Der 800-Mio.-Fußballwahnsinn Wie Neymars Rekordtransfer ablaufen könnte
02.08.2017, 13:23 Uhr
Das Neymar-Happy-End wird für Paris St. Germain richtig teuer.
(Foto: dpa)
Der Weltrekord-Wechsel von Barcelona-Star Neymar zu Paris St. Germain steht kurz bevor - und alarmiert die Uefa. Die sieht das Financial Fairplay gefährdet, denn die 222-Millionen-Ablöse ist nur ein Bruchteil der Gesamtkosten. Ein Trick könnte die Regeln aushebeln.
222 Millionen Euro - für diese Summe darf Fußballstar Neymar vorzeitig aus seinem Vertrag mit dem FC Barcelona aussteigen und wird das auch tun. Am Morgen hat Neymar seinem Verein offiziell mitgeteilt, dass er Barcelona verlassen möchte und sich von seinen Teamkollegen verabschiedet. Das bestätigten die Katalanen nun auch offiziell auf ihrer Homepage. Der Brasilianer ist vom Training freigestellt, um seine Zukunft zu klären.
Die wird in Frankreich liegen, der nächste Halt für Neymar lautet: Paris St. Germain (PSG). Doch auch wenn die Aktivierung der wahnwitzigen Ausstiegsklausel den bisherigen 105-Millionen-Rekordmann Paul Pogba zu einem Ablösezwerg schrumpfen würde: Für PSG wären die 222 Millionen Euro nur ein vergleichsweise kleiner Teil der Kosten, die der Wechsel tatsächlich verursachen würde.
Verschiedene Medien beziffern das Gesamtvolumen des Transfers auf rund 800 Millionen Euro. Der Berliner "Tagesspiegel" beispielsweise rechnet so:
- Auf die Ablöse von 222 Millionen Euro muss noch die Mehrwertsteuer entrichtet werden, womit die Summe auf rund 270 Millionen Euro steigt.
- Als wahrscheinlich gilt, dass Neymar in Paris einen Fünfjahresvertrag mit einem jährlichen Nettogehalt von 30 Millionen Euro erhält. Angesichts des Spitzensteuersatzes von 69 Prozent bedeutet das für PSG ein jährliches Bruttogehalt von rund 95 Millionen Euro.
- Zu Ablöse und Gehalt kommen noch Handgelder und Boni. Kolportiert werden 40 Millionen Euro für Neymars Vater, der als sein Berater fungiert.
Macht in der Summe 785 Millionen Euro. Aber: Je nachdem, über welches Konstrukt der Transfer abgewickelt wird, könnten allein die Transferaufgaben laut "Süddeutscher Zeitung" auch auf 300 Millionen Euro steigen. Auf die Frage, ob ein derartiges Transfervolumen mit den Financial-Fairplay(FFP)-Regeln der Europäischen Fußball-Union (Uefa) vereinbar sei, sagte Uefa-Chefaufseher Andrea Traverso der spanischen Nachrichtenagentur EFE: "PSG muss die Regeln des FFP respektieren - genau wie alle Klubs in Europa. Wir werden die Details des Transfers unabhängig davon analysieren, ob eine Beschwerde eingeht, um sicherzustellen, dass die Regeln des Fair Play respektiert werden."
Spanien will klagen, Paris knobelt
Der spanische Ligaboss Javier Tebas hat bereits Klagen angekündigt. "Die Liga wird sich beschweren, weil es um unsere Wettbewerbsfähigkeit geht. Diesmal geht es um Barca. Ein andermal ist vielleicht Real Madrid oder Atletico Madrid betroffen", sagte er der Zeitung "El Mundo Deportivo" und kündigte an, zur Not auch zivilrechtliche Instanzen einschalten zu wollen. Uefa-Aufseher Traverso ist mit Blick auf PSG sicher: "Die potenzielle Wirkung eines Neymar-Transfers würde die Wirtschaft des Klubs auf Jahre hinweg beeinflussen."
Hinter den Kulissen knobeln die Paris-Bosse deshalb verschiedene Modelle durch, um die Steuerlast möglichst gering zu halten und Sanktionen der Uefa zu vermeiden. Spekuliert wird über folgende Wechsel-Szenarien:
- Neymar wird offizieller Botschafter für die Fußball-WM 2022 in Katar. Dafür erhält er vom Fonds "Qatar Sports Investments", über den auch PSG geführt wird, 300 Millionen Euro - mit denen er sich dann selbst aus seinem Barcelona-Vertrag freikauft und nicht die PSG-Bilanz belastet. Problem daran laut "Süddeutscher Zeitung": Der französische Fiskus könnte Neymars Aufwandsentschädigung für die Botschaftertätigkeit als Lohn bewerten - und entsprechend hoch besteuern.
- Paris St. Germain bezahlt die 222 Millionen Euro Ablöse samt Steuern selbst und verkauft im Gegenzug einige Stars. Bislang ist die Transferbilanz der Pariser in dieser Saison ausgeglichen.
- PSG zahlt freiwillig mehr als 222 Millionen Euro. Was absurd klingt, könnte durchaus Sinn ergeben. Wenn PSG nicht die Ausstiegsklausel aktivieren muss, könnte der Klub die Neymar-Ablöse zum Beispiel mit einem Spieler verrechnen. Der italienische Mittelfeldspieler Marco Verratti gilt als Wunschspieler der Katalanen und könnte als 100-Millionen-Euro-Pfand benutzt werden.
Zur laut SZ teuersten "Seifenoper des Weltfußballs" passt, dass angeblich auch Real Madrid mitmischt. Im Mittelpunkt dabei: Jese Rodríguez. Der Youngster war 2016 nach Paris gewechselt, die Ablöse von 25 Millionen Euro wäre eigentlich im Sommer 2017 fällig gewesen. Um den Neymar-Wechsel und damit eine Schwächung vom Erzrivalen Barcelona zu ermöglichen, wollen die "Königlichen" nun angeblich die Zahlungfrist für Jese verlängern, schreibt "Spox". Auf diese Weise soll der finanzielle Spielraum von der PSG-Bilanz erhöht werden.
Quelle: ntv.de, cwo