
Auch er kostet PSG eine Menge Geld: Kylian Mbappé.
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Verratti, Neymar, Draxler: PSG findet einen neuen Weg, um das Financial Fairplay auszuhebeln. Der französische Meister verkauft Ladenhüter über Wert nach Saudi-Arabien und Katar. Und sie sind damit nicht allein.
Eigentlich gibt es eine Regel, die dafür sorgen sollte, dass der Fußball auch auf internationaler Ebene fair ist. Das Financial Fairplay (FFP) sieht im Grundzug vor, dass ein Klub nicht mehr Geld ausgeben sollte, als er einnimmt. Es soll verhindern, dass Spitzenklubs auf enthemmte Shopping-Touren gehen können. Und meilenweit über ihre Verhältnisse wirtschaften sowie den Markt verzerren. Doch die Praxis zeigt: So richtig funktioniert die Regelung nicht.
Dafür gibt es mehrere Beispiele, etwa Manchester City. Der Klub ist das Vorbild für alle Finanziers von der Arabischen Halbinsel. Scheich Mansour, Teil der Herrscherfamilie von Abu Dhabi, kaufte den Klub 2008 für 250 Millionen Euro. Seither stellte er Man City weitaus mehr Geld zur Verfügung. Mit Folgen: Auf Citys Weg zur mehrfachen englischen Meisterschaft und dem Titel in der Champions League liegen mittlerweile mehr als 100 Verstöße gegen das FFP der Premier League.
Und dennoch sind nicht City diejenigen, die das FFP auf die Spitze treiben. Paris St. Germain sollte eigentlich neben der Fußball-Weltmeisterschaft das Leuchtturmprojekt Katars sein. Die Besitzer aus dem Emirat investierten Unsummen in den Sportswashing-Traum, möglichst zeitnah die Champions League zu gewinnen. Dafür wurde auf dem Transfermarkt nicht gespart. Entstanden war ein Starensemble aus Kylian Mbappé, Neymar, Lionel Messi und Sergio Ramos, das enorm viel Geld verschlang und trotzdem nie den Champions-League-Pokal gewann.
PSG-Transfer vervielfacht Marktwert seines neuen Klubs
Nun, im Sommer 2023, gibt es bei PSG den ganz großen Umbruch. Messi, Ramos, Neymar sind schon weg, bald gilt das auch für Mbappé, der seinen 2024 endenden Vertrag nicht verlängern will. Es braucht also wieder Geld, um neue Stars wie den Ex-Frankfurter Randal Kolo Muani zu verpflichten. Doch auch, wenn es dafür augenscheinlich kein Limit gibt, stellt das FFP eine Hürde dar. Die PSG-Verantwortlichen griffen dafür in die Trickkiste - etwa bei Portugals Cristiano-Ronaldo-Nachfolger Gonçalo Ramos. Die Franzosen zahlen Benfica erst nur einen Teil der Ablöse, der Rest fließt als Boni später hinterher. Und: Ramos wird zunächst für ein Jahr mit Kaufoption ausgeliehen. So fallen die Ausgaben erst im nächsten Transfersommer an.
Und auch sonst ist der Klub bei der Geldbeschaffung kreativ geworden. Das "Geheimnis" sind Transfers in die Wüste. PSG hat in diesem Sommer bislang insgesamt vier Spieler an Saudi-Arabien und Katar abgegeben. Dabei hat der Klub 159 Millionen Euro eingenommen. Zuletzt wechselte Mittelfeldspieler Marco Verratti zu Al-Arabi SC nach Katar. Zu der Ablösesumme ist keine offizielle Zahl bekannt, doch laut Transferguru Fabrizio Romano soll sie bei etwa 45 Millionen Euro liegen - damit weit über Marktwert und ein neuer Rekord für die katarische Liga, dem Land, aus dem die PSG-Besitzer stammen. Die ganze Absurdität zeigt sich darin, dass der gesamte Kader von Al-Arabi SC bisher laut transfermarkt.de einen Marktwert von 11,1 Millionen Euro hatte.
Denn neben Verratti wechselte noch der ehemalige Dortmunder und Leipziger Abdou Diallo zu Al-Arabi. Dafür floss die stolze Summe von 15 Millionen Euro. Den Niederländer Georginio Wijnaldum zog es für 8 Millionen Euro zu Al-Ettifaq nach Saudi-Arabien. Und Superstar Neymar schloss sich für 90 Millionen Euro Al-Hilal in der neureichen Liga an. Sie alle erlösten Summen, die mindestens an der oberen Grenze ihres Marktwerts liegen. Die Krönung wäre ein weiteres Gerücht: Laut Sky soll auch Julian Draxler, Weltmeister von 2014, für 20 Millionen Euro zum katarischen Al-Ahli SC wechseln. Es ist unwahrscheinlich, dass ein europäischer Klub die gleiche Summe geboten hätte. Damit hätte PSG aus der Wüste insgesamt 179 Millionen Euro eingesammelt. Zudem sparten sie mit den Abgängen von Messi, Neymar und Sergio Ramos bei den Gehältern ein.
Es ist nicht nur PSG
Im Weltfußball sind sie damit jedoch nicht die Einzigen. Der FC Chelsea hat im Sommer auffällig viele Angebote aus Saudi-Arabien bekommen. Medienberichte legten nahe, dass das auch mit dem neuen Eigentümer zu tun hat. Im Frühjahr 2022 kaufte Todd Boehly den Londoner Klub. Doch das tat er nicht allein: Auch das Private-Equity-Unternehmen Clearlake Capital Group ist Teil des Konsortiums. Dort ist der saudi-arabische Staatsfonds (PIF) Großinvestor.
In Boehly-Ära gaben die Blues fast eine Milliarde Euro für Transfers aus. Die teuren Einkäufe wurden teilweise mit einem Bilanztrick "abgeschrieben". Der ukrainische Flügelspieler Mykhaylo Mudryk erhielt etwa eine unübliche Vertragslänge von achteinhalb Jahren. Und es kommt der gleiche Trick wie schon bei PSG zum Einsatz: Chelsea hat Spieler für insgesamt 41,5 Millionen Euro nach Saudi-Arabien transferiert. Am Ende profitieren beide Seiten davon: Die Londoner können ihren überfüllten Kader verkleinern, das FFP aufpolieren und die saudische Liga bekommt weitere begabte Spieler wie N'Golo Kanté.
Auch für andere Premier-League-Klubs zahlt sich das aus. Der FC Liverpool hat etwa so den Abgang der drei Altstars Roberto Firmino, Jordan Henderson und Fabinho versilbert - und damit 60 Millionen Euro eingenommen. Stattdessen bauten sich die Reds um Trainer Jürgen Klopp mit dem eingenommenen Geld ein neues Mittelfeld auf. Doch sie haben nicht jede Offerte angenommen: Die 100 Millionen Euro, die angeblich aus Saudi-Arabien für Mo Salah geboten wurden, haben Liverpool bislang nicht überzeugt.
Quelle: ntv.de