Hrubesch weiß, wie es geht Özils Erben greifen nach dem EM-Titel
17.06.2015, 11:06 Uhr
Die deutschen Fußballer starten als Favorit in die U-21-EM. Mit Spielern, die in ihren Vereinen längst Leistungsträger sind. Und mit einem Trainer, der schon Weltmeister formte und nirgendwo hinfährt, um nur teilzunehmen.
Er ist, das lässt sich ohne Übertreibung sagen, der Vater des Erfolges. Horst Hrubesch heißt der Mann, ehemaliger Nationalspieler, 64 Jahre alt. Mit den deutschen Juniorenfußballern ist er nach Tschechien gefahren, um mit seiner Mannschaft bei der U-21-Europameisterschaft anzutreten. Das erste Spiel steht heute ab 20.45 Uhr in Prag gegen Serbien an. Und Hrubesch sagt: "Wir haben genug Qualität und Selbstvertrauen, um zu sagen: Wir wollen um den Titel mitspielen." Wenn einer weiß, wie das geht, dann er.

"Für mich geht es darum, dass die Mannschaft der Star ist": Horst Hrubesch.
(Foto: imago/Eibner Europa)
29. Juni 2009. Im Endspiel der U-21-EM stehen sich in Malmö Deutschland und England gegenüber. Die Partie endet mit einer kleinen Sensation. In der Vorrunde hatten sich beide Teams noch 1:1 getrennt. Im Finale aber zeigen die Deutschen ihre beste Leistung bei diesem Turnier und siegen verdient mit 4:0 (1:0). Zum ersten Mal in der Geschichte gewinnt die älteste Juniorenmannschaft des DFB einen Titel. Und spätestens seit dem vergangenen Sommer, als die Nationalelf mit ihrem Trainer Joachim Löw die Weltmeisterschaft gewann, wissen wir: Es ist eine goldene Generation, vielleicht die beste, die es in diesem Land je gab.
Wer hat das Zeug? "Alle"
Manuel Neuer, Benedikt Höwedes, Jérôme Boateng, Sami Khedira, Mesut Özil und Mats Hummels - diese sechs, die in Brasilien den Kern der Mannschaft bildeten, waren auch 2009 in Schweden schon dabei. Und der Trainer? Natürlich Hrubesch. Wer ihn jetzt, sechs Jahre nach der magischen Nacht von Malmö, fragt, wer von seinen Spielern das Zeug hat, demnächst bei Löw im A-Team zu spielen, am besten schon bei der Europameisterschaft im kommenden Jahr in Frankreich, dem sagt er: "Alle." Und er meint das auch so. Mit so etwas scherzt Hrubesch nicht.
Also alle können es schaffen, nicht nur die, die jetzt schon bekannt sind: Marc-André ter Stegen, der Torhüter, der just mit dem FC Barcelona die Champions League gewonnen hat; Dortmunds Matthias Ginter, der als Innenverteidiger schon mit in Brasilien war; Robin Knoche, der beim VfL Wolfsburg, der zweitbesten Mannschaft des Landes, einen Stammplatz hat; dessen Vereinskollege Maximilian Arnold; Emre Can, der sich beim FC Liverpool in der Premier League durchgesetzt hat; Max Meyer, der beim Schalke 04 längst eine feste Größe ist; der Hoffenheimer Kevin Volland, der ebenfalls schon bei Löw vorgespielt hat.
Grundsätzlich aber gilt, auch darauf legt Hrubesch Wert: "Für mich geht es darum, dass die Mannschaft der Star ist. Von unseren 2009er Europameistern wird ja immer Mesut Özil hervorgehoben. Aber für mich war einer der entscheidenden Spieler Gonzalo Castro. Er hat eine überragende EM gespielt. Wir haben es 2009 auch über die Mannschaft gespielt, auch wenn wir Individualisten hatten, die ein Spiel entscheiden konnten. Das ist jetzt ähnlich. Zum Schluss gehört aber immer auch das Quäntchen Glück dazu."
"Wollen wir bis ins Finale oder nicht?"
Das Wichtigste für ihn ist, dass sich keiner versteckt. "Wir haben darauf hingearbeitet, dass die Spieler Verantwortung übernehmen. Das ist ein Prozess. Das muss man lernen. Und das braucht Zeit", sagte Hrubesch der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung". "Es geht mir nicht nur darum, dass die Jungs nur auf dem Platz die richtigen Entscheidungen treffen. Ich erwarte von ihnen, dass sie das auch außerhalb tun. Es geht mir auch darum, dass die Dinge, die zum Leben und zum Umgang miteinander gehören, nicht vernachlässigt werden. Das sehe ich als meine Verantwortung als Trainer."
Und wenn's es bei einem seiner Schützlinge mal nicht so läuft, dann kümmert er sich. Er telefoniert und fährt auch schon mal nach Stuttgart, um Moritz Leitner aufzubauen, der gegen Ende der Saison von der Tribüne aus zuschauen musste, wie seine Kollegen sich - letztlich erfolgreich - gegen den Abstieg aus der Bundesliga stemmten. "Die Jungs wissen, dass sie sich auf mich verlassen können." Das ist für Hrubesch die Grundlage seiner Arbeit. Und wo führt das alles hin? Seine U21 spielt in Prag nicht nur um den Titel, sondern auch dafür, bei den Olympischen Spielen im kommenden Jahr in Rio de Janeiro mitmachen zu dürfen. Dafür müssen sie Gruppe mit Serbien, Dänemark und Tschechien mindestens Zweiter werden und somit das Halbfinale erreichen.
Dass das nicht einfach wird, weiß auch Hrubesch. "Ich warne: Wir haben eine schwere Gruppe. Da bekommen wir nichts geschenkt." Andererseits müsse man sich auch Ziele setzen: "Wenn man die Möglichkeit hat, in dem Sport, den man liebt, um olympische Medaillen zu spielen, dann sollte man sich dieses Ziel auch setzen. Ich bin ohnehin nicht der Typ, der irgendwo hinfährt und nur teilnimmt. Wenn, dann will ich auch was gewinnen." Klar, er weiß ja, wie das geht. "Ich habe die Jungs gefragt: Wollen wir bis ins Finale oder nicht?" Die Antwort hat Hrubesch dann gleich selbst gegeben: "Die Qualität dazu hat die Mannschaft."
Tor: Timo Horn (1. FC Köln), Bernd Leno (Bayer Leverkusen), Marc-André ter Stegen (FC Barcelona)
Abwehr: Matthias Ginter (Borussia Dortmund), Christian Günter (SC Freiburg), Dominique Heintz (1. FC Kaiserslautern), Robin Knoche (VfL Wolfsburg), Julian Korb (Mönchengladbach), Nico Schulz (Hertha)
Mittelfeld: Maximilian Arnold (Wolfsburg), Leonardo Bittencourt (Hannover 96), Emre Can (FC Liverpool), Kerem Demirbay (Kaiserslautern), Johannes Geis (FSV Mainz), Joshua Kimmich (RB Leipzig), Felix Klaus (SC Freiburg), Moritz Leitner (VfB Stuttgart), Yunus Malli (Mainz ), Max Meyer (Schalke 04), Amin Younes (Kaiserslautern)
Angriff: Serge Gnabry (FC Arsenal), Philipp Hofmann (Kaiserslautern), Kevin Volland (TSG Hoffenheim)
Quelle: ntv.de