Fußball

Tedesco findet's geil Schalke steht am Scheideweg zur Krise

Tedesco findet den Holperstart bei Schalke spannend - wirkt aber nicht wirklich entspannt.

Tedesco findet den Holperstart bei Schalke spannend - wirkt aber nicht wirklich entspannt.

(Foto: dpa)

Nach zwei Niederlagen zum Auftakt stehen für den FC Schalke 04 ebenso wegweisende wie schwere Begegnungen in Fußball-Bundesliga und Champions League an. Droht dem Tabellenzweiten des Vorjahres ein Absturz?

Die Lockerheit ist den Verantwortlichen des FC Schalke 04 in der Länderspielpause offenbar nicht abhandengekommen. Trotz der beiden Auftaktniederlagen beim VfL Wolfsburg (1:2) und daheim gegen Hertha BSC (0:2) zeigten sich Trainer Domenico Tedesco und Manager Christian Heidel vor der Partie in Mönchengladbach (an diesem Samstag ab 18.30 Uhr im Liveticker bei n-tv.de) am dritten Spieltag der Fußball-Bundesliga entspannt und auskunftsfreudig.

Angesichts des wenig erfreulichen Zwischenstandes und dem strapaziösen Programm mit sieben Spielen in drei Wochen - darunter zwei Champions-League-Partien gegen Porto und in Moskau sowie das Heimspiel gegen den Meister aus München - ist das erstaunlich. Schließlich bewegen sich beide in dem wohl heikelsten und nervösesten Umfeld der Liga. Zwei Niederlagen hintereinander lösen da schon mal eine Existenzkrise aus. Und nun droht nichts weniger als ein Absturz, sollte das Team nicht rasch in die Erfolgsspur zurückfinden. Da könnte man unruhig werden, doch für den Coach ist das weniger ein Problem als vielmehr eine Herausforderung. "Das ist gerade eine richtig spannende Zeit hier", sagt Tedesco. "Ich finde das geil."

Gut möglich, dass er diese Sichtweise exklusiv hat und wohl kaum mit der ungezählten Anhängerschaft des Klubs teilt. Dieser Wolf heult einsam, so sagt man. Und Aussagen wie diese könnte man ihm übelnehmen, wenn die kommenden Begegnungen nicht gewonnen werden. Das geht rasch am Schalker Markt, auch wenn Tedesco seit der Vizemeisterschaft rund um die Arena Heldenstatus genießt. Unantastbar ist er deshalb nicht. "Wir hätten uns die Situation auch anders gewünscht", sagt er, verweist aber darauf, dass alle im Team die Situation "annehmen, wie sie ist, und engagiert wie immer arbeiten".

Zäh und ermüdend

Das sollten sie auch. Schon die Aufgabe bei der Gladbacher Borussia ist knackig. Der Gegner ist deutlich besser gestartet und mit vier von sechs möglichen Punkten in der Tabelle dort, wo die Schalker gerne wären. Allerdings konnte Trainer Dieter Hecking auf einen nahezu unveränderten Personalstand zurückgreifen. Da funktionieren Abläufe, das Positionsspiel stimmt und mit zahlreichen Offensivspielern, die sowohl auf den Außenpositionen als auch im Strafraum durchsetzungsstark sind, werden die Knappen alle Füße voll zu tun bekommen.

Böser Patzer in Wolfsburg: Schalkes Salif Sané, der aus Hannover kam.

Böser Patzer in Wolfsburg: Schalkes Salif Sané, der aus Hannover kam.

(Foto: imago/Norbert Schmidt)

"Wir wissen sehr wohl, wie wir den Gegner knacken können", sagt Tedesco, bittet aber sogleich um Verständnis, dass er dazu öffentlich "nichts sagen" wolle. Nur so viel verrät er: Man wolle die Werte wieder nach oben schrauben und bezog sich dabei auf die Laufleistung, die Zweikämpfe und die Luftduelle. Dass sich etwas ändern muss, haben die ersten beiden Spiele deutlich gemacht. Schalke wirkte bisweilen wie bei einem Vorstellungsgespräch: Die Mannschaft war gut vorbereitet, es kamen aber die falschen Fragen dran. Vielleicht auch, weil die Gegner mittlerweile wissen, wie sie Tedescos Plan beikommen können.

Das Angriffsspiel, ohnehin nicht die Domäne der Gelsenkirchener, wirkte zäh und ermüdend. Torchancen arbeiteten sie sich kaum heraus. Das Zustandekommen der drei Tore in drei Pflichtspielen ist signifikant. Zwei Elfmeter und ein Eigentor reichen eben nicht aus, um Anspruch und Wirklichkeit zur Deckung zu bringen. Dabei ist die offensive Qualität im Kader groß. "Wir müssen unsere Stürmer aber auch füttern", fordert Tedesco. So aber, um im Bild zu bleiben, droht den Angreifern wie Guido Burgstaller, Breel Embolo und auch dem engagierten Mark Uth die Gefahr, zu verhungern.

Goretzkas Abgang schmerzt

Goretzka fehlt dem Schalker Spielaufbau.

Goretzka fehlt dem Schalker Spielaufbau.

(Foto: imago/Jan Huebner)

Auch in der Defensive gibt es plötzlich Probleme. Da passieren Dinge, die in der vergangenen Saison undenkbar gewesen wären. Dabei sollte mit der Verpflichtung von Salif Sané von Hannover 96 die Abwehr, in der vergangenen Spielzeit das Fundament der Schalker Renaissance, noch weiter gestärkt werden. Es drängte sich die Hoffnung auf, dass angesichts solcher Verteidiger bald kein Angreifer mehr die Nähe zur Gelsenkirchener Box suchen würde. Das erwies sich als trügerisch. Sané machte in Wolfsburg den entscheidenden Fehler zum 0:1, Aushilfsverteidiger Weston McKennie leitete mit seinem Aussetzer gegen die Berliner Hertha die Niederlage ein. Ganz offensichtlich können bislang die Verpflichtungen nicht die Lücken schließen, die die Ausfälle hinterlassen haben.

Gerade in der Defensive war der Aderlass gewaltig. Thilo Kehrer ging für sagenhafte 37 Millionen Euro nach Paris, Benjamin Stambouli ins Krankenlager. Und als dann auch noch Matija Nastasic Rot sah, war der Bestand aufs Minimum geschrumpft. Auch im Spielaufbau ist die Lücke, die Leon Goretzka mit seinem Wechsel zum FC Bayern hinterlassen hat, weit schwerer zu füllen als angenommen. Seine kraftvollen Offensivläufe fehlen. Und die Neuen, sagt Tedesco, "brauchen noch Zeit". Das Gras wächst eben nicht schneller, auch wenn man daran zieht.

Manch einer fühlt sich schon an den Katastrophenstart vor zwei Jahren erinnert, als das Team unter Trainer Markus Weinzierl gleich fünf Mal in Folge verlor. Dieses gespenstische Szenario aber weist Heidel weit von sich. "Damals war vieles neu auf Schalke, heute ist das sehr gesettelt", sagt der Manager. "Wir wissen genau, was bislang schief gelaufen ist, deshalb bleiben wir ruhig und optimistisch." Damit aber auch die Fans entspannt bleiben, müssen die Knappen Tore schießen - und endlich gewinnen.

Quelle: ntv.de

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