Fußball

Sechs Lehren des 29. Spieltags Schalke wird männlich, Vidal richtig wild

Arturo Vidal fühlt sich und sein Spiel falsch verstanden.

Arturo Vidal fühlt sich und sein Spiel falsch verstanden.

(Foto: imago/ActionPictures)

Der FC Bayern hat mit Arturo Vidal einen "Krieger" im Kader, gegen Stuttgart nimmt der seinen Spitznamen wortwörtlich. Beim HSV kippt die Laune, Schalke feiert Schweinehunde, Hahn heult - und Bremen und Frankfurt fast.

1. Vidal will doch nur spielen,…

… das sagt Matthias Sammer. Und wer könnte das besser beurteilen als der Sportvorstand des FC Bayern München? Sammer, der Feuerkopf, auf dem Platz früher stets gut für eine knackige Grätsche und auch im Gespräch mit den Medien bis heute ein knallharter Abräumer. Doch warum sagt Sammer das? Nun, weil es der zuletzt so formstarke Anführer Arturo Vidal mit dem Spielen am Samstag in Stuttgart (3:1) ein bisschen übertrieben hat. Binnen fünf Minuten legt "König Arturo" gleich drei Gegenspieler unfair auf den Rasen – kassiert dafür Gelb und bettelt um Rot. Um Schlimmeres zu verhindern, legt Trainer Josep Guardiola seinen Kettenhund an die Leine und wechselt ihn aus – Majestätsbeleidigung nach 27 Minuten.

Arturo Vidal erklärt das Dilemma, in dem er steckt: "Das Problem ist, dass die Schiedsrichter das ab und an anders sehen und mir gleich mal die Gelbe Karte zeigen."

Arturo Vidal erklärt das Dilemma, in dem er steckt: "Das Problem ist, dass die Schiedsrichter das ab und an anders sehen und mir gleich mal die Gelbe Karte zeigen."

(Foto: imago/Ulmer)

Vidal schmollt, fühlt sein Spiel falsch verstanden: "Das Problem ist, dass die Schiedsrichter das ab und an anders sehen und mir gleich mal die Gelbe Karte zeigen. So wie heute. Und das, obwohl ich den Ball am Fuß hatte. Als ich die Kugel berühren wollte, hat er seinen Fuß hineingestellt und mich antizipiert. Aber alles in allem war es ein normaler Zweikampf." Oder wie Dortmunds Neven Subotic es ausdrücken würde: "Er muss ja nicht unbedingt dahin laufen, wo ich hingrätsche." Na bitte, was soll eigentlich diese ganze Aufregung?

2. Schalker packen den Schweinehund aus

Halten wir Folgendes fest: André Breitenreiter hat einen prima Kader beieinander. Zumindest charakterlich. All seine Jungs lädt er gerne zum Grillen ein. Das ist schon mal wichtig, weil männlich. Eine Eigenschaft, die der Trainer seinen Burschen nach dem krachenden 0:3-Peitschenhieb gegen Ingolstadt indirekt abgesprochen hatte, als er nämlich sagte: "Ich erwarte auf dem Platz auch mal Schweinehunde, die gegen Widerstände angehen." So wurde das Revierderby gegen Borussia Dortmund (2:2) zum Testosterontest in Königsblau.

Schalker? Echte Männer, dattse sind!

Schalker? Echte Männer, dattse sind!

Und das Ergebnis? Nun, ein bisschen bestanden haben sie schon, urteilte unser Kollege vor Ort. Aber überlassen wir die detaillierte Auswertung gerne auch dem Fachpersonal. Der über jeden Fall Zweifel erhabene Testosteron-Hauptmann der Knappen, Keeper Ralf Fährmann, erklärte rhetorisch noch etwas hölzern: "Wir waren echte Männer, die ihren Mann auf dem Platz gestanden haben." Und wie sieht das Grillwart Breitenreiter? Nun, er ist zufrieden: "Die Jungs haben die richtige Antwort gegeben." Männlichkeitskrise abgewendet, also Grill an und genießen, ihr Schweinehunde!

3. Hört auf mit dem Geheule!

Liebe Bundesliga-Klubs, hackt doch bitte nicht immer auf dem FC Ingolstadt rum! Dieses Rumgejammer nervt. Ende Februar hatte sich HSV-Spielmacher Lewis Holtby über den Aufsteiger echauffiert: "Das Spiel besteht daraus, dass sie herumblöken und sich fallenlassen. Das ist eine ekelhafte Mannschaft." Nun legt Mönchengladbachs André Hahn nach: "Man kann hier in Ingolstadt einfach keinen Fußball spielen. Die kriegen den Ball und kloppen den dann nach vorne in unsere Hälfte. Dann machen sie unsere Hälfte ziemlich dicht und da konnten wir spielerisch nicht viel machen." Nun, Folgendes dazu: Holtby moserte nach einem schmalen 1:1 gegen den FCI, Hahn ätzte nach einer 0:1-Niederlage im Audi-Sportpark.

So, meine Herren, das klingt nach ziemlich viel Frust, vor allem über die eigene Unzulänglichkeit, die Hasenhüttl-Elf in die Schranken zu weisen. Die spielt indes eine furiose Saison, hat fünf Spieltage vor der Endabrechnung 39 Punkte und damit den Klassenerhalt ziemlich sicher gebucht, will aber dennoch weiter am Spielbetrieb teilnehmen, wie Trainer Ralph Hasenhüttl der völlig empörten Konkurrenz am Sky-Mikrofon mitteilte. "Ich weiß, dass das jetzt eigentlich reicht. Aber wir hören trotzdem nicht auf zu spielen." Nächster Halt für die oberbayrische Ekelbande: Darmstadt. Wir horchen auf! Ausgerechnet Darmstadt, Ort des (Ironie bitte nicht überlesen) schäbigen Zeitspiel- und Theatralik-Ensembles von Blutgrätsche-Trainer Dirk Schuster.

4. Angekotzt vom Reiz der Relegation

Die Darmstädter haben offenbar Nerven wie Schiffstaue. Selbst die Wurfattacke eines Chaoten in Hamburg auf den Mannschaftsbus der "Lilien", der eine Scheibe zu Bruch gehen ließ, brachte die Schuster-Elf beim 2:1-Erfolg gegen den HSV nicht aus dem Rhythmus. Für die Gastgeber lässt sich eine ähnliche Nervenstärke dagegen selbst mit Fernglas im Krähennest nicht ausmachen. Der Reiz der Relegation, er lässt die Hamburger einfach nicht los.

Ganz schön mies drauf, der Rene Adler.

Ganz schön mies drauf, der Rene Adler.

(Foto: imago/Revierfoto)

Gegen die Hessen vergaben die Norddeutschen die nächste gute Gelegenheit, sich den Ligaverbleib vorzeitig zu verdienen. Rene Adler findet das, nunja, nicht so toll. Er fauchte in die Mikrofone der Journalisten. "Ich könnte, auf gut Deutsch gesagt, kotzen." Was ihn am meisten nervt? Vermutlich die Einfallslosigkeit seiner angreifenden Vorderleute. Denn die HSV-Offensive aus dem Spiel zu nehmen, geht überraschend einfach – und zwar so: Räume zustellen, fertig. Das wiederum führt zu einer mächtigen Unzufriedenheit. Was wiederum den Trainer ankotzt: "Die Spieler sind zu schnell unzufrieden geworden, weil vieles nicht gelungen ist. Das hat mich genervt." Nächste Woche geht's zum BVB. Die können übrigens eines besonders gut: Räume zustellen. Ach, es ist doch zum Kotzen …

5. Kein Tor reicht nicht

Dieser Fußball schreibt ja allerhand seltsame Geschichten, eine ist: Manchmal muss sich ein Klub vor seinem Retter retten. So wie Hannover 96. Elf Spiele, drei Punkte, Platz 18 zementiert - das reichte dem souveränen Ligaschlusslicht in der Vorwoche, um Thomas Schaaf von seiner Rettungsmission Impossible zu erlösen. Das Ziel für Interimscoach Daniel Stendel lautet: Wenn schon absteigen, dann bitte anständig. Das scheint zu klappen: Mit Stendel kamen in Berlin Selbstvertrauen und Spielfreude zurück und vor allem Tore. Von denen hatten die Hannoveraner unter Schaaf lächerliche vier geschossen, was entscheidend zur katastrophalen Bilanz von 18 Punkten nach 29 Spieltagen beigetragen hat.

"Fußball kann manchmal grausam sein", das hat Eintracht-Coach Niko Kovac einmal mehr erfahren.

"Fußball kann manchmal grausam sein", das hat Eintracht-Coach Niko Kovac einmal mehr erfahren.

(Foto: REUTERS)

Kein Tor reicht nicht, schon gar nicht im Abstiegskampf - diese Erfahrung macht gerade auch Eintracht Frankfurt unter seinem Rettertrainer Niko Kovac. In vier Spielen unter dem Kroaten schoss die Eintracht ein Törchen. Das reichte zum Sieg, weil der Gegner Hannover 96 hieß. Aber: In den anderen drei Partien stand bei den Hessen die Null immer auf der falschen Seite der Anzeigetafel und bei der Zählerausbeute. So wie am Wochenende im Sechs-Punkte-Spiel gegen 1899 Hoffenheim. "Fußball kann manchmal grausam sein und heute hat die bessere Mannschaft verloren", klagte Kovac hinterher vor den Mikrofonen, die Fans im Stadion klagten derweil auf den Barrikaden. Zwar war ihrem Team anzumerken, dass es unter der Woche eigens das Offensivspiel geübt hatte. Doch die Chancen, die daraus resultierten, vergab Frankfurt kläglich. Wenn in den restlichen fünf Saisonspielen noch der Sprung von Rang 17 auf mindestens Platz 16 glücken soll, hilft der Eintracht nur eins: Abschlusstraining. Und zwar jeden Tag. Oder die Rettung vorm Retter.

6. Die Bremer Hoffnung rostet

Nicht nur der Traditionsklub Eintracht Frankfurt flirtet mit dem Abstieg, auch Bremen zittert. Werder liefert sich bei 28 Punkten ein Schneckenrennen mit den Hessen (27 Zähler) um Relegationsrang 16, was am 34. Spieltag zum großen Abstiegsendspiel führen könnte: Dann treffen beide Teams in Bremen direkt aufeinander und werden für einen finalen Leckerbissen sorgen. Stand jetzt ist Frankfurt das schlechteste Auswärtsteam und Bremen die drittschlechteste Heimmannschaft, was auch beim 1:2 (1:0) gegen den FC Augsburg zu besichtigen war. Auch wenn die Hoffnung auf den Klassenerhalt in Bremen langsam Rost ansetzt, darf der angezählte Trainer Viktor Skripnik weitermachen. Nach seinem trotzigen "Ich entlasse mich nicht selbst" vom Samstag stellte nun Werder-Manager Thomas Eichin klar: Er entlässt ihn auch nicht, also noch nicht, denn am Saisonende wird der Ukrainer laut "Kreiszeitung Syke" auf jeden Fall gehen müssen. Bis dahin wolle man gemeinsam weiterwurschteln, kündigte Eichin bei Sky an, natürlich mit feinerer Wortwahl, nämlich: Den Klassenerhalt wolle man "zusammen meistern."

Quelle: ntv.de

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