Fußball

Plattenhardtisierung der DFB-Elf Löw macht's richtig und lässt schnuppern

"Eine WM ist kein Test, bei dem man einen Schnupperkurs anbieten kann": Joachim Löw.

"Eine WM ist kein Test, bei dem man einen Schnupperkurs anbieten kann": Joachim Löw.

(Foto: imago/Schüler)

Was soll der Quatsch? Mit 23 Fußballern, die zusammen auf acht Länderspieltore kommen, geht der Bundestrainer den Confed Cup an. Ein zweifelhafte Sommervergnügen? Nicht unbedingt. Löw macht das Beste draus.

Der Bundestrainer hat gesagt, worum es ihm bei diesem Turnier um den Konförderationenpokal geht, das vom 17. Juni bis zum 2. Juli in Russland stattfindet. Es sei nämlich so: "Eine WM ist kein Test, bei dem man einen Schnupperkurs anbieten kann, in den K.o.-Spielen müssen die Spieler funktionieren. Dafür ist der Confed Cup gut." Diese Einschätzung hat Joachim Löw nicht exklusiv. Dennoch stellt sich die Frage, was das Ganze soll. Birgt dieses zweifelhafte Sommervergnügen, das unter dem Label "Generalprobe für die Weltmeisterschaft" firmiert, einen tieferen Sinn? Oder ist es vielmehr so, dass die DFB-Elf nun einmal daran teilnehmen muss, weil es die Fifa so will?

Die Antworten lauten: Nein und ja. Nein, einen ad hoc erkennbaren sportlichen Wert hat diese Veranstaltung nicht. Ja, der Weltverband besteht darauf, dass der Weltmeister antritt. Damit sind wir wieder beim Bundestrainer. Der macht aus der Situation das Beste und bastelt sich einen Kader, dem er den Stempel Perspektivteam aufdrückt. Das heißt zunächst einmal, dass sehr viele sehr gute Spieler nicht dabei sind. Und ein wenig drängt sich der Eindruck auf, dass nun jeder mit nach Russland darf, der geradeauslaufen und auf eine einigermaßen gelungene Saison zurückblicken kann. Aber abseits jeglicher Polemik könnte das doch auch ganz spannend werden: für die Spieler eh, aber auch für die Zuschauer. Oder?

"Meinen Kreta-Urlaub storniere ich dafür natürlich gerne": Marvin Plattenhardt.

"Meinen Kreta-Urlaub storniere ich dafür natürlich gerne": Marvin Plattenhardt.

(Foto: imago/Jan Huebner)

Manch eine Profi mag die Nominierung als Chance begreifen - bis er dann irgendwann merken wird: Ups, wenn bei der WM alle wieder dabei sind, ist wohl kein Platz mehr für mich. Andererseits: Warum nicht? Marvin Plattenhardt zum Beispiel, einer von sechs Neuen im Kader, ist ein Linksverteidiger, der bei der Hertha selten schlecht und sehr oft gut spielt. Das Abonnement auf diese Position in der DFB-Elf hat zwar der Kölner Jonas Hector, der mit 27 Länderspielen nach Julian Draxler, der mit 28 den Rekord in diesem B-Kader hält, der Erfahrenste ist. Aber an Alternativen mangelt es. Wo, wenn nicht beim Confed Cup sollte der Bundestrainer den 25 Jahre alten Berliner testen? Oder besser: Wozu soll dieses Turnier sonst dienen? Plattenhardt jedenfalls ist entzückt: "Meinen Kreta-Urlaub storniere ich dafür natürlich gerne."

Kategorie "Kannste-nix-mit-falschmachen"

Und wer gesehen hat, wie sich der ein Jahr jüngere Amin Younes geradezu famos auf dem linken Flügel mit Ajax Amsterdam ins Endspiel der Europaliga gewirbelt hat, der dürfte sich darüber hinwegtrösten können, dass Dortmunds Marco Reus zu Hause bleibt. Hoffenheims Kerem Demirbay, 23 Jahre alt, ist ebenfalls einer, bei dem es Spaß macht, ihm zuzuschauen - und das nicht nur, wenn der offensive Mittelfeldspieler zum Freistoß antritt. Und Leipzigs starker Zweikämpfer Diego Demme, 25 Jahre alt, hat jüngst beim 4:5 gegen den FC Bayern dem Münchner Thiago das Leben mehr als schwer gemacht.

Die Nominierung des Mönchengladbachers Lars Stindl, 28 Jahre alt, fällt da eher in die Kategorie "Kannste-nix-mit-falschmachen". Der offensive Mittelfeldspieler ist im Verein einer, der für seine Mannschaft da ist, wenn er gebraucht wird. Und von Sandro Wagner, einem von vier Hoffenheimern in Kader, erwartet der geneigte Zuschauer, dass er umgehend ankündigt, mit einer zweistelligen Trefferzahl in Russland Torschützenkönig werden zu wollen. Apropos zweistellig: Zusammengezählt kommen die 23 Akteure auf bisher acht Länderspieltore. Sie alle aber haben die Chance, sich dem Bundestrainer zwei Wochen am Stück zu präsentieren - und am Ende davon zu profitieren. Das alles ändert natürlich nichts daran, dass es ist, wie es ist: Wenn die WM wenig überraschend nicht als Schnupperkurs durchgeht, dann ist der Confed Cup genau das.

Quelle: ntv.de

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