungs- und Taktikdebatten nie unter Kontrolle. Es gibt also gute Gründe für die Trennung. Aber liegen die Probleme nicht womöglich tiefer angesichts des aberwitzigen Hire-and-Fire in diesem Jahrtausend?
Zuletzt durfte er sich von seinem Kapitän Kenan Karaman, der öffentlich immer loyal auftrat, anhören, dass er mit seinen brisanten Aufstellungsentscheidungen mehr Feingefühl für die Situation entwickeln müsse. Schon da war klar: Es brennt auf Schalke. Es brennt lichterloh. Und jeder Versuch der Löscharbeiten schlug ins Gegenteil um. Auch Vorgänger Thomas Reis, in der Abstiegssaison noch gefeierter Hoffnungsträger, merkte schnell, wie sehr Unruhe an diesem Standort zu Panik wird.
Jetzt kommt's auf Manga an
Kenan Karaman wünschte sich noch am Freitagabend, als die Niederlage und das dröhnende Pfeifkonzert von den Rängen noch in den Ohren klingelte, "intern Ruhe". Vermutlich wusste er direkt, dass dieser Wunsch auf keinen Fall erfüllt werden würde. Noch an diesem Spieltag droht der Absturz auf einen Abstiegsplatz. Und die nächsten Aufgaben könnten unangenehmer kaum sein. Am Samstag geht's zum Duell mit Preußen Münster. Vor deren emotionalem Publikum muss die verunsicherte Schalker Mannschaft erstmal bestehen. Und das im direkten Duell mit einem, so ist der Stand der Dinge, Konkurrenten im Abstiegskampf. Danach kommt Hertha BSC in die heimische Arena. Ebenfalls ein Gigant auf der Suche nach Stabilität und seiner Rolle in dieser Saison.
Bis zur Länderspielpause Mitte Oktober übernimmt der bisherige U23-Trainer Jakob Fimpel. Danach soll der neue Mann/ die neue Frau gefunden und im Amt sein. Kaderplaner Ben Manga, der erst seit Mai im Klub ist und kein Freund von Geraerts' Arbeit gewesen sein soll, muss es jetzt richten. Durch das Aus von Wilmots bekommt er noch mehr Hausmacht bei der Gestaltung des Personals. Für eine ganz große Lösung à la Thomas Tuchel oder Joachim Löw (zwei kleine Scherze) ist kein Geld da - und vermutlich auch keine Ambitionen vonseiten der ja durchaus verfügbaren Trainer-Ikonen. Laut Medienberichten hatte Manga indes bereits im Sommer einen Wechsel auf der Trainerposition vorgesehen und zwei Kandidaten an der Angel gehabt. Ob einer von ihnen immer noch am Haken hängt? In den sozialen Netzwerken laufen die Memes von Peter Neururer und Felix Magath derweil heiß. Also wer macht's? Hallo? HALLO?
Quelle: ntv.de