Star beim FC Liverpool Warum Emre Can einer für Löws DFB-Elf ist
13.02.2015, 16:09 Uhr
Mann des Spiels: Emre Can, FC Liverpool am Dienstagabend beim 3:2-Sieg gegen Tottenham Hotspur.
(Foto: imago/BPI)
Erst belächelt, nun Leistungsträger: Emre Can ist der gefeierte Mann beim FC Liverpool. Sein Trainer lobt ihn, die Presse vergleicht ihn mit einer Legende, die Fans lieben ihren "Mr. Vielseitigkeit". All das sollte Joachim Löw alarmieren - bevor es zu spät ist.
Wirft man dieser Tage einen Blick in die britischen Sportblätter, kommt der aufmerksame Leser an einem Namen nicht vorbei: Emre Can. Der gebürtige Frankfurter hat sich nicht nur in die Stammformation des FC Liverpool, sondern auch in die Herzen der Engländer gespielt. "Warum Emre Can der wirkliche Star dieser neuen Liverpool-Philosophie ist", lautet der Titel einer Kolumne in der Zeitung "Metro". Der Kollege von der Insel schreibt: Can könne ein Fußballspiel lesen, er sei ein hervorragender Zweikämpfer, könne die Bälle behaupten, super Pässe spielen und habe die Fähigkeit, Schüsse wie Kanonenschläge abzufeuern. Kurzum: "Can ist der Mann, der in die Fußstapfen von Gerrard treten kann."
Für all diejenigen, die Steven Gerrard nicht kennen: Er ist der FC Liverpool. Gerrard spielt seit seiner Kindheit für die Reds, er ist der Kapitän und gilt in ganz England längst als lebende Legende. Wenn der Mittelfeldspieler in diesem Sommer nach 26 Jahren im Liverpool-Trikot in die USA wechselt, um seine Karriere bei Los Angeles Galaxy ausklingen zu lassen, wird eine Lücke im Verein klaffen - und ausgerechnet Emre Can soll diese schließen. Wer hätte das beim Wechsel des Deutsch-Türken in die Premier League gedacht?
Can hatte zwar, vom FC Bayern gekommen, schon in seinen 29 Bundesligaspielen für Bayer Leverkusen gezeigt, dass er mit großem Talent gesegnet ist, einen Wechsel zu einem europäischen Spitzenklub hielten die Experten aber dennoch für reichlich früh. Dass Liverpool stolze zwölf Millionen Euro für den damals 20-Jährigen auf den Tisch legte - nein, so recht konnte man das als neutraler Beobachter nicht verstehen. Als Can wegen einer Knöchelverletzung erst einmal außen vor und bis Mitte Dezember nur mickrige 185 Minuten zum Einsatz gekommen war, sollen die Verantwortlichen schon darüber nachgedacht haben, ihren Transfer-Flop abzuschieben
Vielleicht ruft Löw ja mal an
Keine zwei Monate später ist der Deutsch-Türke aus der Mannschaft des FC Liverpool nicht mehr wegzudenken. Can sei "wie ein Rolls-Royce", sagt sein Trainer Brendan Rodgers, der Ende vergangenen Jahres eine Systemumstellung vorgenommen hat. Seitdem spielen die Reds hinten mit einer Dreierkette. Can wurde aus dem defensiven Mittelfeld mal auf die linke, mal auf die rechte Abwehrseite gezogen, hat die letzten sechs Partien durchgespielt und maßgeblichen Anteil daran, dass sich Liverpool in dieser Zeit nur noch drei Gegentore fing. "Emre gibt unserem Team eine wirklich gute Balance. Er ist stark, hat einen guten Körper", urteilt Rodgers: "Sein taktisches Verständnis ist sehr gut für einen solchen Spieler. Und in Zukunft wird er auch zeigen, dass er ein top Mittelfeldspieler ist."
Nicht nur Rodgers, auch die Fans lieben Can für seinen unbändigen Willen und feiern den deutschen Junioren-Nationalspieler in ihren Internet-Foren als "Schnäppchen". Der "Liverpool Echo" bezeichnete Can als "Mr. Vielseitig". Rodgers scherzte nach der Verpflichtung des Youngsters, er könne überall spielen, nur nicht im Tor und im Angriff - doch auch da hat Can seinen Coach schon eines Besseren belehrt. Im Topspiel gegen den FC Chelsea war ihm im November der erste Treffer im Liverpool-Trikot gelungen.
"Für mich ist die Mannschaft wie eine Familie", wurde Can jüngst von mehreren englischen Zeitungen zitiert. "Hier fühle ich mich wohl. Das Team und der Verein wollen offensiven Fußball zeigen und mir geht's genauso. Die Reds und ich haben die gleichen Überzeugungen." Das Wagnis, von Leverkusen in die große Fußball-Welt zu ziehen, hat sich für Can also ausgezahlt. Geht seine Entwicklung so weiter, wird sich bald wohl der Bundestrainer bei ihm melden - wenn es dann noch nicht zu spät ist. Can, der seit der U15 für die Auswahl des DFB spielt, könnte theoretisch auch noch für das Heimatland seiner türkischen Eltern auflaufen. Vielleicht tut Joachim Löw ganz gut daran, mal zum Telefonhörer zu greifen.
Quelle: ntv.de, sport.de