Redelings Nachspielzeit

Vom Armenviertel zum König Die unglaubliche Weltkarriere des Johan Cruyff

Der junge Johan Cruyff.

Der junge Johan Cruyff.

(Foto: imago/Kicker/Metelmann)

Heute hätte die große niederländische Fußball-Legende Johan Cruyff seinen 75. Geburtstag gefeiert - doch leider verstarb der "König des Fußballs" bereits vor sechs Jahren. Seine Idee vom Spiel war einzigartig, genauso wie sein Leben und seine Sprüche. Eine Erinnerung an einen der Größten, den der Fußball je gesehen hat!

"Wenn ich wollte, dass ihr das versteht, hätte ich es besser erklärt." Das war einer dieser unvergleichlichen, typischen Sprüche des Johan Cruyff. Die beiden Journalisten Frits Barend und Henk van Dorp haben ihm diesen Satz - leicht von oben herab, eine Spur patzig und ganz sicher direkt aus dem Bauch heraus - nie übelgenommen. Im Gegenteil: Sie verwendeten ihn sogar in ihrem Buch als Kapitelüberschrift, weil sie wussten - besser kann man diesen ganz speziellen Menschen und großen Fußballästheten Johan Cruyff in einem einzigen Satz nicht zusammenfassen.

Dass der am 25. April 1947 in einem Amsterdamer Armenviertel geborene Johannes Hendrikus Cruyff eines der faszinierendsten Genies am Ball und später als Trainer am Spielfeldrand war, wissen die allermeisten Fußballfans auch heute noch. Doch dass der Mann, der früh seinen Vater verlor und von seiner hart arbeitenden Mutter alleine großgezogen wurde, schon immer seinen ganz eigenen Kopf hatte und im Umgang mit anderen Menschen nie einfach war, wird gerne vergessen oder unter dem breiten Mantel seiner einzigartigen Begabung versteckt.

ANZEIGE
Zwischen Puff und Barcelona: Bens beste Fußball-Kolumnen
15
14,90 €
Zum Angebot bei amazon.de

Wer wissen will, wie eigensinnig der Spieler mit der legendären Nummer 14 sein konnte, der schaue sich nur einmal Bilder von der WM 1974 in Deutschland an - als die Niederlande nach einem berauschenden Ritt durchs Turnier erst im Finale unglücklich an der deutschen Elf scheiterten.

Mit Weisweiler ist nichts mehr, wie es war

Da Cruyff damals bei Puma unter Vertrag stand und die Firma liebte, weigerte er sich, wie seine Mitspieler, im Adidas-Trikot aufzulaufen. Kurz vor dem Turnier drohte die Lage zu eskalieren, sodass ein Kompromiss hermusste. Und tatsächlich nähte das berühmte Unternehmen mit den drei Streifen schließlich extra für den niederländischen Ausnahmekünstler ein Trikot mit nur zwei Streifen. Man könnte meinen, dass es sich bei dem Vorgang um eine Bagatelle handelte, doch für Cruyff war es mehr. Er war der Mann, der die Fäden in den Händen hielt. Und so hatte er am Ende mal wieder seinen Kopf durchgesetzt.

Genau wie nur zwei Jahre später in Spanien. Johan Cruyff war damals - nach unglaublich erfolgreichen Jahren bei Ajax Amsterdam - bereits der große, gefeierte Star des FC Barcelona. Die Katalanen liebten ihren Niederländer und Cruyff liebte seinen Klub. Doch dann kam der deutsche Erfolgstrainer Hennes Weisweiler zum FC Barcelona - und nichts war mehr wie zuvor. Neun lange Monate bekämpften sich die beiden Alphatiere auf und abseits des Platzes, bis es am 8. Februar 1976 endgültig zum Bruch zwischen den beiden kam.

Cruyff und Weisweiler - keine erfolgreiche Kombination.

Cruyff und Weisweiler - keine erfolgreiche Kombination.

(Foto: imago/Horstmüller)

Die Mannschaft des FC Barcelona hatte gegen den FC Sevilla mit 0:2 verloren und Weisweiler hatte seinen Star nicht nur in der 65. Minute vorzeitig vom Feld genommen, sondern anschließend auf der Pressekonferenz auch noch erklärt: "Ein Mann mit 600.000 Mark Gehalt muss seinem Klub mehr bieten. Beiden Toren gingen Cruyff-Fehler voraus."

"Barça ohne Cruyff ist unmöglich"

Man kann sich vorstellen, wie erbost der Niederländer nach dieser öffentlichen Zurschaustellung und Demütigung war. Sofort wandte sich Cruyff an die Presse und sagte: "Weisweiler hat keine Ahnung vom Fußball!" Natürlich konnte sich der deutsche Trainer des FC Barcelona wiederum diesen verbalen Konter seines niederländischen Stars nicht unkommentiert anschauen - und so forderte Weisweiler eine hohe Geldstrafe und ein Trainingsverbot für Cruyff.

Doch das war nur eine Steilvorlage für den Star der Katalanen, der selbstbewusst erklärte, dass er unter diesem Coach eh nicht mehr trainieren würde und Weisweiler für ihn endgültig erledigt sei. Der Präsident des FC Barcelona, Agusti Montal, verlängerte noch am selben Tag vorzeitig den Vertrag des Niederländers - und Weisweiler bat im Gegenzug um die Auflösung seiner Vereinbarung mit den Katalanen.

Günter Netzer, der damals bei Real Madrid spielte, meinte viele Jahre später einmal: "Die Spanier waren der Meinung, dass es viele Weisweilers geben würde, aber nur einen Cruyff." Wie recht Netzer damit wohl hatte, drückt der Satz des früheren Präsidenten des FC Barcelona, Josep Bartomeu, aus, der anlässlich des Todes von Cruyff 2016 sagte: "Es ist unmöglich, Barça ohne Cruyff zu verstehen."

Einfache, aber hintersinnige Sätze

Die Philosophie des Spielers und späteren Trainers Johan Cruyff kann man immer noch am besten mit dem niederländischen Wort "Totaalvoetbal" zusammenfassen. Und so schrieben die beiden Journalisten Frits Barend und Henk van Dorp einmal folgerichtig: "Der Fußballer Cruyff kannte keine Angst. Der Fußballer Cruyff verstand nicht, dass Mannschaften auf Verteidigung eingestellt waren."

Der Niederländer hat in seinem Leben viele unvergessliche Sätze gesagt, die diese Einstellung widerspiegeln: "In meinen Mannschaften ist der Torwart der erste Stürmer und der Stürmer der erste Verteidiger." Oder: "Wenn wir den Ball haben, kann der Gegner nicht treffen." Und auch dieser: "Wenn du schneller spielen willst, kannst du schneller laufen. Aber eigentlich bestimmt der Ball immer die Geschwindigkeit des Spiels."

Seine unzähligen Erfolge als Spieler und als Trainer, die ihn zum "König des Fußballs" werden ließen, erzielte Johan Cruyff stets auf der Basis dieser einfachen, aber häufig zudem auch so hintersinnigen Sätze: "Die Grundlage ist es, den Ball so schnell wie möglich unter Kontrolle zu bekommen. Desto mehr Zeit hast du fürs Gucken."

Ansprachen vom Mond

Mehr zum Thema

Und manchmal kamen ihm auch Dinge in den Kopf, die auf den ersten Blick völlig banal und eigentlich abseitig erscheinen. So entschied er einmal vor einem Qualifikationsspiel gegen Finnland zusammen mit seinem Bondscoach Marco van Basten nur sehr kleine und wendige Spieler auf den Platz zu lassen. Die Begründung der beiden: Die Finnen hatten zu dieser Zeit ausschließlich besonders große Männer in ihrem Team. Und tatsächlich ging der Plan von Cruyff und van Basten an diesem Tag auf.

Vor sechs Jahren ist der Mann, der einmal gesagt hat - "Wenn es keinen Fußball gäbe, würde ich ihn erfinden" - viel zu früh gestorben. Heute wäre Johan Cruyff 75 Jahre alt geworden. Vielleicht lohnt sich in dieser Nacht einmal ein Blick hinauf zu den Sternen. Denn die große niederländische Fußballlegende hat einmal gemeint: "Ich werde mit meinen Ansprachen weitermachen. Auch wenn ich einmal tot bin. Dann werde ich sie eben vom Mond herab halten."

Quelle: ntv.de

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen