Pannen-Auftritt von Frankfurt Leipziger stärken ihr Ego für die Rückrunde
22.01.2017, 10:35 Uhr
Derzeit obenauf: RB Leipzig.
(Foto: picture alliance / Hendrik Schmi)
Für Eintracht Frankfurt ein gebrauchter Tag, für RB Leipzig der höchste Hinrunden-Heimsieg: Zwar spielte den Leipzigern der Verlauf des Spiels mit Blitz-Rot und Eigentor in die Karten. Doch nach der Mini-Flaute ist der erste Erfolg in 2017 für Rasenballsport eminent wichtig.
Ralph Hasenhüttl rief seinem Kollegen Niko Kovac noch hinterher: "Danke für die Glückwünsche." Doch da war Eintracht Frankfurts Trainer bereits vom Podium der Pressekonferenz in Richtung Mannschaftsbus entschwunden. "Das wird er schon noch mitbekommen haben", sagte Hasenhüttl lächelnd. Und die Reporter schmunzelten auch.
Nach dem 3:0-Erfolg von RB Leipzig gegen Eintracht Frankfurt hatte es Kovac ganz eilig gehabt. Offiziell, weil die Zeit bis zum Erreichen des Fliegers knapp war. Aber es war auch zu spüren und zu hören, dass er diesen gebrauchten Tag für die Eintracht so schnell wie möglich beenden wollte. Nach dem Blitz-Rot gegen Keeper Lukas Hradecky, zwei Gegentoren nach Standards sowie einem Eigentor von Jesús Vallejo hatte Kovac keinen Nerv für viele Worte und verließ die Presserunde in den Stadionkatakomben noch bevor Hasenhüttl seine Analyse vortrug.Torhüter Hradecky hingegen - unfreiwilliger Mann des Abends - hatte vergleichsweise gute Laune. Der finnische Nationaltorhüter mit slowakischen Wurzeln bekannte in seinem freundlichen osteuropäischen Dialekt: "Es hat doof ausgesehen. Wenn ich noch einmal überlegen könnte, würde ich den Ball liegen lassen. Aber es ging ganz schnell."
Blitz-Rot nach zwei Minuten
Bei einer Kontersituation der Leipziger war der 27-Jährige beim Herauslaufen aus seinem Strafraum ausgerutscht und hatte den Ball – mehr aus Reflex denn aus Kalkül - unter sich begraben. Schon in den Sekunden danach wusste auch Hradecky selbst, dass er nach nur gut zwei Minuten das Spielfeld wieder verlassen muss. Eine Szene für jeden Jahresrückblick. "Ich wollte kein Tor kassieren, ich musste etwas entscheiden", versuchte sich der Pechvogel zu erklären. "Und als Torwart kann ich den Ball nicht einfach reingehen lassen."
Aber zurück zu Hasenhüttl, der nun einsam auf dem Podium saß: Der Chefcoach des Tabellenzweiten war nach dem höchsten Heimsieg der Leipziger in dieser Saison freilich deutlich gesprächiger als Kovac. Wie auch die Reporter war sich auch der Trainer nicht ganz sicher, wie viel Bedeutung man diesem deutlichen Sieg beimessen sollte. Einerseits sagte der Österreicher: "Durch die frühe Rote Karte war das Spiel kein Gradmesser." Andererseits gab er zu Bedenken: "Aber es ist nicht selbstverständlich, dass wir nach der Situation ein solches Spiel machen. Wir konnten sofort einen Vorteil daraus ziehen, müssen schon nach 15 Minuten drei oder vier zu null führen." Hasenhüttl bezeichnete die Offensivaktionen seines Teams in der ersten Viertelstunde als "hervorragend". Er analysierte: "Da haben wir die Bälle gut hinter der letzten Linie gesucht, hatten gute Laufwege, waren sehr variabel, hatten starke Hereingaben." Weil sein Team beste Chancen vergab und die Eintracht Mitte der ersten Hälfte etwas besser ins Spiel kam, feuerte er die Mannschaft in der Pause an "Wir können es noch besser."
In der kurzen Winterpause hatte der 49-Jährige intensiv daran geschraubt, mit welchen Automatismen sich der Neuling gegen Mannschaften wehren kann, die mit Dreier- beziehungsweise Fünferkette gegen RBL verteidigen. Dazu war Rasenballsport bei den Niederlagen gegen Ingolstadt und den FC Bayern nicht so recht in sein Pressing-Gegenpressing-Spiel gekommen - Herzstück der Leipziger Philosophie. Auch diesbezüglich verfeinerte der Trainer Nuancen, um das berüchtigte Netz, das die Leipziger um die Gegenspieler herum spinnen, noch dichter aufzuspannen. Das Ergebnis war gegen Frankfurt bereits zu sehen.
Hasenhüttl lobt Flexibilität
Nur ein Beispiel für einen der generellen Erfolgsfaktoren des Leipziger Steilflugs, den Hasenhüttl in seiner kleinen Hinrunden-Bilanz nach dem 17. Spiel ansprach. "Wir haben gegen viele Mannschaften verschiedene Herangehensweisen finden müssen", sagte er. "Es ist sehr variabel, wie du dich auf die Spiele vorbereiten musst." Mal gehe es gegen Mannschaften, die tief stehen, mal gegen Gegner, die ähnlich hoch pressen wie die Leipzig. "Es war von allem etwas dabei, das zeichnet die Bundesliga auch aus." Der Fußballlehrer der Stunde hierzulande hob auch bei dieser Gelegenheit noch einmal hervor, wie schnell seine Mannschaft all die verschiedenen Taktiken und Lösungsmöglichkeiten verinnerlicht und umgesetzt habe und verband das mit einer Ansage für die zweite Saisonhälfte. "Jetzt gilt es, sich aufs Neue auf alle Aufgaben einzulassen", sagte er. "Wir sind sehr zuversichtlich, dass wir mit dem Wissen und der Entwicklung, die die Mannschaft genommen hat, in der Rückrunde ähnlich erfolgreich agieren können."
So war das Spitzenspiel gegen die Frankfurter aufgrund des Spielverlaufs vielleicht nicht allzu aussagekräftig. Doch für die Leipziger ist der Wert dieser Begegnung nach der Mini-Flaute zum Ende des Jahres 2016 nicht zu unterschätzen. Die deutliche Pleite beim FC Bayern und das 1:5 im Test gegen Ajax Amsterdam hatte die Verantwortlichen nachdenklich gestimmt. "Es war wichtig, nach der Pause wieder so zu starten", sagte der Cheftrainer nun. "Gegen einen direkten Konkurrenten war das ein Sechs-Punkte-Spiel. Dass wir das auf die Art und Weise gelöst haben, gibt uns viel Selbstvertrauen." So war nach dem Spiel klar: Es spricht auch im neuen Jahr nichts dafür, dass RB wie einst Hoffenheim in der Saison 2008/09 plötzlich abstürzen und die europäischen Ränge noch verfehlen sollte.
Die erste echte Belastungsprobe in 2017 wartet bereits am kommenden Samstag, wenn die TSG Hoffenheim in Leipzig gastiert. "Das wird noch einmal einen Ticken schwerer", weiß Hasenhüttl. "Da wird in dieser Woche viel, viel Arbeit nötig sein. Dem werden wir uns stellen." Eintracht-Trainer Niko Kovac war da bereits im Bus. Mit RB Leipzig beschäftigt sich der Kroate wohl erst wieder vor dem letzten Spieltag, wenn beide Teams am 20. Mai erneut aufeinandertreffen. Es ist zumindest den Leipzigern zuzutrauen, dass sie dann noch immer einen Spitzenplatz innehaben.
Quelle: ntv.de