Redelings Nachspielzeit

Meisterträume an der Alster? Als der HSV das letzte Mal den FC Bayern ärgerte

Joris Mathijsen (r.) im Ringkampf mit Thomas Müller.

Joris Mathijsen (r.) im Ringkampf mit Thomas Müller.

(Foto: imago sportfotodienst)

Genau 15 Jahre ist es her, dass der damalige "Dino" der Liga, Hamburger SV, den großen FC Bayern letztmals besiegte. Damals reiften an der Alster sogar Meisterträume. Der HSV grüßte von der Tabellenspitze und selbst Karl-Heinz Rummenigge erinnerte schon an die glorreichen Zeiten der Hamburger - und an einen schmerzhaften Sieg des HSV über die Bayern!

"So ist Fußball. An einem Tag bist du Michael Jackson und am nächsten Tag dann nur noch Roy Black." In Hamburg schwärmten sie Ende September vor 15 Jahren von dem jungen Niederländer Eljero Elia - und eine hanseatische Boulevardzeitung legte dem Stürmer damals diesen herrlichen Satz in den Mund. Es waren wunderbare Spätsommertage, die der HSV rund um den Sieg gegen den deutschen Rekordmeister feiern durfte. Damals ahnte in diesen glückseligen Stunden noch niemand, dass es der letzte Triumph gegen den FC Bayern München für viele, viele Jahre sein würde. Im Gegenteil sogar. Am Abend dieses 1:0-Sieges am 26. September 2009 durch Mladen Petrić träumte ganz Hamburg von der Wiederauferstehung der alten Zeiten.

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Denn schon vor der Partie war der Hamburger SV als Tabellenführer in das Spiel gegen den Dritten der Liga und alten Rivalen, den FC Bayern München, gegangen. Und tatsächlich spürten sie an der Säbener Straße damals erstmals seit langer Zeit, dass da was Ernsthaftes an der Alster entstehen könnte. Erst vor der Saison war aus München der langjährige Spieler der Bayern, Zé Roberto, gekommen und der verkündete nun, nach dem verdienten Sieg gegen den Rekordmeister, gelassen lächelnd: "Ich habe noch Großes vor mit dem HSV." 17 Punkte und 17 Tore nach sieben Spieltagen - der Hamburger SV war endlich wieder wer.

Die große Wende im Sommer 1982

Und das sah im Prinzip auch Karl-Heinz Rummenigge im fernen München so, auch wenn er noch vor der Partie versuchte, das neue Aufbegehren des alten Rivalen richtig einzuordnen: "Sie haben ohne Frage eine gute Mannschaft. Aber um auf Augenhöhe zu sein, müsste der HSV in den nächsten vier Jahren dreimal die Meisterschaft holen." Doch das traute Rummenigge den Hamburgern auch nach dem wichtigen "Big-Point-Spiel" und dem Sieg des HSV gegen seinen eigenen Verein - verständlicherweise - nicht zu. Und dann geriet Rummenigge doch noch einmal ins Schwärmen, als er an die Anfänge der 80er-Jahre und die großen Duelle zwischen den beiden Klubs erinnerte.

So wie im Sommer 1982, als in Hamburg tüchtig gejubelt werden durfte. Damals hatte der HSV mit Trainer Ernst Happel einen echten Volltreffer gelandet. Felix Magath war schon nach der ersten Trainingseinheit vollkommen begeistert vom neuen Coach: "Es war plötzlich wie damals auf der Straße. Da liefen wir auch hinter dem Ball her, um uns auszutollen." Und die gute Laune hielt an. Vor dem 29. Spieltag der Saison 1981/82 hatte der HSV bereits drei Punkte Vorsprung auf die zweitplatzierten Münchner Bayern. Ein Unentschieden oder gar ein Sieg beim Titelverteidiger, und die Meisterschaft wäre vorzeitig entschieden gewesen.

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Doch nach 64 Minuten lag der HSV mit 3:1 hinten. Das Projekt Titel drohte bei nur noch einem Zähler Vorsprung schon wieder deutlich komplizierter zu werden, bis Thomas von Heesen und Horst Hrubesch doch noch der Ausgleich gelang. Wenigstens der Abstand war gewahrt, dachten alle, und richteten sich auf ein spannendes Ligafinale ein. Doch dann gewann der HSV durch ein Tor von Horst Hrubesch in der 90. Minute noch mit 4:3. Der grandiose Schlussspurt war das vorgezogene Meisterstück der Hamburger. Jimmy Hartwig erinnerte sich später gerne daran, wie die Mannschaft das großartige Gefühl des Triumphs erlebte: "In der Woche nach dem Spiel sind wir mit so breiter Brust durch die Straßen gelaufen, dass Fußgänger vor Angst die Straßenseite gewechselt haben."

Rummenigge, die WM und ein Kreuzband

In München verkraftete man die Niederlage im entscheidenden Spiel um den Titel dagegen nur sehr schwer. Der Versuch, es humorvoll zu nehmen, mündete in diesem Witz: "Hast du gestern den Riesenkrach an der Säbener Straße gehört?" "Nein, was ist denn passiert?" "Die Mannschaft des FC Bayern hat sich die Deutsche Meisterschaft aus dem Kopf geschlagen!" Und auch Karl-Heinz Rummenigge hat diese schmerzhafte Niederlage nie vergessen. Als sich nun der HSV anschickte, die Bayern wieder herauszufordern, erinnerte er sich zurück an das Jahr 1982: "Ich war im Spiel nicht fit. Mein Kreuzband war angerissen. Das habe ich wegen der WM nicht operieren lassen, hatte Glück, dass ich eine relativ gute Muskulatur im Oberschenkel hatte. Ich wollte das Ende meiner Karriere nicht riskieren."

Was Rummenigge damals nicht sagte: Er glaubte immer noch fest daran, dass, wenn er selbst bei diesem wichtigen Spiel fit gewesen wäre, der HSV nie Deutscher Meister geworden wäre. Und genauso wenig glaubte er nun, Ende September 2009, dass der Hamburger SV noch einmal zu einer echten Gefahr für die Bayern werden würde. Rummenigge sollte Recht behalten. Der Triumph über die Bayern kann sogar im Nachhinein als der letzte große Sieg des HSV in der Bundesliga angesehen werden. Am Ende der Saison belegten die Hamburger den 7. Tabellenplatz. Meister wurde natürlich der FC Bayern München.

Und Eljero Elia? Der sollte tatsächlich eine von Höhen und Tiefen geprägte Karriere zwischen Michael Jackson und Roy Black führen. Aber immer erstklassig. Anders als der HSV - der nun schon im siebten Jahr versucht, wieder in die erste Riege des deutschen Fußballs aufzusteigen. Doch die Träume von den glorreichen, vergangenen Zeiten gibt es immer noch - und im Jahr 2009 waren sie plötzlich, für einen Moment, wieder ganz nah.

Quelle: ntv.de

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