"Am Ende jeder selbst wissen" Nagelsmann zählt DFB-Torwart Leno an - und kritisiert indirekt Lehmann
10.10.2024, 20:35 Uhr
Steht nicht im Tor: Bernd Leno.
(Foto: picture alliance/dpa)
Dass Torwart Bernd Leno im Aufgebot der deutschen Fußball-Nationalmannschaft fehlt, sorgt bei Experten und Kollegen für Verwunderung. Bundestrainer Julian Nagelsmann erläutert nun die Hintergründe und zeigt sich wenig verständnisvoll.
Für den neunmaligen Nationaltorhüter Bernd Leno gibt es unter Julian Nagelsmann wohl keine Zukunft in der deutschen Fußball-Nationalmannschaft. "Ich habe immer gesagt: Ich mache die Tür nicht zu. Aber sie ist auch nicht weiter aufgegangen", sagte der Bundestrainer in Zenica bestimmt. Der 32-jährige Leno hatte für die Nations-League-Spiele am Freitag (20.45 Uhr/RTL und im Liveticker bei ntv.de) in Bosnien und Herzegowina sowie am Montag in München gegen die Niederlande abgesagt.
Wie der Bundestrainer nun erklärte, wollte Leno sich offenbar nicht auf die Bank setzen. "Er hat von mir eine sehr interessante Perspektive aufgezeigt bekommen, aber eher mittelfristig als kurzfristig", sagte Nagelsmann und fügte leicht säuerlich an: "Am Ende muss es jeder selbst wissen, wie er es gestalten möchte." Leno sei "ja jetzt keine 25 Jahre mehr, sondern er hat auch eine gewisse Reife, Dinge zu bewerten. Und wenn er sie so bewertet, darf er das gerne für sich machen". Berufungen in die Nationalmannschaft sind für Nagelsmann eine Ehre.
Die Tür für Leno, führte Nagelsmann aus, könne nur noch einmal "weiter aufgehen, wenn er herausragend spielt und die anderen nicht herausragend spielen". Nach der Verletzung von Stammtorwart Marc-Andre ter Stegen wird gegen Bosnien der Stuttgarter Alexander Nübel debütieren, gegen Oranje darf Oliver Baumann aus Hoffenheim ran. Als dritter Keeper ist Janis Blaswich aus Salzburg im Kader dabei.
Auch einen kleinen Seitenhieb auf Experten, die Lenos Absage vorschnell öffentlich beurteilt hatten, konnte sich Nagelsmann nicht verkneifen. "Es zeigt sich wieder: Es ist immer gut, wenn man die Hintergründe weiß, bevor man alles erzählt in der Zeitung." Einer der Experten war Jens Lehmann. Der ehemalige Nationaltorwart hatte sich in der "Bild"-Zeitung für Leno ausgesprochen. "Er spielt mit Fulham in der Premier League, der anspruchsvollsten Liga der Welt. Und er hat eine bessere Ausbildung, wie man eine Abwehr organisiert. Deshalb wundere ich mich, wie das jetzt beim DFB läuft." Und schob einen Seitenhieb hinterher: "Aber andererseits wundere ich mich auch nicht…"
Schon unter der Woche kommentierte Kapitän Joshua Kimmich die Absage Lenos. Er sei ein absoluter "Weltklasse-Torwart", sagte Kimmich im Teamquartier in Herzogenaurach. Grundsätzlich müsse es aber immer ein Privileg sein, etwas "ganz Besonderes", in die DFB-Auswahl berufen zu werden. "Wenn einer nicht dabei sein möchte, muss er nicht kommen", sagte Kimmich.
Baustelle nicht nur im DFB-Tor
Der Bundestrainer muss in dem dritten von sechs Gruppenspielen den Ausfall mehrerer Leistungsträger verkraften - nicht nur auf der Torwartposition. Neben Nübel, der sein bevorstehendes Debüt als "Riesending" bezeichnete, werde es in der Startelf einen weiteren DFB-Neuling geben. Nagelsmann kündigte an, dass entweder der Gladbacher Tim Kleindienst oder der Mainzer Jonathan Burkardt im Sturm auflaufen werden. "Einer von beiden wird beginnen", sagte Nagelsmann.
In der Offensive fehlen Tabellenführer Deutschland Jamal Musiala, Kai Havertz und der ebenfalls verletzte Niclas Füllkrug. Nagelsmann wollte diese Situation aber nicht beklagen, sondern sieht sie vielmehr "als Chance für den Stamm, für die neuen Spieler und die, die zuletzt weniger gespielt haben". Der Bundestrainer forderte von den Akteuren, die zum Einsatz kommen, sich in dem kleinen Stadion "charakterlich voll auf das Spiel einzulassen, alles reinzuwerfen und am Ende auch zu gewinnen".
Nagelsmann bedankte sich eingangs der Pressekonferenz bei den Bosniern für die "herzliche Gastfreundschaft" und hoffte, nach den schweren Überschwemmungen in Teilen des Landes den Menschen einen schönen Fußballabend zu bieten, der ihnen "wieder mehr Lächeln in die Gesichter zaubert".
Quelle: ntv.de, ses/sid/dpa