Fußball

Teuerstes Fußball-Missverständnis Karriereende? Jetzt noch nicht, Herr Gomez!

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(Foto: picture alliance / dpa)

Sein Trainer ist genervt, die Medien aggressiv: Der Gegenwind bläst Fußball-Nationalspieler Mario Gomez in Florenz heftig ins Gesicht. Der Stürmer hat derzeit wenig Argumente für sich, zumal seine Tore bisher richtig viel Geld gekostet haben.

Betrachten wir es mal aus betriebswirtschaftlicher Sicht, auch wenn das sicher nicht immer fair ist: Fußball-Nationalspieler Mario Gomez ist vor anderthalb Jahren für 15 Millionen Euro vom FC Bayern München zum italienischen Erstligisten AC Florenz gewechselt. In dieser Zeit, so berichtet die "Süddeutsche Zeitung", hat er gut sechs Millionen Euro verdient. Das ist ein sehr, sehr ordentliches Gehalt für den Stürmer, ein Gehalt, das sehr, sehr hohe Erwartungen schürt. Von Stürmern wird erwartet, dass sie Tore schießen, am besten viele. Mario Gomez hat in 28 Spielen - national wie international -  nur fünf geliefert. Macht unter dem Strich 1,2 Millionen pro Treffer. Damit dürften seine Tore derzeit zu den teuersten der Welt gehören. Klingt doch eigentlich ganz gut, ist aber in Wahrheit total doof.

Torjäger Mario Gomez

Im Mai 2004 gab Mario Gomez sein Bundesliga-Debüt beim VfB Stuttgart. In 121 Bundesliga-Spielen für die Schwaben erzielte er 63 Tore. 2009 folgte seine Wechsel zum FC Bayern München. Rund 35 Millionen Euro überwies der deutsche Rekordmeister damals nach Stuttgart. Beim FCB  kam er in der Liga 115 Mal zum Einsatz und machte dabei 75 Tore. Seit 2013 spielt er beim AC Florenz. Für die deutsche Nationalmannschaft durfte er bislang 60 Mal auflaufen, dabei gelangen ihm 25 Tore.

Denn: Geld ist schön. Viel Geld noch schöner. Aber viel Geld kann auch zu einer Bürde werden. Zu einer Hypothek, an der Menschen zerbrechen können. Mario Gomez erlebt das gerade. Nach anderthalb Jahren Nachsicht für seine ständig wiederkehrenden Verletzungen ist sein Kredit verbraucht. Der straffe Gegenwind von Fans, Trainer Montella  - er sprach sogar von einem vorzeitigen Karriereende des Deutschen - und den italienischen Medien bläst ihm jetzt voll ins Gesicht. Auch wenn manche Medien mit ihrer Kritik über das Ziel hinausschießen. So wie die "Corriere dello Sport". Sie schrieb über Gomez: "Seine Krise hat ein absolut besorgniserregendes Niveau erreicht. Er rennt, kämpft, aber er macht fast alles falsch." Der Schwabe tut gut daran, diese harsche Kritik nicht zu nah an sich ranzulassen - ausblenden darf er sie aber auch nicht. Denn so krass sich die Worte auch lesen, sie enthalten einen wahren Kern: Leistungen, nicht nur Tore, die sein hohes Gehalt rechtfertigen bietet der Stürmer schon länger nicht mehr an.

Hier und jetzt muss die Flucht ein Ende haben

Mario Gomez muss aufpassen, dass sich seine Abwärtsspirale nicht immer schneller dreht. Beim AC Florenz ist er an einem entscheidenden Punkt in seiner Karriere angekommen. Jetzt muss er sich durchbeißen, die Attacken aushalten. Oft genug hat der bullige Angreifer unter Beweis gestellt, dass er vor dem Tor ein kalter Hund ist. Oft genug hat er aber auch gezeigt, dass er mit Druck nicht besonders gut umgehen kann. In der Nationalmannschaft hat er im Kampf um einen Stammplatz regelmäßig verkrampft. Bei den Bayern flüchtete er - so hieß es damals in verschiedenen Medien - vor dem Konkurrenzkampf mit Marko Mandzukic, vor dem sich andeutenden Wechsel von Robert Lewandowski aus Dortmund - und vor Neu-Trainer Pep Guardiola. Denn der Katalane kann traditionell mit kantigen Knipsern nicht ganz so viel anfangen und tat das vor seinem Amtsantritt in München auch direkt mal kund.

In Florenz wollte Gomez wieder das machen, was ihm am meisten Freude bereitet: Tore schießen. So wie er das beim VfB Stuttgart (63), bei den Bayern (75)  und, Überraschung, auch in der Nationalmannschaft (25) getan hat. In der Toskana wollte er wieder der geliebte "TORero" sein. Doch Verletzungen bremsten ihn aus. Ein Innenbandriss, eine Knieverletzung, Probleme mit dem Oberschenkel. Der 29-Jährige musste immer wieder pausieren. Die Konsequenz: Ohne Rhythmus, ohne regelmäßiges Training gibt's keine Leistung. Das kennt jeder ambitionierte Amateursportler - nur verdient der in der Regel eher 'ne schmale Mark als Millionen.

Die Last des hohen Gehalts, die drastische Worte seines Trainers und die Schelte der Medien muss Mario Gomez nun ausblenden - so weit das eben geht. Sieben Spiele in Folge stand der Nationalspieler zuletzt in der Startelf. Durfte immer mindestens 70 Minuten ran. Fehlende Fitness und mangelnder Rhythmus taugen da immer weniger als Ausrede für schlechte Leistungen. Gomez muss sich den (Tor)-Erfolg weiter erarbeiten - Fehlschüsse wie der vergebene Elfmeter bei der 0:1-Niederlage gegen Parma vor zwei Wochen gehören dazu. Sie dürfen ihn aber nicht daran hindern, weiter Verantwortung zu übernehmen. Jeder Stürmer hat Krisen, hat Wochen in denen das Tor vernagelt scheint. Gute Stürmer überwinden diese Krisen. Sie haben Vertrauen in ihre Fähigkeiten, laufen, kämpfen und treffen irgendwann wieder. Weniger gute Stürmer ergeben sich ihrem Schicksal. Sie lamentieren, verzweifeln, scheitern. Gomez kennt das alles. Er hatte auch in der Bundesliga schlechtere Phasen. Er hat sie gemeistert. Jetzt aber, mit 29 Jahren, steht er am Scheideweg, in Florenz und in seiner Karriere.

Quelle: ntv.de

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