Redelings Nachspielzeit

"Hasse ich wie die Pest!" Als Kevin Großkreutz die Schalke-Fans mächtig erzürnte

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(Foto: imago sportfotodienst)

Vor 15 Jahren blühte Borussia Dortmund unter seinem Trainer Jürgen Klopp immer mehr auf - und das genoss einer ganz besonders: Kevin Großkreutz. Der Junge aus Dortmund hatte den Traum - vom Fan zum Profi - wahrgemacht und dabei eine Sache nicht vergessen.

"BVB-Fan zu sein, ist kein Grund für einen Startplatz im Team", hat Jürgen Klopp einst gesagt - nachdem die Fans der Borussia lautstark protestiert hatten, weil der damalige BVB-Coach einen der ihren, Kevin Großkreutz, in einem Derby gegen den FC Schalke 04 zunächst auf der Bank hat sitzen lassen. Aktuell würden sich wohl viele BVB-Anhänger wünschen, dass da unten auf dem Rasen einer spielt, der mit vollem Herzen Borusse ist.

Denn auch Kevin Großkreutz hat in dieser Saison bereits mehrfach öffentlich betont, dass momentan im schwarz-gelben Trikot "kein eingeschworenes Team" gemeinsam agieren würde - und in diesem Zusammenhang eine interessante Frage im Podcast "Viertelstunde Fußball" gestellt: "Kann man sich einen aktuellen Spieler im Kader der Borussia vorstellen, der nach seiner Karriere in Dortmund wohnen bleibt?" Großkreutz vermutet, dass niemand hierbleiben wird.

Das war vor 15 Jahren anders. Auch heute noch leben Profis wie Roman Weidenfeller, Marcel Schmelzer, Patrick Owomoyela oder Neven Subotic, die damals in die Ruhrgebietsstadt kamen, immer noch im Schatten des Westfalenstadions. Für Großkreutz eine klare Sache: "Die haben sich damals mit der Stadt und dem Verein identifiziert und hier wohlgefühlt." Möglicherweise ist genau das ja auch eines der (vielen) Probleme der aktuellen Krise beim BVB. Spieler, die den Klub leben wie damals eben auch ein Kevin Großkreutz.

"Ich musste ihm ein BVB-Verbot erteilen!"

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Ein Fan, der plötzlich auf dem grünen Rasen die Farben seines Klubs vertritt. Eine nostalgische Vorstellung, die in der Realität nur selten wahr wird. Bei Großkreutz passierte dies alles tatsächlich - mit all den Randerscheinungen und Geschichten, die so ein gelebter Traum mit sich bringt. Wie stark die Bindung von dem im Dortmunder Stadtteil Eving geborenen Borussen zu seinem Verein stets war, zeigt eine kleine Anekdote aus seinen Anfängen als Profi. Damals, als Großkreutz den Umweg Rot-Weiss Ahlen nehmen musste, verzweifelte sein Trainer Christian Wück an ihm: "Kevin war so heiß auf die Südtribüne, dass er selbst abends vor unserem Spiel noch in den Signal-Iduna-Park wollte. Mir blieb keine Wahl. Ich musste ihm ein BVB-Verbot erteilen!"

Damals kämpfte sich Großkreutz mit überragenden Leistungen in Ahlen zu seinem Lieblingsverein - den er in Jugendjahren hatte verlassen müssen - zurück. Und dort wurde er anschließend in den erfolgreichen Meisterjahren zum unangefochtenen Helden der Südtribüne. Die gelbe Wand trieb ihn an und er stachelte sie auf. Die Bilder vom Mann mit den hochgezogenen Schultern, der mit rudernden Armen vor der Kurve stand, und um Unterstützung bat, hat jeder Fußballfan im Kopf abgespeichert.

Sein unermüdlicher Einsatz machte ihn zum Nationalspieler und Weltmeister. Doch im Herzen blieb Kevin Großkreutz auch als Profi immer Fan. Und das führte gerade am Anfang seiner Karriere zu manch kurioser Geschichte. Noch bevor er überhaupt sein erstes Profitraining beim BVB absolviert hatte, hatte Großkreutz nämlich bereits öffentlich über den königsblauen Reviernachbarn gesagt: "Die sind mein Feindbild Nummer eins. Immer schon! Für kein Geld der Welt würde ich dort spielen. Schalker hasse ich wie die Pest!"

"Heute würde ich es sicher anders formulieren"

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Nun, nachdem er unter Klopp immer häufiger zum Einsatz gekommen war, konfrontierte ihn im Januar 2010 eine große Sportillustrierte genau mit diesen Sätzen - und Großkreutz machte erneut aus seinem Herzen keine Löwengrube: "So denken nun mal alle BVB-Fans! Die da drüben denken genauso über uns. Wenn ich sage, dass ich die Schalker mag, mache ich mich lächerlich - weil ich dann ja lüge." Und dann schob Großkreutz noch einen interessanten Satz hinterher: "Heute würde ich es sicher anders formulieren."

Der geläuterte Profi, der verstanden hatte, dass man in den Medien besser nicht alles laut sagt, was man denkt, könnte man meinen - doch nur wenige Wochen später kam es dann zum ersten echten Eklat in der Karriere des Kevin Großkreutz. Denn in der "Sport Bild" hatte der BVB-Spieler einen Fragebogen ausgefüllt und an der Stelle, "Wenn mein Sohn Schalke-Fan wird, dann …", nicht etwa eine der harmlosen Varianten ("… stimme ich ihn um" oder "… gibt es keinen Fußballgott") angekreuzt, sondern voll ins Schwarze getroffen, als er sein Kreuz an dieser Stelle setzte: "… kommt er ins Heim."

Man kann sich den Aufschrei und die Empörung in den Medien - und insbesondere unter den königsblauen Fans - sicherlich vorstellen. Spätestens zu diesem Zeitpunkt wurde ein für alle Mal klar: Aus dem Verhältnis von Großkreutz zum FC Schalke 04 würde keine Liebesbeziehung mehr werden! Und dennoch musste der Dortmunder seine intensiven Hass-Gefühle immer dann unter Kontrolle kriegen, wenn er im Dienste der deutschen Nationalmannschaft auf Spieler aus Gelsenkirchen traf. So wie beispielsweise bei der WM 2014, als er im Campo Bahia nicht nur mit Bastian Schweinsteiger und Thomas Müller vom FC Bayern und Matthias Ginter vom SC Freiburg in einer WG wohnte, sondern auch mit den beiden Schalkern Julian Draxler und Benedikt Höwedes.

"Großkreutz rück den Döner raus"

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Und obwohl sich alle während der Zeit in Brasilien gut verstanden, konnten sie schon bei der Rückkehr nach Deutschland, am Tag nach dem WM-Triumph vor dem Brandenburger Tor in Berlin, ihre Rivalität nicht lassen. Unter dem Jubel der Massen intonierte damals Julian Draxler mit kräftiger Stimme: "Großkreutz rück den Döner raus, Großkreutz rück den Döner raus, Großkreutz rück den Döner raus!" Zu Hause im Ruhrgebiet angekommen, konterte der Besungene via sozialer Medien, schon wieder voll im Derby-Modus, sehr humorvoll: "Lieber Julian, ich kann zwar keinen Döner rausrücken, aber ich kann immer wieder die Schale rausholen." Das saß!

Und als es dann für Kevin Großkreutz tatsächlich auf dem Platz wieder gegen Schalke ging, schlug das alte BVB-Herz ohnehin wieder voll im Takt. Die königsblauen Tiraden auf ihn während des Spiels, beantwortete er nach der Partie - immer noch erfrischend ungekünstelt - mit folgenden Sätzen: "Lasst euch doch mal was Neues einfallen. Trotzdem werdet ihr nie die Schale berühren. Wie gesagt, mein Angebot steht. Ihr könnt ins Großkreutz-Museum kommen und nur mal kurz dran schnuppern wie 2001. Grüße." Aus seinem Herzen macht Kevin Großkreutz auch heute noch, viele Jahre später, wenn es um den FC Schalke 04 geht, stets keine Löwengrube - und ein echter Borusse ist er ebenfalls immer geblieben.

Quelle: ntv.de

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