BVB-Stars setzen Statement Kung-Fu-Grätscher Hummels sendet Grüße an Nagelsmann
31.03.2024, 07:43 Uhr
Der BVB feiert einen Statementsieg, auch und vor allem dank Mats Hummels.
(Foto: IMAGO/MIS)
Borussia Dortmund beendet seine Horrorserie in München und besiegt den FC Bayern verdient. Im Kampf um die Qualifikation für die Champions League ist das ein dickes Statement. Ein Matchwinner beim BVB: Innenverteidiger Mats Hummels, der gleich zweimal groß rettet.
Mats Hummels war von sich selbst angetan. Wie er in der 35. Minute das Bein hochgerissen hatte und damit den Kopfball von Eric Dier geblockt hatte, das gefiel ihm. In Tateinheit mit dem Umstand, dass diese Rettungstat wohl auch den Ausgleich verhindert hatte. Borussia Dortmund führte zu diesem Zeitpunkt bereits dank Karim Adeyemi mit 1:0 beim FC Bayern und gewann das Spiel später durch einen weiteren Treffer von Julian Ryerson mit 2:0. Damit endete eine fürchterliche Serie von Demütigungen für die Schwarzgelben in der Allianz Arena.
"Es war wichtig, dass wir mal wieder so ein Spiel hinlegen, und dass man nicht mehr die Jahre zählen muss, bis wir endlich mal wieder in München gewinnen. Wir haben es knapp unter zehn Jahren geschafft", freute sich der Innenverteidiger, der für beide Klubs große Spiele gemacht hatte. "Für uns war es auch intern ein Statement, dass wir es können, dass wir Fußball spielen können. Wenn wir als Mannschaft so gut verteidigen, können wir gegen Top-Teams gute Ergebnisse erzielen. Nichts anderes als Top-Gegner erwarten uns im gesamten April." Für die Dortmunder geht es in der Liga noch um die Qualifikation für die Champions League. Und in der Königsklasse selbst wartet im Viertelfinale Atlético Madrid. Ein Los, das die Schwarzgelben durchaus von mehr träumen lässt.
"Es ist gar nichts entschieden"
Maßgeblich daran beteiligt, dass es in München endlich mal wieder gut lief, war Hummels, der sich weiter mit Wucht dagegen wehrt, zu früh abgeschrieben zu werden. In der Nationalmannschaft, für die er zuletzt von Bundestrainer Julian Nagelsmann nicht mehr nominiert worden war. Und auch nicht beim BVB, wo er in den vergangenen Wochen nicht immer gesetzt war und wo sein Vertrag in diesem Sommer ausläuft. Zukunft ungewiss. Zuletzt war eher darüber spekuliert worden, dass er den Verein verlassen könnte. "Es ist gar nichts entschieden in irgendeine Richtung. Ich glaube, das wird tatsächlich erst nach Saisonende entschieden bei mir", sagte Hummels nun nach dem Sieg bei Sky. Er hatte viele Argumente dafür geliefert, dass er noch auf höchstem Niveau mithalten kann.
Und an der Leidenschaft für den Job mangelt es ohnehin nicht, wie der 35-Jährige bekräftigte. "Lust habe ich eh, es tut halt nur viel weh." Aber Leistungen wie jene in München machen die Schmerzen erträglicher. In der eher tief stehenden Viererkette mit seinem richtig starken Nebenmann Nico Schlotterbeck und den unermüdlichen Außenverteidigern Julian Ryerson und Ian Maatsen lieferte Hummels in seinem "Rekordspiel" einen herausragenden Auftritt ab. Zum 29. Mal war er Teil des deutschen Klassikers. Er überholte damit die Dortmunder Klubikone Michael Zorc. Hummels organisierte, trieb das Spiel an und war immer zur Stelle, wenn es brannte. Zweimal besonders spektakulär. Einmal eben in Minute 35, was er so kommentierte: "Ich bin zwar nicht schnell, aber ich bin schon immer beweglich gewesen."
Bayern-Trainer Thomas Tuchel konnte der Rettungstat nicht so viel abgewinnen. Er haderte mit der Entscheidung der Schiedsrichter und wollte einen Elfmeter haben. Weil Hummels der Ball vom eigenen Fuß an die Hand gesprungen war - nach aktueller Regelauslegung lief das Spiel jedoch richtigerweise weiter.
"Sie zeigen, dass sie diese Saison noch etwas vorhaben"
Ein weiteres Mal war Hummels nach 68 Minuten zur Stelle. Bayerns eingewechselter und sehr agiler Flügelstürmer Kingsley Coman war über die rechte Seite durchgebrochen und flankte aus vollem Lauf scharf in die Mitte, wo Torjäger Harry Kane lauerte. Hummels grätschte heldenhaft dazwischen und räumte den Ball ab. Wie zu besten Zeiten, als er an der Seite von Jérôme Boateng zum Heldengrätscher der Nation geworden war. Beim FC Bayern und in der Nationalmannschaft. Ob ihn der Weg dorthin noch einmal zurückführt? Hummels mochte dazu nichts sagen. Das sollen andere beurteilen, sagte er. Das tat etwa sein erleichterter Sportdirektor Sebastian Kehl: "Beide waren unfassbar", sagte der über das Duo Hummels und Schlotterbeck. "Sie zeigen, dass sie diese Saison noch etwas vorhaben", befand der bestens gelaunte Kehl.
Wie realistisch das alles ist? Unklar. Nagelsmann, der überraschenderweise beim Topspiel und womöglich seiner alten und neuen Heimat nicht anwesend gewesen sein soll, hatte am Dienstagabend die Tür für den EM-Kader weitgehend verschlossen. Nach zwei starken Leistungen der Nationalmannschaft gegen Frankreich (2:0) und die Niederlande (2:1) hatte er schockverliebt verraten, dass sich der Kader für die Heim-EM nicht mehr grundlegend verändern werde. Sollte es keine Verletzungen geben, würden sich vielleicht noch ein, zwei Veränderungen zum aktuellen Kader ergeben. Legt man die Worte des Trainers auf die Goldwaage, wären diese Veränderungen durch die angekündigte Rückkehr von Leroy Sané (gesperrt) und Manuel Neuer (verletzt) bereits vollzogen.
Noch Platz hinter Rüdiger und Tah?
So oder so hatte der Verzicht auf alle deutschen Nationalspieler mit Ausnahme von Stürmer Niclas Füllkrug für einen Push-Effekt bei den Dortmundern gesorgt. Hummels und Schlotterbeck waren beim verdienten 2:0 (1:0) im "Klassiker" hauptverantwortlich dafür, dass die Bayern in eine tiefe Sinnkrise fielen und sich scharf für ihre träge Einstellung rüffelten und hinterfragten. Aber auch andere Spieler mit DFB-Ambitionen zeigten sich. Julian Brandt hatte als Antreiber viele gute Momente, Kapitän Emre Can agierte sehr aufmerksam im Mittelfeld und Karim Adeyemi bot sich mit seiner Schnelligkeit stets als gefährliche Konteroption an.
Sie werden angesichts der großen Konkurrenz und den eigenen wilden Schwankungen aber kaum noch auf den EM-Zug aufspringen können. Dazu müssten sie nun dauerhaft nachweisen, dass sie besser sind als derzeitigen Nagelsmann-Favoriten. Bei Hummels und bei Schlotterbeck sieht die Lage anders aus, hinter dem starken Duo Antonio Rüdiger und Jonathan Tah ist noch Platz, wenn sie die Rolle als Herausforderer akzeptieren. Das ist für den Bundestrainer besonders wichtig. Wichtiger als eine eingesprungene Kung-Fu-Grätsche, die dennoch als freundlicher Gruß an Nagelsmann verstanden werden darf.
Quelle: ntv.de