Nach Fan-Protesten Umstrittener Investoren-Deal der DFL ist geplatzt
21.02.2024, 16:37 Uhr
Die Deutsche Fußball-Liga verkündet das vorläufige Aus für den Einstieg eines Investors in den deutschen Profifußball. In den vergangenen Wochen protestierten Fans gegen den Prozess, auf den sich die Klubs der 1. und 2. Fußball-Bundesliga geeinigt hatten.
Der geplante Investoren-Deal in der Fußball-Bundesliga ist geplatzt. Das hat das Präsidium der Deutschen Fußball Liga (DFL) bei seiner außerordentlichen Sitzung in Frankfurt/Main beschlossen. "Eine erfolgreiche Fortführung des Prozesses scheint in Anbetracht der aktuellen Entwicklungen nicht mehr möglich", sagte Hans-Joachim Watzke, Sprecher des DFL-Präsidiums. Teile der Fanszene hatten zuletzt massiv gegen die Pläne protestiert.
"Der deutsche Profifußball steht inmitten einer Zerreißprobe, die nicht nur innerhalb des Ligaverbands zwischen den Klubs, sondern teilweise auch innerhalb der Klubs zwischen Profis, Trainern, Klubverantwortlichen, Aufsichtsgremien, Mitgliederversammlungen und Fangemeinschaften für große Auseinandersetzungen sorgt, die mit zunehmender Vehemenz den Spielbetrieb, konkrete Spielverläufe und damit die Integrität des Wettbewerbs gefährden", heißt es in einer Erklärung des DFL-Präsidiums. "Das Präsidium ist deshalb einstimmig zu der Überzeugung gelangt, auf der Grundlage des Beschlusses vom 11. Dezember 2023 von seinem Abschlussermessen in der Form Gebrauch zu machen, den Prozess nicht fortzusetzen und nicht zum Abschluss zu bringen.
"Jetzt habe ich das Gefühl einfach gehabt, dass jetzt keine Mehrheit mehr da ist. Und dann braucht man auch keine Abstimmung mehr machen, wenn man das Gefühl hat. Dieser Prozess ist jetzt jedenfalls erledigt", sagte der DFL-Aufsichtsratsvorsitzende Hans-Joachim Watzke der ARD und dem TV-Sender Sky. Die DFL wollte für eine prozentuale Beteiligung an den TV-Erlösen von einem Finanzinvestor eine Milliarde Euro kassieren, ein derartiges Modell soll es nicht mehr geben. "Dieser Prozess ist ad acta gelegt. Wir müssen mal ganz neu anfangen", sagte Watzke auch mit dem Blick auf eine bessere Auslandsvermarktung der Liga.
"Guter Tag für Deutschlands Fußball-Fans"
In den vergangenen Wochen hatten Fanszenen zahlreiche Erst- und Zweitligapartien durch Störmaßnahmen an den Rand des Abbruchs gebracht. Zur finalen Eskalation war es jedoch in keinem Stadion gekommen. Der Fan-Verband "Unsere Kurve" hat mit Zufriedenheit auf den Entschluss der DFL reagiert. "Ein guter Tag für Deutschlands Fußball-Fans", kommentierte Verbandssprecher Thomas Kessen "Die umfassenden, aber sehr friedlichen und sehr kreativen Proteste sind am Ende der Schlüssel zum Erfolg gewesen", sagte der Fan-Vertreter weiter.
Aus Kessens Sicht gehören das Wesen des deutschen Fußballs und dessen Kultur zu den Gewinnern des Beschlusses: "Für alle aktiven Fußball-Fans und alle Mitglieder der Vereine ist das ein großer Erfolg, der zeigt, dass der deutsche Fußball mitgliederbasiert und demokratisch ist und eben diese Mitglieder bei solch richtungsweisenden Entscheidungen mitgenommen werden müssen."
Neue Abstimmung "würde keine Lösung bringen"
In der Abstimmung, ob Verhandlungen mit einem Investor aufgenommen werden sollen, hatten die 36 in der DFL zusammengeschlossen Klubs der beiden obersten deutschen Profiligen in geheimer Abstimmung mit einer Zweidrittelmehrheit für den Prozess gestimmt.
Fanvertreter und mehrere Klubs hatten in der Folge ein intransparentes Vorgehen kritisiert und mindestens eine Wiederholung der Wahl gefordert. Das Präsidium ist nun "auch in Würdigung aller rechtlichen Aspekte zu der Überzeugung gekommen, dass etwaige weitere Abstimmungen keine Lösung des Problems bringen würden." Besonders die Situation bei Hannover 96 hatte das Vertrauen in den Abstimmungsprozess unterminiert: Der Mutterverein hatte Martin Kind, Geschäftsführer und Geldgeber der Profiabteilung, aufgefordert, in der geheimen Abstimmung mit "Nein" zu stimmen - woran sich der Milliardär möglicherweise nicht gehalten hat.
"Votum fehlt es an breiter Akzeptanz"
Das Votum werde "innerhalb des Präsidiums und nach Einschätzung der Juristen als rechtswirksam angesehen. Gleichwohl darf nicht verkannt werden, dass es diesem Votum aufgrund der Vorgänge um Hannover 96 an breiter Akzeptanz fehlt. Darüber hinwegzugehen, darf vor dem Hintergrund des hohen Guts, das wir mit der 50+1-Regel in unseren Händen halten, nicht unser Ansatz sein. Das DFL-Präsidium steht einmütig zur 50+1-Regel."
Die 50+1-Regel begrenzt den Einfluss externer Geldgeber bei Klubs der ersten und zweiten Liga. Sie soll sicherstellen, dass Muttervereine wie der Hannover 96 e.V. selbst dann die letzte Entscheidungsgewalt behalten, wenn der Profibereich in eine Kapitalgesellschaft wie die Hannover 96 GmbH & Co. KGaA ausgegliedert wurde. In Hannover sind Vereins- und Kapitalseite darüber schon seit Jahren zerstritten.
Bereits kurz nach Beginn der Proteste hatte sich mit der Investmentgesellschaft Blackstone einer von zwei Interessenten zurückgezogen, mit dem Private-Equity-Unternehmen CVC hatte es zuletzt nur noch einen Kandidaten gegeben. CVC wollte sich am Mittwoch nicht zu dem Entschluss des DFL-Präsidiums äußern.
Quelle: ntv.de, ter/sid