So läuft der 3. Spieltag Klopp hypt Kagawa, Rummenigge wettert
12.09.2014, 13:38 Uhr
"Ich habe zwei Jahre lang Japanisch gebüffelt für diesen Tag": Dortmunds Trainer Jürgen Klopp und Shinji Kagawa.
(Foto: REUTERS)
Veh plant Großes, Rummenigge wittert Rassismus, beim BVB sind sie vor dem Comeback Kagawas ganz aufgeregt. Und auch vor dem dritten Spieltag der Fußball-Bundesliga gilt: Keiner schaut so traurig wie Slomka.
Wie hoch gewinnt der FC Bayern?
Überhaupt nicht - wenn es nach Stuttgarts Trainer Armin Veh geht. Der hat angekündigt, mit seinem VfB am dritten Spieltag der Fußball-Bundesliga in München eine Überraschung zu landen. "Wir fahren dahin und sind gewillt zu gewinnen, weil die Bayern noch nicht ganz top-fit sind." Das ist in der Tat ein ehrenhaftes Ansinnen, könnte sich allerdings als eine Rechnung nach Art der Milchmädchen erweisen. Aber der Wille zählt. Wer im DFB-Pokal beim VfL Bochum verliert, in Mönchengladbach einen Punkt ergattert und zu Hause gegen dem Aufsteiger aus Köln unterliegt, kann ja dennoch beim FC Bayern siegen. Oder so. Immerhin können sich die Stuttgarter nun ganz auf die Liga konzentrieren.
Für die Münchner hingegen beginnt die Zeit der englischen Wochen, sieben Spiele innerhalb von 22 Tagen stehen an. Am kommenden Mittwoch geht es in der Champions League gegen Manchester City, es folgen die Bundesligaspiele beim Hamburger SV am Samstag darauf, gegen den SC Paderborn am Dienstag, 23. September, und am Samstag, 27. September in Köln, bevor es am Dienstag, 30. September, im Europapokal zu ZSKA Moskau geht. Und dann wieder Bundesliga, am Samstag, 4. Oktober ist Hannover 96 zu Gast. Immerhin: Der französische Ganz-bestimmt-nicht-mehr-Nationalspieler hat sich fit gemeldet.
Ansonsten sind die Bayern anderweitig beschäftigt. Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge ist empört und wittert Fremdenfeindlichkeit, weil es Kritik daran gab, dass der FC Bayern mehrere Profis aus Spanien verpflichtet hat. Eine "dumpfe und provinzielle Denkweise" sei das. "Ich lese von 'spanischem Aufrüsten' und von 'spanischer Invasion'. Ich denke, wir sind uns alle einig, dass solche martialischen Begriffe im Sport nichts verloren haben", schrieb Rummenigge im Vorwort des Vereinsmagazins zum Spiel gegen Stuttgart. Mit Xabi Alonso, Javi Martínez, Thiago, Pepe Reina und Juan Bernat stehen inzwischen fünf spanische Profis im Kader. Auch Trainer Pep Guardiola hat als Katalane einen spanischen Pass. Rummenigge warf einigen Journalisten vor: "Wir alle wollen ein weltoffenes, ein buntes, ein vielfältiges Deutschland. Doch in einige Redaktionen scheint diese Erkenntnis noch nicht vorgedrungen zu sein." Stattdessen werde "die nationale Fahne geschwungen". Bleibt die Frage, ob Rummenigge hier nicht Kritik an den Transfers mit Rassismus verwechselt.
Wie weltmeisterlich sind die Verhältnisse?
Shinji Kagawa ist definitiv kein Weltmeister. Aber in Dortmund freuen sie sich über die erfolgreiche Mission #FreeShinji, als hätten sie bereits einen großen Titel gewonnen. Den ersten seit Kagawas Abgang 2012. "Die Leute haben sich hier zwei Jahre nach ihm gesehnt. Was hier gerade um ihn stattfindet, ist ein Riesenhype", hat Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke erkannt. Auch Trainer Jürgen Klopp hatte Sehnsucht nach seinem Spielmacher der Meisterjahre 2011 und 2012: "Ich habe zwei Jahre lang Japanisch gebüffelt für diesen Tag." Nach seiner Leidenszeit bei Manchester United müssen sie ihm in Dortmund "jetzt die Seele streicheln, und das tun wir auch", kündigte Watzke an. Der Plan, Kagawa Zeit zu geben und ihn nicht mit Erwartungen zu überfrachten, ist seit Sonntag allerdings Makulatur. Weil sich Marco Reus mal wieder auf Dienstreise mit der Nationalmannschaft verletzt hat und nun erst zu den nächsten Länderspielen Mitte Oktober wieder spielfähig sein dürfte, steht Kagawa gegen den SC Freiburg vor dem Blitzcomeback in der BVB-Startelf. "Schock verdaut", "zurück in der Spur", gab Klopp trotzig als Parole aus, zumal für Kagawa gelte: "Vieles ist noch da von dem, als er uns verlassen hat." Der "Kicker" analysierte die Situation in Dortmund gewohnt scharfzüngig: "Selbstmitleid schießt am Samstag keine Tore." Dann ist der SC Freiburg in Dortmund zu Gast und bringt eine miserable Bilanz mit. Die Freiburger befällt beim BVB regelmäßig ein Sekundenschlaf, der zuletzt zu fünf Niederlagen in Folge bei 1:18 Toren führte. Trotzdem beteuerte Kapitän Julian Schuster: "Wir fahren nicht mit einem mulmigen Gefühl nach Dortmund." Vielleicht freut er sich einfach auf das Wiedersehen mit Matthias Ginter. Freiburgs einziger Fußball-Weltmeister spielt jetzt für den BVB.
Was passiert sonst noch?
Das ist mal eine Partie für Traditionalisten: In der Sinsheimer Rhein-Neckar-Arena trifft die TSG Hoffenheim am Samstagnachmittag auf den VfL Wolfsburg. Die Gastgeber sind mit einem Sieg gegen Augsburg, einem Remis in Bremen und somit vier Punkten prima in die Saison gestartet, die Wolfsburger haben nach den Partien in München und gegen Frankfurt nur einen Zähler. Trainer Dieter Hecking, der an diesem Freitag seinen 50. Geburtstag feiert, ficht das nicht an: "Da wird Druck aufgebaut, wo kein Druck ist. Ich kann dem Ganzen nichts abgewinnen." Manager Klaus Allofs versichert: "Wir kauen jetzt nicht an den Fingernägeln." Recht so. Und was macht Junior Malanda? Er kann wieder lachen, wie er dem "Kicker" sagte. Der Wolfsburger hatte in beiden Saisonspielen jeweils eine Torchance vergeben, die mutmaßlich selbst Robert Hartings Oma genutzt hätte. Malanda hat erkannt: "Beim nächsten Mal muss ich all meine Energie in den Ball legen, ihn einfach reindrücken."
In Berlin haben sie jetzt einen Stürmer, der in 68 Länderspielen 23 Tore geschossen und mit dem FC Chelsea vor zwei Jahren die Champions League gewonnen hat. Salomon Kalou heißt der Mann, 29 Jahre ist er alt. Ob er am Samstag gegen den FSV Mainz sein Bundesligadebüt gibt, ist allerdings fraglich. Er selbst sagte zwar der "Bild"-Zeitung: "Ich bin bereit." Doch Trainer Jos Luhukay ist sich da nicht so sicher: "Wir werden sehen, ob er uns helfen kann." Schließlich ist Kalou gerade erst von einem Qualifikationsspiel mit der Elfenbeinküste in Kamerun zurückgekehrt. Dort setzte es eine 1:4-Niederlage und der Berliner Ivorer schaute nur zu - Probleme mit dem Oberschenkel. Im Kader für die Partie gegen Mainz jedenfalls steht er.
Derweil ist die Stimmung beim FC Augsburg vor dem Spiel am Sonntag in Frankfurt nach (inklusive dem Pokalaus in Magdeburg) drei Niederlagen zum Start etwas gedämpft. Ersatztorhüter Alexander Manninger sagte der "Augsburger Allgemeinen": Mir kommt es so vor, dass einige nicht alles für den Verein tun." Trainer Markus Weinzierl sagt dazu - nichts. "Wir reden darüber intern." Und bei der Eintracht? Hat Trainer Thomas Schaaf die Wahl, auch wenn Angreifer Nelson Valdez nach seinem Kreuzbandriss lange ausfällt. Gleich fünf Kandidaten rangeln sich um den freien Platz auf der rechten Außenbahn: Aleksandar Ignjovski, Vaclav Kadlec, Alexander Meier, Stefan Aigner und Marc Stendera. Schaaf konstatierte treffend: "Ich habe viele Optionen."
Welche Mannschaft überrascht?
Der SC Paderborn gegen den 1. FC Köln. Oder der 1. FC Köln gegen den SC Paderborn. Zwei Spiele, vier Punkte und im Fall der Kölner als einzige Mannschaft der Liga noch ohne Gegentor. Die beiden Aufsteiger sind bisher die Überraschungsteams der Liga. "Wir haben beide bewiesen, dass wir konkurrenzfähig sind", sagt FC-Trainer Peter Stöger und erwartet "ein ganz offenes Spiel". Die ersten Träume von der Champions-League-Qualifikation hat Stöger bereits gedämpft: "Wer einen realistischen Blick auf das Ganze hat, wird sich damit anfreunden müssen, dass wir auch Spiele verlieren werden."Auf die Favoritenrolle im Heimspiel gegen die Paderborner Erstliga-Debütanten hat Stöger entsprechend keine Lust: "Von 100 Leuten auf der Straße werden 95 sagen, dass Köln Favorit ist. Allerdings ohne zu wissen, was dahinter steckt." Köln besitze zwar eine "unglaubliche Zugkraft und Tradition. Die Wahrheit ist aber, dass das Geschichte ist. Heute sind wir mit Paderborn eher auf Augenhöhe."
Grund zum Understatement bietet nicht zuletzt der Umstand, dass der FC in der vergangenen Zweitliga-Saison sieglos gegen Andre Breitenreiters Paderborner blieb. Auswärts gelang erst in der Nachspielzeit der 1:1-Ausgleich, das Rückspiel verlor Köln daheim mit 0:1. In der Tabelle liegt der FC zwar vor dem FC Bayern, aber hinter den Paderbornern. Die sind freilich zum Siegen verdammt, sonst wird es nichts mit der Zielvorgabe von Präsident Wilfried Finke. Der hat zehn Punkte aus den ersten vier Spielen gefordert und seinen Erfolgstrainer Breitenreiter damit verärgert. Der 40-Jährige betont immer wieder: "Wir sind in keinem Spiel der Favorit. Man muss sich nur die Voraussetzungen anschauen." Die versprechen eine Überraschung. So oder so.
Für welchen Trainer wird es eng?
Kein Trainer der Bundesliga kann so traurig gucken wie Mirko Slomka. Und kein Trainer der Bundesliga lässt Fans so traurig gucken wie der HSV-Coach, zumindest auswärts. In der vergangenen Saison schauten Slomka und Fans nach Gastspielen stets bedröppelt, denn sie verloren immer. 15 Spiele am Stück, erst mit Hannover 96, dann mit dem Hamburger SV. Von einem Auswärtskomplex war die Rede, von schwarzen Serien, einem Trauma. Dann kam die neue Saison, und plötzlich hat Slomka die Statistik auf seiner Seite - zumindest auswärts. Ein ganzes Spiel ist sein HSV in dieser Saison schon ungeschlagen auf fremden Platz, zum Saisonstart gab es ein 0:0 in Köln, Halleluja! Damit die HSV-Fans nicht komplett vergessen, wie man "Auswärtssieg" überhaupt schreibt, haben die Hamburger vor Ende der Transferperiode trotzdem nochmal eingekauft: Lewis Holtby kam von Tottenham, Julian Green vom FC Bayern. Zuvor hatte der HSV schon den Brasilianer Cleber und Matthias Ostrzolek und Nicolai Müller und Valon Behrami verpflichtet.
Weil Slomka beim grandios vergeigten 0:3 gegen den neuen Bundesliga-Riesen Paderborn nur Behrami in die Startelf gestellt hatte, hagelte es prompt Kritik von den Bossen und Spott von den Fans darüber, dass in Hamburg jetzt der Aufsichtsrat die Mannschaft aufstellt. Auch Slomkas hartes Training wurde moniert. Wer setzt denn heute noch auf Medizinbälle und Treppenläufe und Fußballprofis damit zu? Die Lage beim HSV ist gewohnt chaotisch und könnte darin gipfeln, dass Slomka nach dem Gastspiel bei seinem Ex-Klub Hannover 96 auch den HSV als Ex-Klub betrachten muss. Seine Startbilanz, zeigte die Statistik der Woche, ist nach nunmehr zehn Ligaspielen ohne Sieg sehr unansehnlich. In 15 Spielen als HSV-Trainer gelangen ihm drei Siege, drei Unentschieden und neun Niederlagen. Sein Vorgänger Bert van Marwjik wurde mit dieser Bilanz entlassen - und schaute nach der Erlösung vom HSV so glücklich aus wie lange nicht mehr.
Wo wird es brisant?
Die Partie der Mönchengladbacher Borussia gegen den FC Schalke 04 firmiert, so will es das Bezahlfernsehen, unter der Bezeichnung Topspiel. Das hat in dem Fall wenig mit der Tabelle zu tun, die nach zwei Spieltagen eh nicht viel hergibt, sondern mit der Qualität der Teams, die es beide in den Europapokal geschafft haben. In der Champions League spielen die Schalker am Mittwoch beim FC Chelsea, die Gladbacher tags drauf in der Europaliga gegen den FC Villareal. Vorher könnte einer der beiden Mannschaften der erste Saisonsieg in der Liga gelingen. Einer freut sich ganz besonders auf diese Partie. Borussias Max Kruse hat sich nach seiner Harnleiter-Operation zurückgemeldet. "Ich bin wieder topfit und möchte natürlich gerne spielen." Das tat er bereits beim Zweitliga-Ersten VfL Bochum am vergangen Samstag. Aber das war ja nur ein Testspiel.
Und die Gelsenkirchener? Sind fast schon traditionell vom, Verletzungspech geplagt. Innenverteidiger Joel Matip fällt wegen einer Blessur an den Adduktoren voraussichtlich zwei Wochen aus. Zudem fehlen Jefferson Farfan, Sead Kolasinac, Leon Goretzka, Fabian Giefer, Felipe Santana und Jan Kirchhoff. Fraglich sind zudem die Einsätze von Julian Draxler und Max Meyer. Doch Hauptsache, Eric Maxim Choupo-Moting geht es gut. Der kamerunische Nationalspieler war nämlich, glaubt man der Internetseite camfoot.com, nach dem Qualifikationsspiel gegen Kalous Ivorer in Gefahr. Eine Gruppe Jugendlicher soll ihn und seinen Vater beim Verlassen des Teamhotels bedroht haben. Doch Choupo-Moting soll die Sache mit Geld geregelt haben: "Das kann nach Länderspielen in Afrika schon mal passieren. Für einen Augenblick wurde es etwas hitzig. Aber wirklich in Gefahr fühlte ich mich nicht."
Wer spielt das schönste Phrasenschach?
"Jeder weiß, dass er einer der besten Trainer der Welt ist." Sagt Stuttgarts neuer Spieler Oriol Romeu - nicht über Armin Veh. Er meint Josep Guardiola.
Quelle: ntv.de