DFB-Elf bei EM-Gastgeber Polen Löw macht Druck, Klose scherzt
06.09.2011, 11:21 Uhr
Training im Geburtsland: Mirsolav Klose, links, und Lukas Podolski, rechts, unter Anleitung des Bundestrainers.
(Foto: AP)
Wer nicht mitzieht, fliegt raus, lautet das Motto des Bundestrainers Joachim Löw. Das gilt auch für heute Abend, wenn die deutsche Fußball-Nationalmannschaft in Polen gegen den EM-Gastgeber testet. Stürmer Miroslav Klose scherzt trotzdem - und Lukas Podolski poliert wohl sein Englisch auf.
Die Geschichte vom netten Herrn Löw ist eine Mär. Das dürfte sich herumgesprochen haben. Aber niemand hat das zuletzt treffender formuliert als Per Mertesacker: "Der Trainer hat deutliche Vorstellungen. Und wer da nicht mitzieht, hat auch keine Chance." Und so muss sich niemand sorgen, dass das Freundschaftsspiel der deutschen Fußball-Nationalmannschaft heute ab 20.45 Uhr (n-tv.de-Liveticker) in Gdansk (Danzig) beim EM-Gastgeber Polen zu einem Freizeitkick verkommt. Joachim Löw hat aber sicherheitshalber noch einmal angekündigt: "Wenn sich ein Spieler von den acht Siegen in der Qualifikation oder dem Erfolg gegen Brasilien blenden lässt, ist er bei mir falsch."
Er sagt das mit dem Selbstbewusstsein eines Trainers, der weiß, in was für einer komfortablen Lage er ist. Nicht nur, dass sich seine Mannschaft mit bisher maximaler Punktausbeute die Teilnahmeberechtigung an der Europameisterschaft gesichert und dabei meist famosen Fußball gespielt hat. Nein: Er hat mittlerweile so viele hoch veranlagte Spieler in seinem Kader, dass es ihm selbst bei einem Testspiel nicht an motivierten Kandidaten mangeln dürfte. Dafür sorgt der Konkurrenzdruck, den Joachim Löw Schritt für Schritt, Position für Position aufgebaut hat, ein Pfund, mit dem er nun wuchern kann. Und wuchern muss. Schließlich wollen er und sein Team im nächsten Jahr den Titel holen. Das wird schwer genug, da ist eine Wohlfühloase als Basislager wenig leistungsfördernd.
Heiß begehrte Plätze im DFB-Kader
Wie motivierend die Aussicht ist, einen Platz im titelreifen DFB-Kader für die EM im Juni zu ergattern, zeigten die jüngst gegen Österreich beim Stand von 4:2 eingewechselten Talente André Schürrle und Mario Götze, die loslegten wie die Feuerwehr und mit ihren Toren das Ergebnis auf 6:2 erhöhten. Und wenn der Bundestrainer nun vor der Partie im nagelneuen EM-Stadion zu Gdansk ankündigt, "das eine oder andere noch mal ausprobieren" zu wollen, dann heißt das für die Spieler, die zuletzt nicht oder nur in Teilzeit zum Zuge kamen: Dann zeigt mal, was ihr könnt. Mal sehen, ob ihr haltet, was ihr versprecht.
Das gilt allerdings nur bedingt für Tim Wiese, der heute Abend das Tor hüten darf, weil Manuel Neuer, die unumstrittene Nummer eins, ebenso wie Bastian Schweinsteiger und Mesut Özil, gar nicht erst mit nach Polen geflogen ist. In der Innenverteidigung wird erstmals seit gut fünf Monaten der genesene und vor Wochenfrist von Werder Bremen zu Arsenal London gewechselte Per Mertesacker stehen, über den der Bundestrainer sagte, er "genießt bei mir ein enorm großes Vertrauen", schließlich habe er "den Bonus von drei großen Turnieren". Ein Signal an den Münchner Holger Badstuber, sich seiner Sache nicht zu sicher zu sein. Neben Mertesacker soll Jerome Boateng spielen, links in der Abwehrkette wird Kapitän Philipp Lahm verteidigen, rechts wie gegen Brasilien aller Voraussicht nach Christian Träsch, weil der Schalker Benedikt Höwedes angeschlagen ist.
"Poldi und ich freuen uns, da zu spielen"
Im defensiven Mittelfeld bekommt, darauf hat Joachim Löw sich festgelegt, Simon Rolfes seine Chance. Toni Kroos gibt wieder den - nach Löw´scher Wortschöpfung - Zwischenspieler, der wie gegen Österreich fleißig von hinten nach vorne und zurück pendeln soll. Das heißt auch: Die DFB-Elf bleibt bei ihrem neuen, auf Sturm und Drang ausgerichteten 4-1-4-1-System. Offensiv, auch das steht fest, soll in der Zentrale das 19 Jahre alte Ausnahmetalent Mario Götze wirbeln, auf der rechten Seite bekommt wahrscheinlich André Schürrle den Vorzug vor Thomas Müller, links darf Lukas Podolski ran, und im Sturm, na klar, der wie Podolski in Polen geborene Miroslav Klose.
Die beiden hatten übrigens schon vor dem Spiel ihren Spaß. Sie sinnierten bei der Pressekonferenz darüber, wie sie sich während des Spiels die Kommandos geben sollen, ohne dass der Gegner sie versteht. "Wir reden ja nicht nur auf dem Platz Polnisch, sondern auch außerhalb. Jetzt werden wir vielleicht auf Englisch umswitchen", sagte Klose - und lachte sich halb schlapp, was getrost als eine Anspielung auf Podolskis Englischkenntnisse gedeutet werden kann. Ansonsten gilt: "Poldi und ich freuen uns, da zu spielen." Sagt ja auch keiner, dass Fußball keinen Spaß machen darf. Den Rest regelt dann der Herr Löw.
Polen - Deutschland, 20.45 Uhr in Gdansk
Polen: Szczesny (FC Arsenal/21 Jahre/5 Länderspiele) - Wasilewski (RSC Anderlecht/31/39), Perquis (FC Sochaux/27/0), Glowacki (Trabzonspor/32/26), Wawrzyniak (Legia Warschau/28/18) - Murawski (Lech Posen/29/34), Dudka (AJ Auxerre/27/55) - Blaszykowski (Borussia Dortmund/25/34), Obranika (OSC Lille/26/18), Mierzejewski (Trabzonspor/24/14) - Lewandowski (Borussia Dortmund/23/34). Trainer: Smuda
Deutschland: Wiese (Werder Bremen/29 Jahre/4 Länderspiele) - Träsch (VfL Wolfsburg/24/8), Mertesacker (FC Arsenal/26/75), Boateng (Bayern München/23/15), Lahm (Bayern München/27/82) - Rolfes (Bayer Leverkusen/29/23) - Schürrle (Bayer Leverkusen/20/7), Götze (Borussia Dortmund/19/8), Kroos (Bayern München/21/20), Podolski (1. FC Köln/26/91) - Klose (Lazio Rom/33/111). Trainer: Löw
Schiedsrichter: Orsato (Italien)
Quelle: ntv.de