Blitz-Aus, Dopingvorwurf, Machos Russland verpatzt Confed-Cup-Mission total
25.06.2017, 14:28 Uhr
Der Confed Cup wurde für Russland sportlich zur Blamage. Die Dopingvorwürfe verschlechtern die Stimmung weiter.
(Foto: imago/Fotoarena)
Das Vorrunden-Aus beim Confed Cup trifft Russland hart, zudem leistet sich Nationalcoach Tschertschessow einen peinlichen Macho-Ausfall. Noch unangenehmer könnte für Russland aber ein Bericht über Doping im Nationalteam bei der WM 2014 werden.
Kritische Fragen zum frühen K.o. bei der WM-Generalprobe wehrte Stanislaw Tschertschessow mit einer peinlichen Macho-Attacke ab. Der Nationaltrainer und der russische Fußball dürften aber bald in viel größere Erklärungsnot geraten. Einem Bericht der britischen "Mail on Sunday" zufolge soll der Weltverband Fifa wegen des Doping-Verdachts gegen den kompletten russischen Kader der WM 2014 und elf weitere Profis ermitteln.
Es bestehe der Verdacht, dass auch das Fußball-Team vom institutionellen Dopingsystem im Riesenreich betroffen war. Ein Jahr vor dem Startschuss fällt damit ein weiterer Schatten auf die ohnehin umstrittene Weltmeisterschaft in Russland. Sollten sich die Kernaussagen des Medienberichts mit der Überschrift "Der Doping-Kader" bestätigen, wäre das ein Skandal mit ungewissen Folgen.
"Es gab nie und es wird nie ein Problem mit Doping in unserem Fußball geben. Unser Team wird ständig getestet, sie müssen sich nach jedem Spiel Dopingkontrollen unterziehen", sagte dagegen Russlands Vize-Premierminister Witali Mutko der Nachrichtenagentur Tass. Der WM-Cheforganisator und Fußball-Verbandschef bezeichnete die Vorwürfe als "Blödsinn". Die Fifa teilte wenig konkret mit, man prüfe in enger Zusammenarbeit mit der Welt-Anti-Doping-Agentur Wada "die Anschuldigungen gegen Fußballspieler im sogenannten McLaren-Report". Der Weltverband betonte, alle Spieler der WM 2014, auch alle Russen, hätten sich Trainingskontrollen vor und Wettkampfkontrollen während des Turniers unterziehen müssen. Allesamt seien negativ gewesen, genau wie alle bislang beim Confed Cup durchgeführten Blut- und Urintests.
34 Spieler unter Dopingverdacht
Worum geht es? Die 23 WM-Spieler und elf weitere Profis sollen auf einer Liste von insgesamt 1000 Personen stehen, die mit Doping in Verbindung gebracht werden. Sechs Spieler aus dem WM-Team von Brasilien standen auch im Kader für den Confed Cup. Der "Mail on Sunday" liegen angeblich auch E-Mails des ehemaligen Leiters des Moskauer Anti-Doping-Labors, Grigori Rodschenkow, vor. Darin soll das von staatlicher Ebene angeordnete Vertuschen von positiven Befunden offen zur Sprache kommen. Bislang waren Russlands Fußballer von konkreten Doping-Vorwürfen weitestgehend verschont geblieben.
Fußballboss Mutko tat die Vorwürfe als Medienkampagne ab: "Achten Sie nicht darauf, sie (die britischen Medien) schreiben seit 2010 negativ über uns. Sie schreiben irgendwelchen Blödsinn." Damals hatte Russland die WM 2018 unter anderem gegen Mitbewerber England erhalten. Die Vergabe steht unter Korruptionsverdacht. Mutko gilt als enger Vertrauter von Präsident Wladimir Putin und Drahtzieher des staatlich organisierten Dopingsystems in Russland. Nach dessen Aufdeckung wurde er von Putin vom Sportminister zum stellvertretenden Ministerpräsidenten befördert.
Bei der WM 2014 in Brasilien hatte Russland sportlich enttäuscht, die sieglose Sbornaja flog schon nach der Vorrunde raus. Ebenso chancenlos war Russland bei der EM zwei Jahre später in Frankreich, und auch zu Hause beim Confed Cup scheiterte das Team nun schon in der Gruppenphase. Die Nerven liegen entsprechend blank.
"Haben Sie Blutdruck, oder was?"

Russlands Nationalcoach Stanislaw Tschertschessow mutierte nach dem Vorrunden-Aus zum Bilderbuch-Macho.
(Foto: REUTERS)
Nach dem 1:2 zum Abschluss gegen Mexiko kanzelte Nationalcoach Tschertschessow die ARD-Reporterin Jessy Wellmer mit einem Macho-Spruch ab. "Druck? Haben Sie Blutdruck, oder was? Wenn solche Männer neben Ihnen stehen, kommt der Blutdruck hoch", sagte der frühere Torwart von Dynamo Dresden. Dabei fasste er die Reporterin leicht an den Oberarm und grinste zu Interviewpartner Kevin Kuranyi herüber. Wellmer hakte nach - und kassierte von Tschertschessow einen Anranzer. "Typisch deutscher Journalist", sagte der 53-Jährige: "Ich habe in Polen gearbeitet, da gab es immer nur ein Wort: Problem, Problem, Problem. In Deutschland ist es Druck, Druck, Druck."
In Russland dürfte das nicht anders sein, weil sich die Politik stark einmischt. Parlamentsvizepräsident Igor Lebedew empfahl den Spielern öffentlich, Gelb-Rot-Sünder Juri Schirkow, der gegen Mexiko in der 68. Minute wegen eines Ellenbogenschlags vom Platz musste, in der Kabine zu verprügeln. WM-Gastgeber Russland wollte den Confed Cup eigentlich nutzen, um positive Schlagzeilen zu schreiben. Diese Mission ist gründlich missglückt, auch wenn Fußballboss Mutko beteuerte: "Mir gefällt die Mannschaft, die Tschertschessow aufbaut. Mir gefällt ihre Einstellung."
Quelle: ntv.de, cwo/sid