"Glaubst du, du bist Messi?" Neymar provoziert das Drama in Paris
27.09.2017, 09:32 Uhr
Teamplayer?
(Foto: imago/PanoramiC)
Gegen den FC Bayern steht für das Starensemble von Paris Saint-Germain der erste Härtetest an. Und ja, alle schauen auf Neymar. Die brasilianische Millionen-Diva muss sich nun als Teamplayer beweisen - Übersteiger reichen da nicht.
Es war der Aufreger des Sommers: Neymar wechselte für die Rekordsumme von 222 Millionen Euro vom FC Barcelona zum Paris Saint-Germain Football Club. Was für viele die endgültige Turbokapitalisierung des Fußballs bedeutete, war für die Macher beim französischen Top-Klub nur Teil einer längerfristigen Strategie. Die Investoren aus Katar wollen PSG und damit sich selbst sowie ihr Land als Erfolgsmarke verkaufen. Wer würde dazu besser passen als der 25-jährige Brasilianer? Neymar stand in Barcelona noch im Schatten von Lionel Messi. Doch während die Karriere des Argentiniers vermutlich bald auf die Zielgerade abbiegt, hat Neymar mutmaßlich seine besten Jahre vor sich.
Paris Saint-Germain: Areola - Dani Alvis, Marquinhos, Thiago Silva, Kurzawa - Verratti, Thiago Motta, Rabiot - Mbappé, Cavani, Neymar. - Trainer: Emery
FC Bayern München: Ulreich - Kimmich, Süle, Hummels, Rafinha - Tolisso, Vidal - Robben, James, Coman - Lewandowski. - Trainer: Ancelotti.
Schiedsrichter: Antonio Mateu Lahoz (Spanien)
Bereits als Teenager verkörperte er alle Facetten des modernen Fußballs. Er hat den Zauber im Fuß und die Moneten auf dem Bankkonto. Sein Transfer von Santos nach Barcelona im Jahr 2013 wurde zum langwierigen Hickhack. Auch in diesem Sommer war Drama programmiert. Bisher bekam Neymar immer das, was er wollte. Dass dies nicht unbedingt zur Erdung des brasilianischen Superstars beiträgt, liegt auf der Hand. In Paris soll er bereits den Verkauf von Mittelstürmer Edinson Cavani gefordert haben, glaubt man den Gerüchten. Die Idee von PSGs Verantwortlichen war jedoch, dass Neymar zusammen mit Cavani und Kylian Mbappé, dem 180-Millionen-Einkauf aus Monaco, die Offensivabteilung der Franzosen anführen soll. Drei Individualisten als Einheit im Sturm?
Alle Augen auf Neymar
Der bisherige Erfolg von PSG in dieser Saison lag nicht unbedingt am kongenialen Zusammenspiel der drei. Doch individuelle Qualität sollte gerade in der heimischen Liga genügen, wenn viele Gegner zwei Klassen schlechter sind. Für das große Ziel der Pariser, den Henkelpott in der Champions League, braucht es aber mehr als das. Das Heimspiel gegen den FC Bayern heute (ab 20.45 Uhr im Liveticker bei n-tv.de) wird somit ein erster Härtetest für PSG. Gegen den derzeit etwas strauchelnden deutschen Rekordmeister reichen jedenfalls die Übersteiger Neymars nicht aus. Er muss sich als Teamplayer beweisen.
Bei Barcelona war ihm das über weite Strecken in den letzten Jahren gelungen. Aber dort füllte er auch zumeist die Nebenrolle. Messi war der Star, Iniesta der Strippenzieher. Auch PSG hat Schlüsselspieler wie etwa Marco Verratti, die seit Jahren das Trikot des Vereins tragen. Auf Neymar jedoch sind die Augen gerichtet. Das spürt der 25-Jährige. Das spornt ihn an. Das macht ihn vielleicht zu übermütig und eigensinnig. Vor eineinhalb Wochen entbrannte ein Streit zwischen ihm und Cavani vor den Augen der Zuschauer. Beim 2:0-Sieg gegen Olympique Lyon wurden sich beide nicht einig, wer einen Strafstoß zehn Minuten vor Spielende schießen sollte. Cavani, der von Trainer Unai Emery als erster Elfmeterschütze bestimmt wurde, trat an und verschoss. Abwehrchef Thiago Silva konnte später eine handgreifliche Auseinandersetzung zwischen den beiden gerade noch verhindern.
Neymar entfolgte Cavani auf Instagram, quasi der digitale Mittelfinger eines Millennials. Die Sportzeitung "L’Equipe" titelte "Le Clash". Die spanische Zeitung "El Pais" berichtete später, dass es bereits am ersten Tag Neymars zu einem Scharmützel mit Cavani gekommen sein soll. Dieser verbeugte sich nicht etwa vor seinem neuen Sturmpartner, sondern soll süffisant gesagt haben: "Und wer ist das? Glaubst du, du bist Messi?" Cavani versuchte später in einem Radiointerview die Sache klein zu reden. "Ich habe kein Problem mit Neymar", versicherte der 30-Jährige. Aber der Vorfall gegen Lyon deutet an, was passieren kann, wenn die Egos mancher Millionarios aufeinandertreffen. PSG-Trainer Emery hatte sich bisher in seiner Karriere vor allem einen Namen als Underdog-Trainer gemacht. Mit Sevilla gewann er dreimal in Folge die Europa League. Sein taktisches Können und seine oftmals zur Schau gestellte Leidenschaft an der Seitenlinie schienen ihn für den Job in der französischen Hauptstadt zu qualifizieren. Ob er aber die notwendige Autorität gegen Neymar und Co. besitzt, muss sich erst noch zeigen.
Ausbaufähiges Zusammenspiel
Taktisch schöpfen die Pariser ihr Potenzial noch nicht aus. Selbst Teams wie Montpellier können im Moment dem übergroßen PSG Punkte abluchsen, so geschehen beim 0:0 am Samstag. Der Spielaufbau ist oftmals träge. Der Ball läuft lange und umständlich durch die hinteren Reihen. Immer wieder wird aufs Leder getreten. Es fehlt das Tempo, der notwendige Plan. Neymar und vor allem Mbappé stehen zu nah an den Seitenlinien. Werden sie mit Bällen gefüttert, geht es anschließend ins Eins-gegen-Eins. Die gesamte Mannschaft kann dadurch keine Dynamik entwickeln.
Neymar tummelt sich gelegentlich in den Halbräumen, aber tut dies auf eigene Faust. Cavani agiert eher als klassischer Mittelstürmer und lässt sich im Gegensatz zu Vorgänger Zlatan Ibrahimovic selten im Zentrum zurückfallen. Die Verbindungen zwischen Mittelfeld und Angriff sind unzureichend, das Angriffsspiel oft nur Stückwerk. Da Julian Draxler zuletzt meist nur von der Bank kam und Emery ein 4-3-3 bevorzugt, bleibt die Zehnerposition meist unbesetzt. Selbst wenn Draxler spielt, ist er selten ins Angriffsspiel eingebunden. Der Ball läuft um ihn herum in die Füße von Neymar und Mbappé, die in großem Abstand zueinander und zu Cavani stehen. Ein Bild, das für sich spricht.
Quelle: ntv.de