Fußball

So läuft das "Titanenduell der Supermächte" Löw ist pikiert, del Bosque stichelt

"Klar, es wäre nicht schön, am Ende mit einer Niederlage aus dem Jahr zu gehen": Joachim Löw.

"Klar, es wäre nicht schön, am Ende mit einer Niederlage aus dem Jahr zu gehen": Joachim Löw.

(Foto: dpa)

Deutschland gegen Spanien? Das schwärmt selbst Kroos von einem Fußball-Leckerbissen. Dennoch sagt der Bundestrainer vorsorglich, das Ergebnis sei ihm egal. Podolski mosert ein wenig. Und die Spanier? Streuen Salz in offene Wunden.

Worum geht’s?

Um, Achtung: "Das Titanenduell der Supermächte des Weltfußballs". So bewirbt der spanische Verband das Testspiel in Vigo, immerhin trifft (ab 20.45 Uhr im Liveticker bei n-tv.de) Europameister Spanien auf den Weltmeister Deutschland, immerhin gibt es immer noch viele Tickets für die Partie. Etwas nüchterner ordnet Weltmeistertrainer Joachim Löw den Abschluss des WM-Jahres ein. Es geht ihm schon auch um die Ehre, das war ihm anzumerken. Aber wichtiger ist ihm, dass nicht der Eindruck entsteht, in Vigo würde das Original Spanien auf seine weltmeisterliche Kopie treffen. Löw wirkte keineswegs verlegen, als er nach den spanischen Einflüssen auf seine Arbeit gefragt wurde. Er habe "sehr viel auf den spanischen Fußball geschaut" sagte er, "ganz ehrlich". Schließlich haben ihn die Spanier mindestens einen (EM-Finale 2008), womöglich sogar zwei große Titel (WM-Halbfinale 2010) gekostet mit ihrem virtuosen Tiki-taka. Das hatte Löw in der Vergangenheit zu der einen oder anderen Lobrede bewegt. Aber, bemühte sich Löw zu betonen: Vorbild war früher, bis 2008 oder 2009. Sein DFB-Team habe zwar Einflüsse aufgenommen ("war mir wichtig"), aber einen eigenen Spielstil kreiert. Den WM-Titel, sollte das heißen, hat Deutschland gewonnen. Nicht Spanien II.

Wie stehen die Vorzeichen?

"Da geht es ums Prestige": Toni Kroos.

"Da geht es ums Prestige": Toni Kroos.

(Foto: dpa)

Europameister gegen Weltmeister, das klingt. Selbst der kühle Mecklenburger Toni Kroos klingt leicht schwärmerisch: "In Vigo werden zwei große Mannschaften aufeinander treffen, da geht es ums Prestige." Um mehr aber auch nicht, zumindest für das deutsche Team - selbst wenn Spaniens Coach Vicente del Bosque orakelt: "Es ist ein Freundschaftsspiel, aber man kann es nicht als ein solches einordnen." Bundestrainer Löw ist das Ergebnis im Prinzip egal, die vielen hochkarätigen Ausfälle auf beiden Seiten entwerten die Partie sportlich, das weiß er. Eine erneute Blamage wie gegen Argentinien würde er trotzdem gerne vermeiden, eine Niederlage wäre für seine WM-Rumpftruppe aber auch kein Drama: "Klar, es wäre nicht schön, am Ende mit einer Niederlage aus dem Jahr zu gehen. Aber es würde keine Rolle für das kommende Jahr und schon gar nicht für die EM 2016 spielen." Del Bosque sieht das anders und streute in Vigo ein wenig Salz in die deutschen Wunden: "Ich glaube, dass die Deutschen stark unter Druck stehen werden nach ihren letzten Spielen, die nicht gerade zufriedenstellend waren."

Wie ist die DFB-Elf drauf?

Definitiv nicht weltmeisterlich. Ursprünglich wollte Löw den Jahresausklang gegen Gibraltar und Spanien gemütlich bestreiten, verdiente Spieler sollten eine verdiente Pause erhalten. Nach dem Rumpelstart in die Nach-WM-Titel-Saison plante Löw um und kündigte Bestbesetzung gegen Spanien an. Groteskes Verletzungspech später ("So krass hätte ich es nicht erwartet") ist ihm eine B-Elf geblieben. Kevin Volland und Antonio Rüdiger dürfte das Plätze in der DFB-Startelf bescheren, Nachrücker Robin Knoche womöglich sein Debüt gegen den amtierenden Europameister. Löw hofft auf eine Trotzreaktion seines Teams, das Spiel "sei für einzelne Spieler die Chance, sich näher an die Mannschaft heranzubringen". Aber das war das Gegurke gegen Gibraltar auch. Die beste Nachricht vom DFB-Team betraf in Vigo den Bundestrainer selbst. Auf seine kolportierten Zahnschmerzen angesprochen, die ihn zuletzt um den Schlaf gebracht haben sollen, ließ Löw wissen: "Hatte ich nie." Ihm sei in Nürnberg lediglich eine Krone rausgefallen, was aber noch am selben Tag repariert wurde - "ohne Schmerzen".

Wie läuft’s bei Spanien?

Diese Frage stellt sich vor dem Spiel auch die deutsche Presse und reichte sie kurzerhand an Spanien-Legionär Toni Kroos weiter. Der musste passen: "Das ist für mich schwer zu beurteilen. Ich habe das letzte Spiel nicht gesehen, da ich mir Zeit für die Familie genommen habe." Glaubt man der spanischen Presse, hat Kroos das beste spanische Länderspiel seit einiger Zeit verpasst. 3:0 hieß es gegen Weißrussland, Kroos‘ Madrider Teamkollege Isco ("ein Superspieler") gelang ein Wundertor, die Sportzeitung "Marca" schwärmte vom "andalusischen Genie". Gemeinsam mit Paco Alcacer und Koke ist Isco einer der Hoffnungsträger, dass der Umbruch nach dem WM-Schmach in Brasilien und den Rücktritten von Weltstars wie Xavi, Xabi Alonso und David Villa schneller in einen Aufbruch zu alter Stärke münden könnte als zunächst gedacht. Das 1:2 in der EM-Qualifikation in der Slowakei, das 0:1 im Testspiel gegen Frankreich, die Langzeitverletzungen der Bayern-Stars Javi Martinez und Thiago Alcantara, der teaminterne Unmut über umstrittene Absagen für die letzten beiden Länderspiele des Jahres, all das hatte in Spanien Ängste um die Selección geschürt.

Der von del Bosque angekündigte "süße Übergang" schmeckte bitter. Der Sieg gegen Weißrussland könnte der Befreiungsschlag für das stark verjüngte Team sein, meint die Sportzeitung "As": "Das Team scheint den Pessimismus abgelegt zu haben, den es seit der WM mit sich herumschleppte." Das gilt auch für die spanischen Fans in Vigo. Die machten das öffentliche Training am Montagabend kurzerhand zu einem stimmigen Happening - und trauen dem Weltmeister maximal ein Remis zu.

Was gibt es sonst noch?

Deutsche Kritik. Am Austragungsort. Wenn der Europameister aus Spanien den Weltmeister aus Deutschland empfängt, ist das ein Spiel für die ganz große Bühne. Findet Lukas Podolski, der sich ein Spiel in den Fußballtempeln Bernabeu oder Camp Nou gewünscht hätte. Am Montag ist Podolski dann mit dem DFB-Tross in Vigo eingetroffen, einer herben Industriestadt an der nordwestlichen Atlantikküste. Ab 20.45 Uhr steht er dort womöglich im Balaidos auf dem Rasen. Das höchst charmante Stadion von Celta Vigo fasst 32.000 Zuschauer, lässt aber die Herzen von Fußballromantikern höher schlagen, nicht die des DFB. Es wirkt trotz seiner 86 Jahre noch immer eigentümlich unfertig, wie aus der Zeit gefallen. Einer Zeit, in der Nationalmannschaften über eigene, durchgestylte Internetpräsenzen verfügen und Länderspiele als Event betrachtet werden. Auch Löw konnte sich nicht dazu durchringen, hundertprozentige Zufriedenheit mit dem Austragungsort vorzutäuschen. Spiele in Madrid oder Barcelona seien immer "etwas ganz Besonderes". Aber Vigo? "Okay, haben wir so zur Kenntnis genommen." Er klang pikiert.

Quelle: ntv.de

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