6 Dinge, gelernt am 32. Spieltag Klopp blufft, keine Mickeymäuse beim FCB
11.05.2015, 11:57 Uhr
Platz an der Sonne: Jürgen Klopp.
(Foto: imago/Thomas Bielefeld)
Bastian Schweinsteiger hofft auf ein Wunder gegen Barça - dabei muss sich der FC Bayern nur an Lenny Kravitz erinnern. Derweil deutet beim BVB alles auf ein riesiges Täuschungsmanöver hin. Und Lucien Favre schreibt ein Märchen.
1. Der FC Bayern verliert und verliert und ...
Was ist nur los mit den Fußballern des FC Bayern? Erst rutschen sie gegen Dortmunder Borussia im Halbfinale des DFB-Pokals aus. Dann verlieren sie in der Fußball-Bundesliga mit 0:2 bei Bayer Leverkusen, danach mit 0:3 in Barcelona im Halbfinale der Champions League und nun, am 32. Ligaspieltag, mit 0:1 gegen den FC Augsburg. Vier Pleiten in Folge - wir schreiben extra Pleiten und nicht Niederlagen, weil auch wir davon gehört haben, dass das Ausscheiden im Elfmeterschießen - und sei es auch noch so grotesk - gegen Dortmund als Remis in die Statistik eingeht; aber erstens ist das Haarspalterei und zweitens dürfte das den Bayern herzlich egal sein; denn raus ist raus, und jetzt spielt nun einmal am 30. Mai der BVB im Pokalfinale gegen den VfL Wolfsburg.
Also noch einmal: Vier Pleiten in Folge, das gab's zuletzt vor einem Vierteljahrhundert. Im Oktober 1991 verloren die Münchner hintereinander gegen die Stuttgarter Kickers, den BVB, beim VfB Stuttgart und im Uefa-Pokal beim FC Kopenhagen - mit 2:6. Die dänischen Zuschauer verspotteten den deutschen Rekordmeister damals als "Mickymaus-Truppe". Das würde derzeit niemandem in den Sinn kommen, schließlich hatte sich der FC Bayern vor dieser Niederlagenserie seine 25. Deutsche Meisterschaft gesichert. Aber seitdem läuft es nicht mehr richtig rund. Der Akku scheint leer, ohne die verletzten Arjen Robben, Franck Ribéry und David Alaba sind Leichtigkeit und Souveränität dahin, so dass es mittlerweile nur ein Spiel gibt, das für das Team von Trainer Josep Guardiola noch ernsthaft zählt. Das ist das Rückspiel gegen Barça am Dienstag (ab 20.45 Uhr im Liveticker bei n-tv.de). Und nur wenn das in einem mittleren Fußballwunder mündet, gibt es noch ein zweites, dann sogar noch wichtigeres Spiel am 6. Juni in Berlin. Aber halt. Schon Lenny Kravitz sang: "It ain't over till it's over." Noch bleiben den Bayern 90, vielleicht sogar 120 Minuten. Und vielleicht klappt es ja doch. Niemand würde dann mehr von einer Guardiola-Dämmerung sprechen. Es ist nicht vorbei, bis es vorbei ist. Oder wie es der alte Haudegen Bastian Schweinsteiger formuliert: "Im Fußball passieren manchmal unglaubliche Dinge. Wir hoffen, dass wir einen dieser Tage erwischen."
2. Guardiola ist immer noch ein gefragter Mann
Das sind schon seltsame Spekulationen. die den Trainer des FC Bayern mit Manchester City in Verbindung bringen. "Gerüchte aus 1001 Nacht" nannte sie die "Süddeutsche Zeitung" und das trifft es ganz gut. Der Fernsehsender "BeIn Sports" aus Katar hatte am Wochenende auf Twitter geschrieben, dass sich der englische Klub mit Guardiola auf einen Wechsel im Sommer geeinigt hätten. Abgesehen davon, dass die "Daily Mail" mittlerweile gemeldet hat, dass ManCity eine Einigung dementiert habe, steht das noch der etwas kryptische Satz von Dietmar Hamann im Raum. Der ehemalige deutsche Nationalspieler, 41 Jahre alt, hat mal in der Premier League gespielt, unter anderem bei City, und gilt dem Bezahlsender Sky daher als Experte für den englischen Fußball.
In dieser Eigenschaft hatte er gesagt, dass es gut möglich sei, dass Guardiola im Sommer nach Manchester gehe. Sicher sei er sich aber nicht, wie er Spiegel online nun sagte: "Ich könnte mir das aber sehr gut vorstellen. Eine gut informierte Quelle hat mir gesagt, dass mein ehemaliger Verein schon vor zwei Monaten bei Guardiola angefragt haben soll. Damals soll er noch abgelehnt haben. Jetzt ist das offenbar anders. Die Verhandlungen sollen bereits fortgeschritten sein." Bleibt festzuhalten: Guardiola hat beim FC Bayern einen Vertrag bis 2016 unterschrieben. Er ist nach wie vor ein gefragter Mann. Und es gibt keine belastbaren Indizien dafür, dass er vor dem Ende seines Vertrages die Münchner verlässt. Oder wie es der spanische Journalist Guillem Balague sagte, der eine Bioagrafie über Guardiola geschrieben hat: "Ich habe mit beiden Klubs und dem Umfeld gesprochen, zwei der drei Parteien sagten: Das ist Quatsch. Das ganze Gerücht ist Unsinn, da ist gar nichts dran. Es gibt keine Vereinbarung, keine Gespräche, gar nichts." Zumal nun auch Guardiola sagte: "Ich habe es 200 Millionen Mal gesagt an der Säbener Straße. Ich habe noch ein Jahr mehr Vertrag. Ich werde nächste Saison hierbleiben. Das ist alles." Das sind schon seltsame Spekulationen.
3. Favre ist ein Toptrainer, Gladbach stürmt in die Königsklasse
Das muss den Mönchengladbachern erst einmal einer nachmachen: Nach 15 von 17 Spieltagen, zwölf Partien ohne Niederlage und dem jüngsten 3:0 gegen Bayer Leverkusen ist die Borussia nicht nur die erfolgreichste Mannschaft der Rückrunde, sondern als Tabellendritte auch auf bestem Weg, zum ersten Mal in der Vereinsgeschichte die Gruppenphase der Champions League zu erreichen. Und wenn Trainer Lucien Favre, der Architekt des Erfolgs warnt: "Es ist noch nicht fertig", dann hat er natürlich recht. "It ain't over till it's over." Aber zwei Spiele vor dem Ende der Saison hat die Elf vom Niederrhein nun fünf Punkte Vorsprung auf Leverkusen. Es könnte also tatsächlich klappen. Es wäre ein nahezu märchenhafter Aufstieg eines Vereins, der zwar in den für ihn goldenen 70er-Jahren des vorigen Jahrhunderts fünfmal Deutscher Meister war, vor sieben Jahren aber noch in der zweiten Liga spielte - und sich 2011 erst in der Relegation gegen den VfL Bochum vor dem erneuten Abstieg rettete. Damals hatte Favre die Mannschaft im Februar auf dem letzten Tabellenplatz übernommen. Es ist sein Werk und das des Managers Max Eberl, dass die Gladbacher nun kurz vor der Teilnahme an der europäischen Königsklasse stehen. Ein Vorbild für alle, die stets beklagen, dass die Reichen immer reicher werden und sich dank ihrer wirtschaftlichen Macht immer weiter vom Rest der Liga entfernen.
4. Stuttgart frisst Fliegen, fünf Teams zittern
Hertha BSC: (H) Eintracht Frankfurt, (A) TSG Hoffenheim
Hamburger SV: (A) VfB Stuttgart, (H) Schalke 04
SC Freiburg: (H) Bayern München, (A) Hannover 96
Hannover 96: (A) FC Augsburg, (H) SC Freiburg
SC Paderborn: (A) Schalke 04, (H) VfB Stuttgart
VfB Stuttgart: (H) Hamburger SV, (A) SC Paderborn
Zwei Punkte liegen zwischen dem Tabellenletzten VfB Stuttgart und dem Hamburger SV auf Platz 14 und bis zur Berliner Hertha sind es vier Zähler. Das lässt den Schluss zu, dass zwei Spieltage vor dem Ende der Saison für alle sechs beteiligten Mannschaften noch alles drin ist - so oder so. Es ist nicht vorbei, bis es vorbei ist. Die Stuttgarter und ihr Trainer Huub Stevens sind dabei in der von ihnen als glücklich eingeschätzten Lage, dass sie als einziges Kellerkind an diesem 32. Spieltag gewonnen haben, mit 2:0 gegen den FSV Mainz. Angreifer Martin Harnik, der an der Vorbereitung beider Tore beteiligt war, glänzte hinterher auch verbal: "Ich musste dauernd würgen - ich glaube, ich habe sieben Fliegen verschluckt. Das war am Ende nochmal ein Eiweißschub. Der Trainer ging mir die ganze Zeit auf den Sack und hat mich gefragt, ob es noch geht. Dann habe ich sieben Mal gesagt, dass es noch geht."
Ansonsten spitzt sich die Lage zu, der SC Paderborn appelliert gar an den FC Bayern, doch bitte den Wettbewerb nicht zu verzerren: "Das gebietet die Fairness. Sie haben zweimal mit voller Kapelle gegen uns gespielt", sagte Manager Michael Born nach dem 1:3 gegen den VfL Wolfsburg. Die Münchner mögen gegen den SC Freiburg, Konkurrent im Kampf gegen den Abstieg, am kommenden Samstag mit allen Stars antreten: "Es wäre unangebracht, da jetzt mit Regionalliga-Spielern zu rotieren." Trainer André Breitenreiter hatte die Diskussion im Gespräch mit der "Sport Bild" angestoßen - das 0:1 der Bayern gegen Augsburg scheint ihn etwas unruhig gemacht zu haben. "In so einer entscheidenden Phase sollten sie dafür sorgen, dass alle Chancen gleich bleiben. Man darf nie die Mannschaften aus den Augen verlieren, die um ihre Existenzen kämpfen." Schließlich seien die Paderborner zweimal "gegen die Top-Mannschaft" der Bayern unter die Räder geraten - mit 0:4 und 0:6. "Für einen fairen Wettbewerb wäre es wichtig, wenn die Bayern in Freiburg auch mit ihrer besten Mannschaft auflaufen. Es geht nicht nur um uns, sondern um alle anderen Mannschaften, die im Abstiegskampf sind."
5. Der BVB spielt befreit auf und Klopp scherzt
Hinterher war Jürgen Klopp durchaus zu Scherzen aufgelegt. Nach dem 2:0 gegen die Berliner Hertha und dem Sprung auf Platz sieben der Tabelle, der in dieser Saison die Qualifikation für die Europaliga bedeutet, sagte der Trainer des BVB: "Hätte ich das gewusst, dann hätte ich zu Saisonbeginn meinen Rücktritt erklärt." Was er damit meinte: Seitdem er am 15. April verkündet hatte, die Dortmunder Borussia im Sommer zu verlassen, geht es aufwärts.
Der BVB, der noch nach dem 19. Spieltag als Tabellenletzter im Abstiegskampf steckte, sammelte nun seine Punkte Nummer 26, 27 und 28 in der Rückrunde und darf tatsächlich von einem versöhnlichen Ende der verkorksten Spielzeit hoffen. "Platz sieben fühlt sich an wie ein Platz an der Sonne. Das eröffnet Perspektiven und ist für uns richtig cool", sagte Klopp. Und warf damit implizit die Frage auf, warum er eigentlich so früh das Handtuch geworfen hat. Weil er auf diesen positiven Effekt gehofft hatte? Wer weiß. Vielleicht war das Ganze aber auch nur ein ganz großer Bluff - und Klopp macht in der kommenden Saison einfach in Dortmund weiter. Bleibt die Frage, was dann aus Thomas Tuchel wird.
6. Schalker demontieren sich selbst
Was ist da los in Gelsenkirchen? Nach der Niederlage in Köln muss der FC Schalke 04 sogar fürchten, die Qualifikation für die Europaliga zu verpassen. Und, fast noch schlimmer: dass der BVB an ihnen vorbeizieht. Dabei waren sie doch angetreten, um sich wieder für die Champions League zu qualifizieren. Manager Horst Heldt, also der Mann, der Trainer Jens Keller entlassen und Roberto Di Matteo geholt hatte und maßgeblich dafür verantwortlich ist, welche Spieler das königsblaue Trikot tragen, schimpfte nach der peinlichen Pleite in Köln bei Sky: "Es ist maßlos, was wir uns erlaubt haben." Heldt drohte den Profis, die er geholt hatte, mit Suspendierungen. Zwar würden er und der Trainer die Verantwortung tragen. Aber: "Trotz allem können wir uns das nicht mehr bieten lassen, was da abgelaufen ist." Die Schalker haben auf Rang sechs nur noch jeweils zwei Punkte Vorsprung auf Revierrivale Dortmund und Bremen und spielen nun noch gegen die Abstiegskandidaten Paderborn und Hamburg. Sieht ganz danach aus, als demontierten sie sich selbst.
Quelle: ntv.de