Schiri schaltet Polizei ein Sascha Stegemann nach Skandal von Bochum bedroht
30.04.2023, 14:23 Uhr
Schiedsrichter Sascha Stegemann steht im Rampenlicht und wird bedroht, sagt er.
(Foto: IMAGO/Uwe Kraft)
Der ausbleibende Elfmeterpfiff beim Unentschieden zwischen Bochum und dem BVB schlägt weiter hohe Wellen. Beim DFB zeigt man mit dem Finger auf Schiri Stegemann, der deutet auf den Kölner Keller. Und einige Menschen bedrohen ihn. Er wendet sich an die Polizei. BVB-Boss Watzke ist erschüttert.
Am Tag danach gestand Sascha Stegemann geknickt seinen Fehler ein, Borussia Dortmund schäumte nach dem Ausrutscher im Titelrennen vor Wut, und selbst seine Bosse gaben dem Schiedsrichter die Schuld. Nach Drohungen und Anfeindungen stellte der unfreiwillige Hauptdarsteller Strafanzeige - und auch der BVB bemühte sich um Mäßigung.
"Ich habe großes Verständnis für die Emotionen am Freitagabend", sagte Stegemann zwei Tage nach dem Dortmunder 1:1 (1:1) im kleinen Revierderby beim VfL Bochum im Fußball-Talk "Doppelpass" bei Sport1 und berichtete dann, am Samstag sei "meiner Familie und mir sehr konkret gedroht" worden. Zuvor hatte bereits BVB-Boss Hans-Joachim Watzke die Attacken in den Sozialen Medien gegen den Schiedsrichter als "nicht einmal im Ansatz zu tolerieren" bezeichnet.
Schweigen am Freitag, Medienmarathon am Samstag
Doch die entscheidende Frage blieb unbeantwortet: Was machte eigentlich der Kölner Keller, als ein ausbleibender Pfiff die Entscheidung um die deutsche Meisterschaft beeinflusste? "Beschissen" fühlte sich Stegemann, als er nach einer "kurzen Nacht" einen regelrechten Medienmarathon absolvierte. Nach dem Foul von Danilo Soares an Karim Adeyemi wäre "ein Strafstoßpfiff angebracht" gewesen, er habe die "Situation falsch gelöst", sagte Stegemann dem ZDF.
BVB-Stürmer Adeyemi habe aus seiner Sicht den Kontakt und den Elfmeter "gesucht", erklärte er bei WDR2, "deswegen habe ich auf den Strafstoßpfiff verzichtet". Der Videoassistent Robert Hartmann sei "zu dem Ergebnis gekommen, dass es sich nicht um eine klare und offensichtliche Fehlentscheidung handelt", sagte Stegemann. Deshalb sei er nicht aufgefordert worden, sich die Szene noch einmal auf dem Monitor anzusehen. "Es wäre besser gewesen, noch mal einen Blick zu nehmen", gab er zu.
DFB mit Stegemann-Schelte
Genau das hatte BVB-Sportdirektor Sebastian Kehl bei seinem Besuch in der Schiedsrichterkabine und nachher vor Journalisten in den Katakomben des Ruhrstadions gefordert. "Der Videoschiedsrichter muss sagen, es ist diskutabel, und dann muss er rausgehen und es sich anschauen", sagte der Ex-Nationalspieler, der seine Kritik ruhig und sachlich begann und dann demonstrativ die Lautstärke hochdrehte. Nicht auf den Videobeweis zurückzugreifen, sei "absolut fahrlässig, feige und komplett falsch". Sein Fazit: "Heute ist es nicht mit rechten Dingen zugegangen."
Die Sportliche Leitung der DFB-Schiedsrichter schob am Samstag aber Stegemann und nicht Hartmann den Schwarzen Peter zu. "Die Erwartungshaltung muss bleiben, dass solche Vorgänge vom Schiedsrichter auf dem Platz richtig entschieden werden, ohne dass eine Unterstützung durch den Video-Assistenten notwendig wird", hieß es in einer Presseerklärung. Und auch Stegemann selbst übernahm diese Wortwahl. Am Sonntag berichtete er, Hartmann gehe es "genauso wie mir".
Schiedsrichter denkt über Pause nach
Pikant: Vor einem halben Jahr hatte der Schiedsrichter aus Niederkassel einen Elfmeter gegen Dortmund nach einem Foul von Adeyemi nicht gepfiffen und ebenfalls nicht auf die Videobilder geschaut - der BVB siegte damals in Frankfurt 2:1. Schon damals war der Wirbel groß. Jetzt will Stegemann "die Dinge sacken lassen", um dann zu entscheiden, "ob eine Pause Sinn macht".
Bei allen hitzigen Diskussionen um den Schiedsrichter und dessen Fehler - die Dortmunder hatten noch zwei weitere gesehen - ging am Freitagabend in Bochum weitgehend unter, dass der BVB nach dem frühen 0:1 durch Anthony Losilla (5.) und dem Ausgleich durch Adeyemi (7.) Chancenwucher betrieb. Nach dem sechsten Pflichtspiel in Folge auswärts ohne Sieg - nach dem 2:2 bei Schalke 04 und dem 3:3 beim VfB Stuttgart zum dritten Mal bei einem Abstiegskandidaten - machte Dortmund die unverhoffte Gelegenheit auf den ersten Meistertitel seit elf Jahren womöglich selbst schon wieder zunichte. "Es ist für uns eine einmalige Chance", klagte Trainer Edin Terzić, "es ist vielleicht für mich eine einmalige Chance in meinem Leben, so nah an die Meisterschale zu kommen."
Quelle: ntv.de, sue/sid