6 Dinge, gelernt am 33. Spieltag Stevens' Sex-Verbot, Pep denkt an Barça
18.05.2015, 10:39 Uhr
"Die Spieler dürfen nur Essen und Trinken, das andere habe ich verboten": Huub Stevens.
(Foto: REUTERS)
Vorletzer Spieltag in der Bundesliga - und Josep Guardiola ist ganz woanders. Huub Stevens Affenbande drängt den Dino HSV an die Klippe, der BVB kriegt die Goldene Schlafmütze und Schalke dreht die unangenehmste Ehrenrunde der Saison.
1. Für Guardiola zählt nur noch die Champions-League
Woran Josep Guardiola wohl gedacht hat an diesem Samstagnachmittag im Breisgau? An Arjen Robbens Wade? An die guten alten Zeiten in Barcelona, als Muskelfaserrisse schneller heilten als Schusswunden beim Terminator 1000? Oder doch daran, wie er Lionel Messi im Champions-League-Finale gegen Turins Abwehrmonster einsetzen würde?
Guardiola wird auf Einladung des Barça-Präsidiums in Berlin auf der VIP-Tribüne sitzen, und es wäre nicht weiter verwunderlich, wenn er das Spiel leidenschaftlicher verfolgen würde als die Partie seiner Bayern in Freiburg. Jeglicher Saisonziele beraubt, verlor der Rekordmeister am 33. Spieltag zum dritten Mal hintereinander in der Fußball-Bundesliga. Das bis dahin letzte Mal, als das passierte, war Guardiola noch beim FC Barcelona - als Spieler. 1998 war das, ein gewisser Giovanni Trapattoni hielt damals eine Pressekonferenz ab, die mit den Worten "Ich habe fertig!" endete. Guardiola sagte am Wochenende nur artig, er hoffe, dass der FC Bayern in der kommenden Saison wieder nach Freiburg kommen darf. Dafür hatte seine Mannschaft mit der Niederlage viel getan, was die restlichen Abstiegskämpfer in Rage brachte, der Vorwurf: Wettbewerbsverzerrung. "In der Regel werden in der Liga alle von den Bayern hingerichtet, plötzlich ist es anders", sagte Hannovers Sportdirektor Dirk Dufner, der das Pech hatte, mit seinem Team relativ früh in der Saison auf die Münchner zu treffen. Sogar Klaus Allofs, mit seinem VfL Wolfsburg schon lange aller Abstiegssorgen ledig, zeigte sich "enttäuscht, wie die Bayern die Punkte herschenken. Ich kann verstehen, dass einige Teams sauer sind." Wir könnten auch verstehen, wenn 96 und all die anderen sauer auf Allofs sind - schließlich hätten die Wolfsburger auch ruhig das Meisterschaftsrennen enger gestalten können.
2. Im Pokalfinale klingelt es früh
An dieser Stelle möchten wir einen wichtigen Hinweis loswerden: Das Pokalfinale am 30. Mai zwischen Dortmund und Wolfsburg beginnt Punkt 20 Uhr. Wenn Sie auf die Idee kommen sollten, kurz vor dem Anpfiff schnell noch Bier von der Tankstelle zu holen - wir können nur eindringlich davor warnen. Sie werden das erste Tor verpassen, genauer: die Führung für Wolfsburg, vorbereitet von Kevin de Bruyne, Torschütze wahrscheinlich Bas Dost. Es kann nicht anders laufen in dieser Saison, in der BVB-Trainer Jürgen Klopp ein Deja-Vu nach dem nächsten erlebt. Bei der Final-Generalprobe in Wolfsburg kassierten seine notorischen Schlafmützen den vierten Gegentreffer in der ersten Spielminute. Eine umso bemerkenswertere Statistik, als es überhaupt in dieser Saison nur sieben Tore innerhalb der ersten 60 Sekunden gegeben hat. Für den VfL dagegen war es das zehnte Mal, dass gleich der erste Torschuss saß – und so nebenbei holte sich Kevin de Bruyne mit seinem 21. Assists den Vorlagen-Rekord der Bundesliga. Am Ende gewann Wolfsburg das Spiel mit 2:1, und Dieter Hecking freute sich noch mehr auf Berlin: "Wenn das der Vorgeschmack auf das Finale war, wird es ein geiles Endspiel."
3. Stevens hat immer noch einen auf Lager
Huub Stevens war Zeit seines Trainerlebens ein Lustkiller, ein Prediger der Enthaltsamkeit, seine Abwehrketten Keuschheitsgürtel wider den Sturm und Drang. "Die Null muss stehen", so lautete seit Menschengedenken das Motto des Spaßverderbers. Und dann das: Mitten im Abstiegskampf lässt er seinen VfB Stuttgart von der Leine, entblößt die Abwehr und entfesselt die Offensive - auf dem Platz, versteht sich. Außerhalb verordnete der Holländer Mäßigung, verriet er vor dem Abstiegsduell gegen den HSV: "Die Spieler dürfen nur Essen und Trinken, das andere habe ich verboten." Im Klartext: Stevens hatte eine Sex-Nulldiät verfügt. Nun ist unklar, ob und wie der Coach seinen Erlass durchgesetzt hat, seine "Affen"-Tirade aus dem Training ()lässt allerdings auf den sogenannten Foucault-Ansatz schließen: Überwachen und Strafen. Gewirkt hat es jedenfalls. Das Spiel gegen Hamburg nach Rückstand gedreht, drei wichtige Punkte geholt und nun den Klassenerhalt in eigener Hand - Stevens steht kurz vor einem weiteren, Hüstel, Höhepunkt seiner Karriere.
4. Uwe Seeler macht sich Sorgen
Stuttgart, 15.42 Uhr: Gojko Kacar schießt den HSV in Führung und zu 35 Punkten. Zeitgleich geht der FC Bayern München in Freiburg in Führung, Stand jetzt wäre Hamburg gerettet. 16.04 Uhr: Freiburg gleicht aus, auch in Stuttgart und Augsburg steht es 1:1 - alles wieder auf Start. 16.06 Uhr: Stuttgart macht das 2:1, steht plötzlich über dem Strich – und der HSV auf Rang 17, auf einem direkten Abstiegsplatz.
Da stand der Hamburger SV auch um 17.20 Uhr, nach einem Rückfall in die schlechtesten Zeiten dieser an schlechten Zeiten wahrlich nicht armen Saison, Mehr noch als vor einem Jahr müssen die Fans den ersten Abstieg der Vereinsgeschichte fürchten – selbst ein Sieg gegen Schalke könnte nicht reichen. Überhaupt haben es die Spielplaner gut gemeint und gleich zwei direkte Duelle am letzten Spieltag beschert. Stuttgart tritt in Paderborn an, Freiburg in Hannover. Alle fünf Vereine können noch direkt absteigen, die Hertha kann noch auf den Relegationsplatz rutschen. Unter bestimmten Bedingungen ist sogar eine Patt-Situation zwischen Hannover und Stuttgart denkbar - der direkte Vergleich würde dann für den VfB entscheiden, 96 wäre abgestiegen. Damit Sie nicht zum Taschenrechner greifen müssen, hier eine Übersicht über alle Konstellationen.
5. Die Bundesliga wird ein Stück langweiliger
Jaja, Glückwunsch, FC Ingolstadt. Der Aufstieg in die Bundesliga ist perfekt und bestimmt auch verdient. Aber so unter uns: Muss das wirklich sein? Braucht Volkswagen so dringend noch ein Marketing-Instrument im Fußball-Oberhaus? Langweilt sich Herr Sanz nicht schon genug, wenn er sich Wolfsburg gegen Hoffenheim angucken muss? Und wie sehr öden diese Spiele erst richtige Fußball-Fans an? Jetzt also auch noch Ingolstadt gegen Leverkusen, hurra. Zu allem Überfluss bringt der Aufsteiger trotz der Audi-Millionen nicht einmal das Schadenfreude-Potential mit, das RB Leipzig verspricht. Wahrscheinlich wird Ingolstadt also so etwas wie der Landwirtschaftsminister der Liga. Man weiß nicht, wie und warum er in seine Position gekommen ist, man kann sich weder Namen noch Gesicht merken - und es ist einem auch herzlich egal.
6. Schalke bleibt ein Unterhaltungsgarant
Immer dieser blinde Hass gegen reiche Vereine, werden einige Leute sagen, Leverkusen gegen Hoffenheim war doch ein klasse Kick am Wochenende. Stimmt. Auch wenn uns eher noch als das Spiel der Fakt beeindruckt hat, dass Stefan Kießling seinem Kapitän und Freund Simon Rolfes zu dessen Karriereende einen Kuchen gebacken hat. Nicht so imposant wie die Verabschiedung von Steven Gerrard an der Anfield Road, aber irgendwie, nun ja, süß von Kießling. Trotzdem haben wir dann doch lieber den Schalkern dabei zugeschaut, wie sie den Völlerschen tiefsten Tiefpunkt noch untertreffen. Schon vor der Partie gegen Paderborn kündigten die Fans die Unterstützung auf, forderten wahlweise den Rücktritt von Klubchef Tönnies und Sportdirektor Horst Heldt oder gleich beiden. Obwohl Schalke das Spiel irrtümlicherweise mit 1:0 gewann, verschlechterte sich die Stimmung noch weiter.
Die Spieler trauten sich auf die bizarrste Ehrenrunde seit Ralf Rangnick 2005 - und wurden mit Pfiffen und wüsten Beschimpfungen wieder verjagt. "Das Fass ist übergelaufen", kommentierte Torwart Ralf Fährmann. 300 Fans belagerten den Haupteingang und diskutierten mit Sportdirektor Horst Heldt, der es wenigstens an drastischen Worten nicht vermissen ließ: "Ich habe Scheiße gebaut, ich entschuldige mich dafür."
Und Schalke wäre nicht Schalke, wenn nicht von irgendwoher ein Heckenschütze auf den Trainer schießen würde. Diesmal ist es Uli Stein, der die Entlassung von Roberto di Matteo fordert. Zur Erinnerung: Uli Stein, das ist der, von dem Pierre-Michel Lasogga schon letzte Saison nicht wusste, warum der sich eigentlich überall einmischt. Dieser Stein jedenfalls hat eine richtig gute Idee, wer auf Schalke übernehmen soll - Huub Stevens. Ach, ist das nicht herrliche Unterhaltung? Können Sie sich das in Leverkusen vorstellen? Oder in Ingolstadt? Eben.
Quelle: ntv.de