Neue Führung in Corona-Krise Mäzen Kühne gewinnt das HSV-Beben
29.03.2020, 10:27 Uhr
Klaus-Michael Kühne könnte nach dem Führungswechsel beim HSV wieder an Einfluss gewinnen.
(Foto: dpa)
Der Vorstandschef weg, der Aufsichtsratsvorsitzende weg - in neuer personeller Konstellation kann sich der Fußball-Zweitligist Hamburger SV nach der Führungskrise der Coronavirus-Krise stellen. Der heimliche Sieger des Machtkampfs ist Klaus-Michael Kühne, der nun wieder an Einfluss gewinnt.
Mit einem Beben mitten in der Coronavirus-Krise ist beim Fußball-Zweitligisten Hamburger SV der Machtkampf auf Führungsebene zu Ende gegangen. Nun kann sich der Nordklub um die wahre Krise kümmern. Mit dem Aus für Vorstandschef Bernd Hoffmann und den Rücktritten der Aufsichtsratsmitglieder Max-Arnold Köttgen und Thomas Schulz muss sich der Fußball-Zweitligist endlich den auch für ihn existenzbedrohenden Folgen der Coronavirus-Pandemie widmen - wenn auch in veränderter personeller Konstellation. "Wir können uns in dieser schwersten Krisenzeit des gesamten Profifußballs keine Energieverluste und belasteten Vertrauensverhältnisse leisten", betonte HSV-Präsident Marcell Jansen nach dem Ende des Machtkampfs. "Der volle Fokus muss auf die HSV-Interessen gerichtet sein."
Zuvor hatte der Verein nach einer vierstündigen Sitzung des Aufsichtsrats mitgeteilt, dass der 57-jährige Hoffmann von seinen Aufgaben als Vorstandschef mit sofortiger Wirkung entbunden werde. Die als Hoffmann-Unterstützer geltenden Köttgen und Schulz traten aus dem Kontrollgremium zurück. Neuer Chef des nun auf fünf Mitglieder geschrumpften Aufsichtsrats als Nachfolger von Köttgen wird Ex-Nationalspieler Jansen. Der 34-Jährige, der sich zuletzt gegen Hoffmann gestellt hatte, ist nun der starke Mann beim Traditionsklub.
Kühne ist der heimliche Gewinner
Hoffmanns Aus nach seiner knapp zwei Jahre dauernden zweiten Amtszeit war ein seit Langem schwelender Streit zwischen ihm auf der einen und seinen Vorstandskollegen Jonas Boldt und Frank Wettstein auf der anderen Seite vorausgegangen. Zuletzt hatte Hoffmanns Gegenspieler-Duo deutlich gemacht, dass sie die Möglichkeit einer vertrauensvollen Zusammenarbeit nicht mehr sahen. Boldt und Wettstein werden die HSV Fußball AG nun als Vorstandsduo führen und stehen angesichts der Corona-Krise vor gewaltigen Herausforderungen.
Die Liquidität des Klubs ist trotz der Spielzeit-Unterbrechung laut Wettstein bis Juni zwar gesichert. Ein Saison-Abbruch würde den wirtschaftlich ohnehin belasteten HSV aber 20 Millionen Euro kosten, hatte Hoffmann noch vor wenigen Tagen gesagt. Umso unverständlicher war für die Beobachter, dass in dieser Situation im Vorstand seit Monaten ein Streit schwelte. Es passt aber gut, dass Jansen und Wettstein ein guter Draht zu AG-Anteilseigner und Investor Klaus-Michael Kühne nachgesagt wird. Dagegen hatte Hoffmann versucht, den Einfluss des Logistikunternehmers zu dessen Missfallen zurückzudrängen. Der 82 Jahre alte, nicht unumstrittene und bei Fans unbeliebte Kühne könnte dem HSV mit Finanzspritzen bei der Gesundung von den Corona-Folgen helfen und wieder stärker in den Verein hineinwirken. Er ist der heimliche Gewinner des HSV-Bebens.
Nach seinem zweiten bitteren Abschied von den Schalthebeln des Traditionsvereins nach 2011 wahrte der geschasste Hoffmann immerhin Stil. "Ich hätte den HSV sehr gerne durch diese Krise geführt, muss aber akzeptieren, dass der Aufsichtsrat sich für einen anderen Weg entschieden hat", ließ er über die Klub-Webseite verlauten. "Es war mir eine Ehre, dem HSV zu dienen."
Quelle: ntv.de, dbe/dpa