Fußball

"Nicht alle Trümpfe in der Hand" Tuchel deutet an, von wem die Trennung beim FC Bayern ausgeht

Tuchel kurz vor dem Anpfiff gegen Leipzig.

Tuchel kurz vor dem Anpfiff gegen Leipzig.

(Foto: REUTERS)

Thomas Tuchel gibt zwar "keine Details zum Vier-Augen-Gespräch", in dem die vorzeitige Trennung zwischen Trainer und FC Bayern beschlossen wird. Doch die Worte des 50-Jährigen lassen vermuten, dass er gerne noch über den Sommer hinaus in München gearbeitet hätte.

Die Abkürzung "FC" in FC Bayern mag für "Fußball-Club" stehen, die Münchner aber sind weit mehr als das. Einerseits, weil der FCB beispielsweise auch Basketballern, Sportkeglern und Schachspielerinnen eine Heimat bietet und andererseits, weil das öffentliche Interesse besonders an den Profifußballern deutlich über Ergebnisse, Torschützen und Tabellenstände hinausgeht. Der Spitzname "FC Hollywood" hat sich schließlich nicht zufällig etabliert. Entsprechend groß ist somit die Nachfrage auch nach dem Geschehen abseits des grünen Rasens. Besonders in dieser Woche, in der die vorzeitige Trennung von Trainer Thomas Tuchel zum Ende dieser Saison verkündet worden ist.

Eine naheliegende Frage bei nahezu jeglicher Art von Trennung ist etwa, von wem diese denn ausging. In der offiziellen Mitteilung des FC Bayern hieß es am Mittwoch, Verein und Trainer hätten "gemeinsam entschieden", die Zusammenarbeit trotz Vertrags bis 2025 schon vorzeitig zu beenden. Im ZDF-"Sportstudio" wurde Tuchel dann nach eben jener Formulierung gefragt.

"Ich werde keine Details zum Vier-Augen-Gespräch geben", antwortete der 50-Jährige nach dem schwer erkämpften 2:1-Erfolg im Samstagabendspiel gegen Rasenballsport Leipzig, und deutete danach aber mit einem Grinsen im Gesicht doch dieses und jenes an. Er sei als Trainer und damit Chef der Mannschaft "ja trotzdem Arbeitnehmer", sagte Tuchel, "und als Arbeitnehmer haben Sie nicht immer alle Optionen, haben Sie nicht immer alle Trümpfe in der Hand." Es sei aber dennoch "alles gut".

Wochenlange Trainerdiskussion beim FC Bayern ist beendet

Sätze, die sich so verstehen lassen, dass Tuchel gerne über den Sommer hinaus an der Säbener Straße gearbeitet hätte. Allerdings spiele es für ihn "überhaupt keine Rolle, wie ich mit der Entscheidung umgehe", es gehe aktuell um jeden Punkt in der Hoffnung, den auf acht Punkte enteilten Tabellenführer Bayer Leverkusen an den verbleibenden elf Spieltagen noch abzufangen. Einen solchen Rückstand hat in der Bundesliga-Geschichte allerdings bislang keine Mannschaft so spät in der Saison aufgeholt.

Der "Hauptgrund für alles war eigentlich, so einen Schlingerkurs zu vermeiden", erklärte Tuchel weiter. Wochenlang hatte die Trainerdiskussion zuvor den FC Bayern beschäftigt. "So ist es klar. Ob wir es mögen oder nicht mögen", resümierte der Trainer, der vor elf Monaten im März 2023 die Nachfolge von Julian Nagelsmann angetreten hatte. "Befindlichkeiten werden hinten angestellt." Allerdings intensivierte sich damit umgehend die Diskussion darüber, wer nun Tuchel beerbt. Präsident Herbert Hainer und Vorstandschef Jan-Christian Dreesen gaben bereits Einblick in ihre Überlegungen.

Die alleinige Verantwortung für die Krise wies Tuchel indes einmal mehr von sich, es würde ihn mit Blick auf seine Spieler "sehr, sehr wundern, wenn ich der Rucksack wäre, den sie mit rumschleppen". Auf die Nachfrage zum angeblich belasteten Verhältnis zur Mannschaft sagte Tuchel, er könne sich "nicht vorstellen, dass ein Aleksandar Pavlovic glücklich oder befreit ist, dass ich am Saisonende aufhöre. Oder ein Raphaël Guerreiro, Minjae Kim oder Manuel Neuer".

Thomas Müller sieht keine befreiende Wirkung

Eben jener Manuel Neuer, zugleich Mannschaftskapitän, unterstrich dann auch bei Sky, dass Tuchels Scheitern die Profis ebenfalls belaste. "Es wirft ein schlechtes Bild auf uns alle", sagte der 37-Jährige, der vor dem Last-Minute-Siegtreffer von Harry Kane wiederholt mit starken Paraden einen Rückstand verhindert hatte. "Jeder Spieler sollte ein schlechtes Gewissen haben und sich an die eigene Nase fassen!" Es sei ja schon in der Schule so, "dass nicht immer der Lehrer schuld ist an den schlechten Zeugnisnoten".

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Falls die Führungsetage des FC Bayern darauf spekuliert hatte, mit der vorzeitig verkündeten Trennung frische Kräfte freisetzen zu können - gegen Leipzig war davon wenig zu sehen. Erneut konnte der Rekordmeister spielerisch nur selten überzeugen. In der Schlussphase - vor dem Kane-Tor in der Nachspielzeit - gab es sogar vereinzelte Pfiffe während des Spielaufbaus.

Sollten die Bosse also darauf gehofft haben, dass die vorzeitig verkündete Trennung von Tuchel eine befreiende Wirkung haben würde, so sahen sie sich getäuscht. Auch Thomas Müller sagte, er "glaube nicht, dass das jetzt extrem uns als Menschen und unser Spiel verändert". Und so bleibt es erst einmal bei der Hoffnung, die auch Tuchel bei Sky im Anschluss an den ersten Sieg nach zuvor drei Niederlagen in Serie formulierte: "Im Sport ist alles möglich, also auch ein Happy End. Was die Zukunft bringt, weiß ich nicht. Wir spielen jetzt erst mal."

Quelle: ntv.de

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