Dunkler Schatten mit Masterplan Trumps "hasserfüllte Agenda" verwandelt WM in Waffe
16.10.2025, 13:53 Uhr
Trump drohte Boston mit dem Entzug der WM-Spiele.
(Foto: Alex Brandon/AP/dpa)
Donald Trump will mit allen Mitteln seine rechtsgerichtete Politik durchprügeln. Nun nutzt der US-Präsident die WM 2026 als Spielball, um demokratisch regierte Städte auf Linie zu zwingen. Dahinter steckt ein Masterplan mit einer "hasserfüllten Agenda".
Donald Trump hat einen neuen Lieblingsgegner. Einen Sandsack, auf den der US-Präsident immer wieder mit voller Wucht einprügelt. Großstädte in den USA, die meist von Demokraten regiert werden. Nachdem seit dessen Amtsübernahme Trumps aggressive Einwanderungspolitik und der Einsatz der Nationalgarde zu heftigen Konflikten zwischen dem Weißen Haus und den Bürgermeistern der demokratisch regierten Städte geführt haben, nimmt der erbitterte Machtkampf des Republikaners nun neue Züge an.
Trump will die demokratisch regierten Städte auf Linie zwingen. Mit allen Mitteln. Notfalls werde der 79-Jährige den demokratischen Hochburgen auch die Ausrichtung von Spielen der Fußball-WM im kommenden Sommer verbieten. Er droht: Dafür reiche ein kurzer Anruf.
So surreal das klingt, Trump verwandelt die WM in ein machtvolles Druckmittel. In eine Waffe. Missbraucht das Mega-Turnier als Mittel zum Zweck, um seine politischen Ideologien durchzusetzen. Dahinter steckt ein Masterplan.
WM wird zum Spielball von Trumps Machtgier
Denn die jüngsten Auseinandersetzungen zwischen Trump, via Agenten der Einwanderungsbehörde ICE oder der Nationalgarde, und den demokratischen Bürgermeistern sind nur der sichtbare Ausdruck einer viel umfassenderen Strategie des Präsidenten. Er versucht, eine beispiellose Kontrolle über die großen Ballungszentren des Landes, ihre Lebensrealitäten und Werte zu installieren. Die WM ist nun Spielball dieser Machtgier geworden.
Von Anfang an: Am Dienstag sagte Trump über Bostons demokratische und progressive Bürgermeisterin Michelle Wu, sie sei "radikal links" und schade ihrer eigenen Stadt. Aus "Sicherheitsgründen" könne er sich vorstellen, der Ostküsten-Metropole ihre sieben WM-Spiele zu entziehen. Dafür würde ein einfacher Anruf bei FIFA-Boss Gianni Infantino, ein enger Verbündeter Trumps, genügen.
"Wenn jemand einen schlechten Job macht und ich den Eindruck habe, dass die Bedingungen [zur Ausrichtung von WM-Spielen] unsicher sind", erklärte Trump, "dann würde ich Gianni [Infantino] anrufen, den phänomenalen Chef der FIFA, und ich würde sagen: 'Lass es uns woanders hin verlegen.' Und er würde es machen." Jetzt sei "der richtige Zeitpunkt, es zu tun", fügte er hinzu.
FIFA geht voll auf Linie mit Trump
Klingt nach einem Mafia-Boss, der seine Handlanger anruft, die illegale Drecksarbeit für ihn erledigen. Mittendrin: Die WM als Beute. Als Repressalie.
Die Wahl der Gastgeberstädte liegt eigentlich nicht in der Hand von Trump. Die Städte haben einen Vertrag mit der FIFA geschlossen. "Es ist ein FIFA-Turnier, die Zuständigkeit der FIFA, die FIFA trifft diese Entscheidungen", hatte Victor Montagliani, Vizepräsident des FIFA-Councils, aus Kanada zuletzt zu diesem Thema gesagt.
Aber was macht die FIFA nun? Geht voll auf Linie. Der Weltverband erklärte am Mittwoch, er hoffe, dass alle 16 Gastgeberstädte für das Turnier "bereit" seien. Auf Anfrage der Nachrichtenagentur AFP erklärte ein Sprecher weiter: "Sicherheit und Schutz liegen selbstverständlich in der Verantwortung der jeweiligen Regierungen, und sie entscheiden, was im besten Interesse der öffentlichen Sicherheit ist."
Acht Monate vor Turnierbeginn wäre ein Wegfall eines Spielorts an sich ein Desaster für den Weltverband. Eine Anfrage von ntv.de vom Mittwoch bezüglich eventueller Notfallpläne für solch ein Szenario und rechtlicher, steuerlicher und zeitlicher Probleme beantwortete die FIFA bisher nicht. Auch die Frage, ob Infantino die Idee der Verlegungen bereits mit Trump besprochen oder durchgespielt habe, blieb unbeantwortet.
WM ist nur eine weitere Waffe für Trump
Sowohl Trump als auch Infantino ist solch eine beispiellose Aktion zuzutrauen. Seit Jahren sucht Infantino, der sich gerne mit den Mächtigsten der Welt umgibt, die Nähe Trumps und schmeichelt ihm bei jeder Gelegenheit. Kritik gibt es nicht. Beide Männer bezeichnen sich mittlerweile als Freunde, Trump lud den FIFA-Boss sogar zum Israel/Gaza-Friedensgipfel in Ägypten ein. Kritiker halten Infantino unangebrachte Nähe zu Staaten und Regierungen vor, die demokratische Werte nicht teilen und grundlegende Menschenrechte missachten und verletzen.
Die USA, Kanada und Mexiko richten die Weltmeisterschaft im kommenden Sommer (11. Juni bis 19. Juli) zwar gemeinsam aus. Der Großteil der Spiele findet aber in den USA statt. Allein 11 der 16 Gastgeberstädte sind in den Vereinigten Staaten - darunter Boston, die demokratisch regierte Westküstenmetropole Los Angeles und weitere progressive Städte wie New York, Philadelphia, San Francisco und Seattle.
Die WM ist aber nur eine weitere Waffe im Arsenal Trumps (auch über eine mögliche Verlegung der Olympischen Spiele 2028 in Los Angeles sinnierte der Präsident schon). Zwar verweist der Republikaner öffentlich immer wieder auf die angeblich ausufernde Kriminalität in den demokratisch regierten Städten, der Kampf gegen diese Orte und ihre weltoffenen Werte tobt aber auf vielen und teilweise wenig sichtbaren Ebenen.
Hatte die Trump-Regierung zuvor bereits die Reduzierung oder Streichung von Bundesmitteln für wichtige Funktionen in Großstädten beschlossen, zum Beispiel für die Minderung von Umweltgefahren in einkommensschwachen Gemeinden, für die Reduzierung von Gewalt, für das öffentliche Gesundheitswesen oder für die Ausbildung von Lehrkräften, sind nun praktisch alle Arten von Bundesunterstützung an die Durchsetzung von konservativen Maßnahmen gekoppelt.
Erpressung demokratisch regierter Städte
Trump setzt konsequent Städte unter Druck, konservative Politik in Fragen wie Diversität, ethnische Vielfalt, Abtreibung, Transgender-Rechte und Einwanderung zu betreiben. Folgen die Metropolen nicht, wird ihnen die Finanzierung einer Vielzahl von Bundesprogrammen entzogen. Eine "Hobson's Choice", eine scheinbare Wahl, bei der die Demokraten nur verlieren können.
Es geht insgesamt um etliche Milliarden US-Dollar, die in Ballungszentren für wichtige lokale Dienstleistungen erforderlich sind. Bisher haben US-Gerichte diese Erpressungstaktiken des Öfteren abwehren können, aber die Trump-Regierung setzt sich immer wieder über Gerichtsentscheidungen hinweg, um den Einfluss auf kulturell konservative Stadtbewohner zu festigen, dank denen der Präsident bei den Wahlen 2024 seine Ergebnisse in vielen städtischen Gebieten deutlich verbessert hatte.
Ein paar Beispiele? Trumps Ministerium für Innere Sicherheit versucht, Hunderte Millionen US-Dollar an Geldern, die Städte für die Abwehr von Terroranschlägen oder die Reaktion auf Katastrophen verwenden, an die Beendigung aller Diversitätsprogramme, die uneingeschränkte Zusammenarbeit mit den ICE-Einwanderungsbehörden und die Abkehr aller Bemühungen zur Förderung von "freiwilliger Abtreibung" oder von einer angeblichen "Gender-Ideologie". Gleichzeitig strebt das Bildungsministerium die Streichung von Bundesmitteln für Gerichtsbarkeiten an, die irgendeine Art von Programm zur Förderung der ethnischen Vielfalt oder Richtlinien für Transgender-Schüler beibehalten haben.
Boston will sich Trumps "hasserfüllter Agenda" nicht beugen
Sowohl mit diesen Praktiken als auch mit der Drohung der Verlegung von WM-Spielen versucht Trump, die Macht in den USA immer weiter zu zentralisieren. Beinahe jede seiner Aussagen, beinahe jeder Aspekt seiner Bundesgewalt verwandelt sich in ein Instrument für politische Erpressung und Vergeltung, um die rechtsgerichtete Politik aufzuzwingen. Nun auch mit dem Spielball namens Fußball-Weltmeisterschaft.
Bostons Bürgermeisterin Wu antwortete in der Radiosendung "Java with Jimmy" auf Trumps Drohungen und erklärte, dass ein Großteil der WM-Veranstaltungsplanung durch langfristige Verträge festgelegt sei. Sie fügte hinzu: "Wir leben in einer Welt, in der es um Drama, um Kontrolle, um das Ausreizen von Grenzen und um ständige Drohungen gegen Einzelpersonen und Gemeinschaften geht, die sich weigern, nachzugeben und sich einer hasserfüllten Agenda zu fügen oder ihr zu gehorchen."
Quelle: ntv.de