Redelings Nachspielzeit

"Indianer kennen keinen Schmerz" Als Thorsten Legat einst Winnetou veräppelte

Kultkicker: Thorsten Legat.

Kultkicker: Thorsten Legat.

(Foto: picture alliance / TVNOW / Stefan Gregorowius)

Saison 1989/90: In Bochum wächst ein junges Talent heran. Thorsten Legat feiert nicht nur auf dem Platz Erfolge, sondern erfreut sich auch aufgrund seiner vielen Sprüche großer Beliebtheit. Und in Uerdingen kommt es zur Wiederauflage der "Schande von Gijón"!

In Bochum war in dieser Saison ein Talent herangereift, das später noch für viel Furore sorgen sollte: Thorsten Legat. Und natürlich wollte man diesen Ausnahmespieler unbedingt längerfristig an den Verein binden. Präsident Ottokar Wüst damals: "So dumm können wir doch gar nicht sein, einen 21-Jährigen laufen zu lassen, von dem sich der Verein in Zukunft noch viel erhofft." Blöd allerdings nur, dass Manager Hilpert ausgerechnet den Tag der Vertragsunterzeichnung mit Legat komplett vergessen hatte. Und so saß der Jungstar stundenlang wie ein kleiner Schuljunge vor dem Büro des Managers und wartete. Doch Klaus Hilpert war bereits außer Haus. Ein bisschen verarscht sei er sich da schon vorkommen, sagte Legat später – und unterzeichnete wenige Tage danach doch. Es war erst der Anfang einer aus vielerlei Hinsicht beeindruckenden Karriere.

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Heutzutage kennen die meisten Menschen den ehemaligen Deutschen Meister als Trash-Promi, der abends durchs Fernsehen tingelt. Und tatsächlich hat Thorsten Legat den Sprung ins neue Leben nach der Karriere gut gemeistert. Im RTL-Dschungel schauten ihm vor ein paar Jahren über sieben Millionen Zuschauer dabei zu, wie er ein Feuerwerk seiner legendären Sprüche abließ. Damals sagte er in nur einem Jahr fünf Sätze, die schon recht bald Kultstatus erhielten: "Der Klügere lässt nach", "Da habe ich mich beirren lassen von meiner Kompetenz", "Die Einstellung ist immer Fakt", "Ich kann das kommentarlos nicht beantworten" oder auch das fast schon philosophische Bonmot: "Ich wüsste mehr, wenn ich es wüsste."

In seiner Zeit beim VfB Stuttgart verstanden die ersten Pressevertreter, was für ein besonderes Talent Legat neben dem Fußballspiel noch besitzt. Damals wollten die schwäbischen Reporter natürlich von ihm wissen, ob er denn schon die regionale Spezialität Spätzle probiert habe. Und Legat, der Junge aus dem Ruhrgebiet, antwortete ehrlich: "Die habe ich noch nicht probiert, aber im Allgemeinen mag ich Geflügel sehr gerne!" Kurz darauf sorgte jedoch ein Skandal dafür, dass Legat das Schwabenland überstürzt verlassen musste. Nur ein Mann aus der Bundesliga wollte den Sieger des Europapokals der Pokalsieger von 1992 schließlich aufnehmen: Rudi Assauer. Doch kaum war Legat bei den Königsblauen angekommen, hatte er wieder nur Unsinn im Kopf. Denn am Tag, als das offizielle Mannschaftsfoto der Schalker geknipst werden sollte, raunte ihm von der Seite sein Mitspieler Olaf Thon zu: „Legat, wenn du deine Hose bis zum Anschlag hochziehst, bekommst du von mir 500 Mark.“ Aus dem Hintergrund schaltete sich Andreas Möller ein: "Ich erhöhe auf 1.000!"

"Mensch, Thorsten, was haste jetzt wieder angestellt?"

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Da ließ sich Legat nicht lange bitten, schob das Hemd in die Hose und zog diese bis unter die Achseln hoch. Und tatsächlich schaffte es Legat mit dieser Aktion in das alljährliche „"kicker"-Sonderheft. Dumm nur, dass Manager Assauer, als er das Magazin in den Händen hielt, nicht viel Sinn für Humor zeigte. Legat musste bei ihm im Büro ("Das ganze Zimmer ist vollgeraucht gewesen. Ich habe den Manager fast gar nicht gesehen an seinem Schreibtisch. Ich dachte, ich bin beim Paten höchstpersönlich", O-Ton Legat) antanzen: "Mensch, Thorsten, was haste jetzt wieder angestellt? 20.000 Mark Geldstrafe, 5.000 Mark in die Mannschaftskasse und noch ein Essen für alle obendrauf." Als Legat noch kurz einwendete, dass sich das für ihn aber nicht rentieren würde, da er doch nur 1.000 Mark bekommen hätte für die Wette, schmiss ihn Assauer hochkant aus seinem Büro.

Diese Geschichte muss Thorsten Legat bis auf den heutigen Tag wieder und wieder erzählen. Genau wie eine andere Geschichte. Als Legat zusammen mit dem Ex-Bochumer Thomas Epp für Eintracht Frankfurt spielte, mussten die beiden eines Tages verletzt nach München zu Doktor Müller-Wohlfahrt. Nach einer etwas längeren Wartezeit kam der große Schauspieler und berühmte Winnetou-Darsteller Pierre Brice, gestützt von seiner Frau, durch die Tür herein. Er schrie vor Schmerzen. Offensichtlich plagte ihn ein Hexenschuss. Seine Frau bat die beiden Profis inständig, ihren Mann vorzulassen. Doch Legat kannte kein Erbarmen und antwortete ohne lange zu überlegen: "Nee!" Und schob dann noch hinterher: "Außerdem dachte ich, Indianer kennen keinen Schmerz!"

Nach dem spannenden und lauten Meisterschaftsendspurt in der letzten Saison 1988/89 wollte sich Kölns Trainer Christoph Daum dieses Mal etwas zurücknehmen: "Ich werde nicht mehr auf die Pauke hauen, sondern die Querflöte spielen mit leiseren Tönen. Sprüche sind Begleiterscheinungen. Davor steht harte Arbeit. 80 Stunden pro Woche. Nur wer das Handwerk beherrscht, darf trommeln." Aber einen kleinen Spruch ließ Daum dann doch noch verlauten: "Natürlich möchte ich Titel gewinnen. Aber wenn ich einen Geländewagen habe und die Konkurrenz einen Formel-1-Flitzer, wird es schwierig, das Rennen durch eine bessere Kurventechnik zu gewinnen."

Erinnerungen an die "Schande von Gijón"

Und tatsächlich gewannen die Bayern diese Meisterschaft souverän. Bereits zwei Spieltage vor Schluss durften die Münchner jubeln. Fünf Punkte Vorsprung sicherten ihnen den Titelgewinn schon vorzeitig. Aus einer Laune heraus versprach Bayern-Trainer Jupp Heynckes den Anhängern vom Rathausbalkon auf dem Münchner Marienplatz aus: "Und im nächsten Jahr holen wir den Europapokal!" Eine spontane Aussage, die ihm noch Probleme bereiten sollte.

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Im Kampf gegen den Abstieg kam es am letzten Spieltag zu der Begegnung zweier direkter Konkurrenten. Die punktgleichen Teams von Bayer 05 Uerdingen und Borussia Mönchengladbach trafen in der Grotenburg-Kampfbahn aufeinander. Die Zuschauer dieser Partie fühlten sich an diesem Nachmittag an die "Schande von Gijón" erinnert, als beim sogenannten Nichtangriffspakt zwischen der deutschen und der österreichischen Nationalmannschaft am Ende Algerien das Nachsehen hatte. Nach der 1:0-Führung für Deutschland, was beiden Teams zur Qualifikation für die Endrunde reichte, schob man damals bei der WM 1982 in Spanien nur noch lustlos den Ball hin und her. Ein ähnliches Drama spielte sich knapp acht Jahre später in Krefeld ab.

Bereits vor der Partie wettete die Bochumer Mannschaft auf ein Unentschieden bei der Begegnung in der Grotenburg-Kampfbahn – immerhin mit 20.000 Mark aus der Teamkasse. Stürmer Uwe Leifeld: "Wenn wir schon verschaukelt werden, dann kriegen wir wenigstens noch Geld raus. Ich verwette mein Haus, dass dieses Spiel unentschieden ausgeht." Und genauso kam es. Der Vorsitzende des Bochumer Wirtschaftsrats, Werner Altegoer, fragte nach dem 0:0 in Krefeld höhnisch: "Haben die sich überhaupt noch die Mühe gemacht, die Tore aufzustellen?"

Quelle: ntv.de

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