Fußball

Sorge vor Eskalation und TerrorStuttgart-Risikospiel gegen israelisches Team sorgt für Boykott-Ansage

10.12.2025, 17:29 Uhr
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Schwenkfahnen und Choreo wird es am Donnerstag im Stuttgarter Block nicht geben. (Foto: picture alliance / Pressefoto Rudel)

Das Gastspiel von Maccabi Tel Aviv beim VfB Stuttgart ist keine normale Partie in der Europa League. Die Sicherheitsbehörden fahren groß auf und die Zuschauer müssen mit massiven Einschränkungen rechnen. Teile der Ultras bleiben der Partie gleich vollständig fern.

Für Fußballfans sind Europokalnächte Feiertage. Flutlichtspiele gegen Gegner aus ganz Europa. Doch die Partie zwischen dem VfB Stuttgart und Maccabi Tel Aviv (Donnerstag, 18.45 Uhr/live auf RTL+ und auf ntv.de im Liveticker) könnte davon kaum weiter entfernt sein. Das Stadion in Bad Cannstatt wird im Vorfeld der Partie gegen den israelischen Klub zur Festung hochgerüstet.

Auch wenn keine konkreten Gefährdungserkenntnisse vorlagen, stellt sich die Polizei auf ein "breites Spektrum von Einsatzlagen" bis hin zu "terroristischen Szenarien" ein, heißt es in einer Ankündigung der Polizei. Antisemitismus solle keinen Raum bekommen. Mehrere Tausend Beamte sollen den Ablauf des 6. Spieltags in der Ligaphase der Europa League absichern.

Der Beauftragte von Baden-Württembergs Landesregierung gegen Antisemitismus, Michael Blume, warnt vorab vor Akteuren, die "versuchen, den Fußball für ideologische Zwecke zu instrumentalisieren". Das hat das Commando Cannstatt (CC), eine der führenden Ultra-Gruppierungen des VfB, nicht vor. Die Gruppierung rief dazu auf, das Spiel solle nicht als Bühne "für globalpolitische Äußerungen dienen".

Ultra-Gruppen verweigern Stadionbesuch

"Der Nahostkonflikt ist viel zu komplex und zu langwierig, als dass hier einfache Lösungen und kurz gerufene oder gepinselte Parolen greifen", so das CC. Einen Missbrauch der eigenen Ränge für diesen Zweck wolle man nicht akzeptieren, heißt es in einer Stellungnahme. Die Gruppe will zwar in ihrer Kurve auftreten, aber in deutlich eingeschränkter Form: Keine Schwenkfahnen oder Doppelhalter. Nur die Zaunfahnen sollen angesichts der "enorm zeitintensiven" Kontrollen gezeigt werden.

Am Donnerstagabend müssen sich die Zuschauer unter anderem auf deutlich verschärfte Kontrollen mit Metalldetektoren einstellen. Das Mitführen von Taschen, Rucksäcken, Handtaschen und Bauchtaschen jeglicher Art und Größe ist nicht erlaubt, Banner außerhalb der Fankurven sind verboten und selbst Medikamente dürfen nur in durchsichtigen Zipper-Beuteln ins Stadion gelangen. Hubschrauber sollen den teilweise gesperrten Stuttgarter Luftraum überwachen und "sichtbar bewaffnete" Polizisten rund um das Neckarstadion "starke Präsenz" zeigen. Der Verein warnt bereits davor, dass Fans, die nicht spätestens 90 Minuten vor Anpfiff am Neckarstadion eintreffen, den Spielbeginn unter Umständen verpassen dürften.

Andere Ultra-Gruppen kündigten angesichts dieser Voraussetzungen an, das Spiel vollumfänglich zu boykottieren. "Die Sicherheitsmaßnahmen, um das Spiel überhaupt durchführen zu können, verlangen von uns einen großen Verzicht auf elementare Bestandteile der Fan- und Stadionkultur und lassen es nicht zu, unsere Art Ultras zu leben", heißt es von den Gruppen Schwabensturm, Schwaben Kompanie und Crew 36. Die Ultras betonen weiter, dass der Schritt lediglich mit den Sicherheitsmaßnahmen zusammenhänge und nicht auf den Gegner an dem Abend gemünzt sei. "Wären die Spiele gegen Feyenoord Rotterdam oder Celta Vigo unter denselben Bedingungen ausgetragen worden, hätten wir auch auf diese beiden Europapokalspiele verzichtet."

Nicht nur bei den Ultras, auch in anderen Bereichen des Stadions dürften sich Lücken bei den Zuschauern zeigen. Im nur für Mitglieder zugänglichen Verkauf sind weiterhin außergewöhnlich viele Tickets zu haben. Bei einem im Heimbereich zuletzt immer restlos ausverkauften Stadion eine Seltenheit.

Ausschreitungen bei Maccabi-Spiel in Amsterdam

Die Befürchtungen vor einer Eskalation in Bad Cannstatt werden auch mit Ereignissen in der jüngeren Vergangenheit begründet. Vor 13 Monaten war es beim Gastspiel bei Ajax Amsterdam zu Ausschreitungen gekommen, die für Schlagzeilen sorgten. Israelische Fans wurden gezielt angegriffen, vor allem propalästinensische Jugendliche verfolgten und misshandelten sie. Bei Zusammenstößen vor dem Spiel sollen auch Maccabi-Anhänger provoziert haben. In Stuttgart werden zwischen 1000 und 2000 Fans im Gäste-Bereich erwartet.

Die Anhänger auszuschließen, hielt der VfB nicht für geeignet. Beim Spiel von Maccabi in Birmingham gegen Aston Villa war ein Ausschluss wegen Sicherheitsbedenken zunächst angekündigt worden. Nach einem Hin und Her verzichtete Maccabi am Ende auf das Gästekontingent. Auch beim SC Freiburg wird Maccabi in der Europa League zu Gast sein. Auch dort sollen die israelischen Fans dem Spiel beiwohnen dürfen.

Am Ende soll der Sport im Neckarstadion im Mittelpunkt stehen. So wünscht es sich zumindest die VfB-Spitze. "Die MHP Arena ist und bleibt ein Ort des Fußballs", sagte VfB-Vorstandschef Alexander Wehrle. "Fußball soll verbinden und nicht trennen." Doch ohne Spuren wird die Aufrüstung des Stadions zur Festung an dem Spiel auf dem Platz nicht vorbeigehen.

Quelle: ntv.de, lme/dpa

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