Fußball

"Ein bisschen mulmiges Gefühl" Nervöser RB Leipzig hadert mit Mutlosigkeit

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So nervös wirkte er dann gar nicht: Timo Werner.

(Foto: imago/ActionPictures)

Für Willi Orban ist die "Nervosität die größte Herausforderung". Timo Werner spricht von weichen Knien. Dabei sind die Leipziger bei ihrer Premiere in der Champions League dem AS Monaco ebenbürtig. Doch ohne Risiko keine Euphorie.

Als die RB-Spieler am Ende dieses für Leipzig historischen Mittwochabends ihre Ehrenrunde drehten, gab es von den Rängen im mit 40.000 Zuschauern im Heimbereich ausverkauften Zentralstadion aufmunternden Applaus. Einige der Fußballer trabten nach dem 1:1 (1:1) bei der Champions-League-Premiere für die Rasenballsportler mit hängenden Köpfen über den Platz. Da tat die Unterstützung von den Leipzigern gut, die das erste Europapokalspiel seit 29 Jahren in der Messestadt durchaus stimmungsvoll feierten.

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Feiner Zwirn für die Königsklasse: Ralph Hasenhüttl.

(Foto: imago/Eibner)

Dabei hatte RB gegen den wohl stärksten und deutlich erfahreneren Gruppengegner eine solide, dominante, allerdings zu brave Vorstellung abgeliefert. Doch an den Reaktionen der Spieler und auch der Leipziger Verantwortlichen um Trainer Ralph Hasenhüttl, der nach dem Spiel schmallippig wirkte, war zu erkennen, dass ihnen das Remis gegen den Vorjahres-Halbfinalisten nicht genügte. Euphorie wie beim Bundesliga-Heimdebüt gegen Borussia Dortmund war bei den Protagonisten nicht zu spüren.

So machte sich bei Kapitän Willi Orban "ein bisschen mulmiges Gefühl" breit, "weil wir besser spielen können. Bei vielen von uns war die eigene Nervosität auf dieser großen Bühne die größte Herausforderung. Das hat man gemerkt. Ein bisschen mehr Mut hätte uns gutgetan". Und auch Timo Werner bekannte bemerkenswert offen: "Es war für viele das erste Champions-League-Spiel und als die Hymne kam, sind nicht nur bei mir, sondern auch bei vielen anderen die Knie etwas weich geworden. Das hat man vielleicht auch ein wenig gemerkt im Spiel." In der Tat agierte RB Leipzig verhaltener als man das aus der Bundesliga vom Serien-Aufsteiger kennt. Bereits die Aufstellung passte nicht ganz zum forschen Stil, den Hasenhüttl sonst predigt.

"Wir sind kein volles Risiko gegangen"

Leipzigs Spielmacher Naby Keita, der wegen einer Adduktorenverletzung nur traurig auf der Bank sitzen konnte, ersetzte der Trainer nicht durch den offensiven Kevin Kampl, sondern durch Defensivallrounder Stefan Ilsanker. "Wir haben nicht genau gewusst, was uns gegen diesen Gegner erwartet, wie hoch oder spät uns Monaco angreifen würde", sagte Hasenhüttl und erklärte: "Deswegen war die Entscheidung für Ilse eine etwas sicherheitsbezogene. Wir sind kein volles Risiko gegangen." Das war einerseits richtig, weil Monaco teils extrem hoch presste.

Anders als in der Bundesliga, wo sich die Teams inzwischen weit zurückziehen, wenn sie auf RBL treffen, mussten die Leipziger Defensivspieler mühsam nach Anspielstationen suchen. Die Monegassen, die lediglich von 50 Fans unterstützt wurden, die in Polonaise durch den Gästeblock zogen, standen blendend, spielten unbequem und stellten die Passwege zu. Monacos portugiesischer Trainer Leonardo Jardim sagte, dass er die Leipziger ganz genau studiert hatte - Anschauungsunterricht auch für künftige Gegner der Leipziger. Es war in jeder Phase des Spiels zu merken, dass Monaco eine Unachtsamkeit genügen würde, um die Leipziger ins offene Messer rennen zu lassen und eiskalt auszukontern.

"Ein Sieg in Istanbul wäre nicht verkehrt"

Andererseits hätte eine offensivere Aufstellung gegen zwar kompakte, aber nicht unbezwingbare Monegassen das bisweilen nervöse Leipziger Kombinationsspiel bestärkt und Anspielstationen bei durchaus vorhandenen Kontersituationen geschaffen. So hing Starstürmer Timo Werner weitgehend in der Luft und tummelte sich mehrfach im Abseits. Dennoch beherrschte die Hasenhüttl-Elf das Spiel, war mit 57 Prozent Ballbesitz das dominantere Team und hatte auch 4:1 Großchancen. So hätte die Defensivtaktik durchaus aufgehen können, wenn denn RB nach dem tollen Solo-Lauf und Führungstor von Emil Forsberg per Schuss in die Ecke von Torwart Diego Benaglio (33.) das Ergebnis gehalten hätte. Doch als Monaco keine zwei Minuten später den Ausgleich durch den Belgier Youri Tielemans nach Flanke vom Flügel und Kopfballablage im Strafraum erzielte (35.), musste RB Lehrgeld zahlen.

So plädierte Timo Werner dafür, dem Debütanten in der Königsklasse auch Zeit im Umgang mit ihren Emotionen zu geben: "Es war unser erstes Spiel", sagte Werner. Da könne man den Spielern auch mal Nervosität zugestehen. "Das ist vollkommen normal. Im nächsten Spiel gegen Besiktas wird das sicher nur noch ein bisschen der Fall sein und danach wird man das nicht mehr spüren." Werner kündigte an: "Daheim hätten wir uns sicher noch ein bisschen mehr vorgestellt, aber wir sind im Soll. Ich glaube, ein Sieg in Istanbul wäre nicht verkehrt."

Bei Besiktas, das 3:1 in Porto gewann, wartet auf RB im nächsten Gruppenspiel ein ganz entscheidendes Duell. Die Leipziger Fans hatten vor dem Premierenabend eine Alpenkulisse auf Fahnentuch die Ränge nach oben gezogen. Dazu stand in großen Lettern vor der Fankurve: "Rasenballsport Leipzig durch Europa tragen". Damit war nicht nur die Unterstützung auf den Plätzen jenseits der Alpen gemeint, sondern auch, den Klub und Leipzigs Spielidee international bekannt zu machen. Ihren Pressing-Gegenpressing-Umschaltfußball werden die Leipziger in Istanbul wohl etwas mutiger demonstrieren als gegen Monaco.

Quelle: ntv.de

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