Sechs Dinge, die wir am 4. Spieltag gelernt haben Schalkes Gangster scherzen, Klopp obenauf
02.09.2013, 12:33 Uhr
"Ihr müsst rennen, bis ihr kotzt": Sagt Schalkes Neuer Kevin Prince Boateng, hier in der Mitte zwischen den Kollegen Adam Szalai und Felipe Santana.
(Foto: imago sportfotodienst)
Beim FC Schalke haben sie wieder gute Laune, Manager Horst Heldt schlägt dem Team nach dem Sieg gegen Leverkusen vor, mit Dennis Aogo nach Mallorca zu jetten. Derweil thront der BVB an der Spitze der Fußball-Bundesliga.
1. Viel Geld schießt viele Tore - zeigt Mkhitaryan
Nichts, was wir nicht schon wussten. Aber Jürgen Klopp hat's freundlicherweise noch einmal bestätigt. In der Partie der Borussia aus Dortmund bei der Eintracht in Frankfurt schießt Henrikh Mkhitaryan vor 51.000 Zuschauern die beiden Tore zum 2:1-Sieg des Tabellenführers. Und der Trainer sagt hinterher: "Joa, wie die Jungs halt kicken, die so teuer sind." 27,5 Millionen Euro hatte der BVB an Schachtjor Donezk für den Armenier überwiesen, um den zum FC Bayern München desertierten Mario Götze zu ersetzen. Schon am ersten Spieltag hatte Pierre-Emerick Aubameyang beim 4:0-Sieg in Augsburg dreimal getroffen. Der gabunische Nationalspieler hatte gut 13 Millionen Euro gekostet. Und die Dortmunder haben nun nach vier Spieltagen als einzige Mannschaft zwölf makellose Punkte auf dem Konto. Zwei Zähler vor den Bayern. Die Saison ist gelaufen - oder?
2. Die Schalker haben wieder Spaß - dank Boateng und Aogo
In Gelsenkirchen haben sie wieder richtig gute Laune. Erstaunlich, wie schnell das geht, aber die Schalker haben sich mit ihrem Sieg über Bayer Leverkusen anscheinend selbst überrascht. Manager Horst Heldt jedenfalls ist wieder zu Scherzen aufgelegt. Hatte er doch kurz vor Toresschluss auf dem Transfermarkt zugeschlagen, Kevin Prince Boateng und Dennis Aogo geholt. Worüber nicht zuletzt Trainer Jens Keller sehr froh ist. "Beide Verpflichtungen haben uns sehr gut getan, es sind genau die Leute, die wir brauchen." Boateng hat jetzt nicht überragt, aber: Präsenz! Und er ist der vielbeschworene Leader, ein erfahrener Mann, der die Kollegen anleiten kann. Und nimmt die Rolle an: "Ich habe den Jungs gesagt: Ihr müsst rennen, bis ihr kotzt, so gewinnt man ein Spiel." Sein Teamkollege Felipe Santana konstatierte angesichts der unübersehbar tätowierten Neulinge: "Wir haben jetzt eine richtige Gangstertruppe." Für die gute Leistung gegen enttäuschende und enttäuschte Leverkusener gibt's für die Schalker zwei freie Tage, was Heldt gegenüber der "Westdeutschen Allgemeinen Zeitung" zu der Bemerkung veranlasste: "Alle hängen sich an Dennis dran und gucken mal, wo es hingeht." Aogo, das ist der, den sie beim Hamburger SC suspendiert hatten, weil er seine Freizeit auf Mallorca verbrachte. Nur einer war ob der guten Laune wenig amüsiert. Bayers Sportdirektor Rudi Völler motzte: "Die Zuschauer haben ja schon geklatscht, wenn die Schalker zehn Meter am Tor vorbeigeschossen haben."
3. Wenig Geld trifft aber auch - zeigt Calhanoglu
Wir wollen hier nicht die unseligen Peanuts zitieren und natürlich sind 1,3 Millionen Euro auch in der Welt des Profifußballs Geld. Aber der Hamburger SV kann sich glücklich schätzen, die für einen Mann namens Hakan Calhanoglu ausgegeben zu haben. Der 19 Jahre alte türkische Nationalspieler kam vom Karlsruher SC. Dort hatte er als gewählter Drittligaspieler des Jahres maßgeblich dazu beigetragen, dass die Mannschaft nun wieder in der zweiten Liga spielt, unter anderem mit 17 Treffern. Nun erzielte Calhanoglu gegen Eintracht Braunschweig bei seinem Elf-Minuten-Einsatz seine ersten beiden Tore in der Bundesliga - und die waren wirklich schön, vor allem der Freistoß, den er in letzter Minute in des Gegners Tor zirkelte. Ganz Musterschüler, war er nach Treffer Nummer eins über den halben Platz in die Arme von Trainer Thorsten Fink gesprintet. "Mit meinem Jubel wollte ich mich bei ihm für sein Vertrauen bedanken."
4. Die Bayern denken international
Wenn Josep Guardiola einen Plan hatte, dann ist er wohl aufgegangen. Zwar spielte sein FC Bayern am vergangenen Dienstag in der vorgezogenen Partie beim SC Freiburg nur Unentschieden, dafür gewannen die Münchner am Freitag drauf in Prag gegen den FC Chelsea den europäischen Supercup, wenn auch denkbar knapp. So weit, so gut für die Bayern. Dennoch mehren sich die Stimmen, dass die Taktikexperimente des Trainers nicht so greifen, wie er sich das vorstellt. Ob in Freiburg, wo die 1b-Elf mit einem frechen und leidenschaftlichen Gegner arge Probleme nicht nur mit der Chancenverwertung hatte, ob gegen Chelsea, wo Rechtsverteidiger Philipp Lahm als Sechser im Mittelfeld nicht dafür sorgte, dass die Defensive einen sicheren Eindruck hinterließ. Das Problem ist nicht neu, seit Jahren sind es die Bayern gewohnt, auf mehreren Hochzeiten zu tanzen. Aber die Teams aus der Bundesliga, die vor oder nach einem Spieltag in der Champions League auf die Münchner treffen, dürften das Geschehen in Freiburg mit Interesse verfolgt haben.
5. Braunschweig hat ein echtes Problem
Sie waren bereit, wie Trainer Torsten Lieberknecht es vor der Partie formulierte, "unsere Jungfräulichkeit in Hamburg abzulegen". Am Ende aber siegte der HSV mit 4:0 und die Braunschweiger standen auch nach dem vierten Spiel mit leeren Händen da. Ein wenig drängt sich der Eindruck auf, dass Deutschlands Eliteliga mit dem Aufsteiger aus Niedersachsen die neue SpVgg Greuther Fürth in ihren Reihen hat. Lieberknecht jedenfalls war bedient und tobte sich mit einer Kritik an den Schiedsrichtern aus: "Du bist dieser kleine Piss-Verein, der auch bei den Schiedsrichtern nicht die Wahrnehmung hat. 50:50-Entscheidungen fallen immer für den Großen aus. Das kotzt mich an." Kann aber auch sein, dass sie verloren haben, weil sie schlecht waren: Keine Durchschlagskraft im Angriff, keine Ordnung in der Abwehr und dazu ein unsicher wirkender Torhüter Daniel Davari - da gewinnen selbst die Hamburger. Hilft wohl nur noch ein Blick in die Geschichtsbücher: In der Saison 2011/2012 fuhr der FC Augsburg als Aufsteiger erst in der neunten Partie den ersten Sieg ein. Am Ende der Spielzeit belegten sie Platz 14 - und waren gerettet. Allerdings hinkt dieser Vergleich: Immerhin erreichten die Augsburger seinerzeit an den ersten acht Spieltagen viermal ein Remis. Und der Sportinformationsdienst weiß zu berichten: Erst zum dritten Mal in der Bundesligageschichte startet mit der Eintracht ein Aufsteiger mit vier Niederlagen. Hansa Rostock stieg 2007/2008 ab, Hannover blieb 2002/2003 drin.
6. Hoffenheim kann nur Spektakel, Gladbach und Stuttgart drehen auf
"Wir können nur Spektakel", sagt Hoffenheims Trainer Markus Gisdol. Stimmt. Beim wiedererstarkten VfB Stuttgart mit dem neuen Übungsleiter Thomas Schneider setzte es ein 2:6. Am Spieltag zuvor gab es ein 3:3 gegen den SC Freiburg, davor hatten die Hoffenheimer mit 5:1 in Hamburg gewonnen und gegen Nürnberg 2:2 gespielt. Ergibt ein Torverhältnis von 12:12 - und das nach vier Spieltagen. Unterhaltungstechnisch sind die Hoffenheimer, die sich in der vergangenen Saison erst in der Relegation gegen den 1. FC Kaiserslautern die Erstklassigkeit retteten, unwidersprochen eine Bereicherung für die Bundesliga. Was Gisdol nicht erfreuen konnte, der nach der Packung beim VfB von einem "absolut gebrauchten" Tag sprach.
Und die Stuttgarter? Waren ähnlich euphorisiert wie die Schalker. "Das war überragend, einfach Wahnsinn", sagte Kollege Schneider nach seinem Einstand als Nachfolger von Bruno Labbadia. Fußball kann so einfach sein. Zumindest, wenn der dreifache Torschütze Vedad Ibisevic ihn erklärt: "Wir wussten genau, wie wichtig das Spiel für uns ist, und haben einfach Gas gegeben."
Das dürfte sich auch die Borussia aus Mönchengladbach gedacht haben, zumindest sah das beim 4:1 gegen Bremen so aus. Juan Arango, Raffael, Max Kruse, Patrick Herrmann: Mit zwei Südamerikanern und zwei deutschen Talenten knackten die Gladbacher das Bremer Bollwerk - und weckte Erinnerungen an die Erfolgssaison 2011/2012, als sie am Ende auf Platz vier der Tabelle standen. Sogar das Tor für die Bremer erzielten sie, Havard Nordtveit gelang ein Kopfball wie aus dem Lehrbuch. Nur halt in die falsche Richtung. Ansonsten aber stimmt der Trend. Selbst Trainer Lucien Favre konnte sich ein Kompliment an sein Team abringen: "Ich bin sehr zufrieden. Die Mannschaft hat das Spiel am Ende sehr gut beherrscht."
Quelle: ntv.de