Redelings Nachspielzeit

Redelings freut sich auf Uli Hoeneß Mia san Uli - ein Stück weit

Jung und Manager: Uli Hoeneß vor 33 Jahren.

Jung und Manager: Uli Hoeneß vor 33 Jahren.

(Foto: imago sportfotodienst)

Der "J.R. der Fußball-Bundesliga" ist zurück. Uli Hoeneß wird nach verbüßter Haftstrafe wieder zum Präsidenten des FC Bayern gewählt. Und das ist gut so - meint zumindest unser Kolumnist und erinnert an legendäre Hoeneß-Momente.

Für alle, die in den 70er und 80er Jahren des vergangenen Jahrhunderts aufgewachsen sind, war er eigentlich immer da. Er ist der ewige Kanzler der Fußball-Bundesliga. Während drum herum die Leute kamen und gingen, ist Uli Hoeneß stets geblieben. Er wurde er zu einer Konstante in unserem Leben. Und so gilt für uns alle ein Stück weit: Mia san Uli. Nun kehrt er zurück, 270 Tage nach seiner vorzeitigen Entlassung aus der Haft wollen sie ihn beim FC Bayern am Freitag wieder zum Präsidenten wählen.

Der "Kicker" kündigte bereits den "neuen Hoeneß" an. Das Landgericht München hatte ihn im März 2014 wegen der Hinterziehung von mindestens 28,5 Millionen Euro Steuern zu dreieinhalb Jahren Gefängnis verurteilt. Er hat seine Straftat verbüßt, mehr als 40 Millionen Euro bezahlt. Jetzt ist er wieder da. Doch wie wurde er der Hoeneß, wie wir ihn kennen? Ein Blick zurück auf einen streitbaren Charakter anhand einiger kurioser Stationen seiner Karriere. Ein Journalist stellte ihn einst vor die Wahl: "Liebe oder Fußball?"

Ben Redelings ist "Chronist des Fußballwahnsinns" (Manni Breuckmann) und leidenschaftlicher Anhänger des VfL Bochum. Der Autor, Filmemacher und Komödiant lebt in Bochum und pflegt sein Schatzkästchen mit Anekdoten. Seine kulturellen Abende "Scudetto" sind legendär. Für n-tv.de schreibt er stets dienstags die spannendsten und lustigsten Geschichten auf. Sein Motto ist sein größter Bucherfolg: "Ein Tor würde dem Spiel gut tun".

Er antwortete ohne zu zögern: "Muss ich und würde ich Fußball wählen." Diese Antwort mag einer der Gründe dafür sein, warum die meisten Fans den langjährigen Manager der Bayern zwar nicht lieben, aber dennoch achten. Denn bei all seinem Tun spürt man vor allem eins: Die Leidenschaft für den Fußball. Sie macht den "J.R. der Bundesliga", wie ihn sein Bruder Dieter Hoeneß einmal nannte, immer noch und nun wieder zu einer der prägendsten und schillerndsten Gestalten der Szene - weltweit. Was viele über Hoeneß nicht wissen: Er sei schon immer "Joschka-Fischer-Fan", hat er einmal gesagt. Und auch etwas anderes überrascht viele Anhänger, wenn sie es das erste Mal hören. Als es bei den Bayern in der Saison 1974/1975 kriselte, sahen nicht wenige in Hoeneß den Hauptschuldigen für die Probleme. +

"Die Presse frisst das!"

"Es geht nicht an, dass jeder tut, was er will. Das sind bedenkliche Zerfallserscheinungen", sagte Manager Robert Schwan damals. Zuvor hatte Uli Hoeneß unentschuldigt beim Training des FC Bayern gefehlt und deshalb auch die folgende Begegnung in Bochum verpasst.Doch wo war er gewesen, während seine Kollegen in München trainierten? Der Brief eines Bayern-Anhängers löste das Rätsel. Der geschäftstüchtige Star ("Ich kenne keinen raffgierigeren Menschen als Uli Hoeneß", Udo Lattek) schrieb sich in Frankfurt die Finger wund. Drei Autogrammstunden hintereinander absolvierte er, wie ein Zeitungsinserat schwarz auf weiß bewies. Die anschließende 0:3-Niederlage des FC Bayern in Bochum machte die Sache für Hoeneß nicht einfacher.

"Der Uli Hoeneß ist derjenige, der die meisten Entschuldigungen von allen Bayern-Spielern hat": Dettmar Cramer.

"Der Uli Hoeneß ist derjenige, der die meisten Entschuldigungen von allen Bayern-Spielern hat": Dettmar Cramer.

(Foto: imago/Kicker/Eissner)

Sein Trainer Dettmar Cramer hatte zuvor schon einmal über ihn gesagt: "Der Uli Hoeneß ist derjenige, der die meisten Entschuldigungen von allen Bayern-Spielern hat. Er ist erst 23 Jahre alt, aber darin schon ein Meister. Er hat den Spruch über seinem Bett hängen: Der liebe Gott erhalte mir meine guten Ausreden. Und die kann er alle logisch begründen - die Presse frisst das!" Nur sechs Jahre später war das alles vergessen. Hoeneß wurde Manager des FC Bayern - nein, er wurde der FC Bayern: "Wer Bayern München angreifen will, muss erst an mir vorbei." Und wenn es in den Folgejahren in bestimmten Situationen einmal brenzlig wurde, sagte Hoeneß gerne: "Leibwächter brauchen wir nicht, aber ich werde mich bei Gelegenheit selber dazwischen schmeißen. Denn meine 102 Kilo, die reichen auch aus."

Eine der ersten Amtshandlungen des Jungmanagers war im Frühjahr 1980 eine höchst kuriose. Beim Spiel auf dem Betzenberg fiel Hoeneß etwas auf: "Die Lauterer spielten mit Bällen, die hatten einen Zug zum Tor, das war nicht mehr normal! Schon ein paarmal zuvor sah ich im Fernsehen, wie die es bei ihren Heimspielen dauernd mit Fernschüssen versuchten, herrlich den Ball trafen und eine Menge Tore auf diese Art machten." Hoeneß ließ sich vom Lauterer Zeugwart einen dieser Wunderbälle zeigen: "Ich hielt einen von unseren Bällen daneben, die gleiche Marke, und sah, dass deren Ball einen etwas größeren Umfang aufwies als unserer, damit auch mehr Trefferfläche."

"Koch- und Kosmetikkurse im Stadion"

Hoeneß erwarb sofort einige Bälle und siehe da, die Münchner holten im Olympiastadion fortan einen Kantersieg nach dem nächsten. Hoeneß: "Der tolle Ball gab den Spielern Selbstvertrauen. Zuspiele, die sie früher erst abstoppten und unter Kontrolle brachten, nahmen sie jetzt volley aus der Luft und trafen." Gleich in seinem ersten Jahr hatte Hoeneß auch eine revolutionäre Idee, um die Besucherzahlen zu erhöhen, denn damals waren die Arenen der Bundesliga bei weitem nicht ausgelastet: "Wir wollen den Stadionbesuch für die Frauen attraktiver machen, durch Koch- und Kosmetikkurse im Stadion etwa, während die Männer dem Spiel zusehen."

Mit dem Schweizer Profi Alain Sutter lieferte sich Hoeneß einen legendären Schlagabtausch. Neun Kilo hatte Sutter nach der WM 1994 durch einen "verschleppten Salmonellenbefall" verloren. Er versuchte jedoch, die Krankheit, anders als vom FC Bayern gewünscht, nicht von einem Arzt mit einem Antibiotikum kurieren zu lassen, sondern von einem Homöopathen auf alternative Weise. Hoeneß schimpfte: "Wir haben die Marotten lange genug erduldet!" Dann setzte er ein Ultimatum für einen Arztbesuch und riet dem bekennenden Vegetarier zudem: "Der Sutter soll Schweinsbraten mit Knödeln essen und nicht das Körnerfutter."

Doch der Schweizer hatte noch nicht alle Kräfte eingebüßt, das bewies sein Konter: "Wie man aussieht, wenn man zu viel Schweinebraten isst, sieht man ja an Herrn Hoeneß." Dass sich Hoeneß mit der Welt der Finanzen und der Wirtschaft gut auskennt, konnte man schon immer an solcherart Sätzen ablesen. Die Leistungssteigerung seiner Bayern kommentierte er mit den Worten: "The trend is your friend." Und dennoch sagte er auch Sätze wie diesen, die im Nachhinein natürlich etwas komisch klingen: "Wenn ich an die Börse gehe, dann lese ich nicht mehr den Kicker, sondern so was. Ich lese aber lieber den Kicker."

Das bunte Fußballer-Leben des Uli Hoeneß wäre Stoff für einen Roman. Leider werden wir jedoch nie die großartige Geschichte seiner Karriere aus seiner eigenen Feder lesen können. Denn schon in den 1990er Jahren hat Hoeneß unmissverständlich gesagt: "Eine Biografie? Von mir? Nein. Never ever! Wenn ich die Wahrheit über das, was ich alles erlebt habe, schreiben würde, müsste man etwa zehn Bände machen - und ich müsste nach der Veröffentlichung nach Australien auswandern." Das glauben wir gerne. Jetzt ist er wieder da, mischt beim FC Bayern mit - und das Buch wird weitergeschrieben. Und das ist gut so.

Das aktuelle Buch unseres Kolumnisten Ben Redelings: "Bundesliga-Album: Unvergessliche Sprüche, Fotos, Anekdoten" bei Amazon bestellen. Außerdem ist er gerade live mit seinen Programmen unterwegs: Informationen und Tickets zur Tour.

Quelle: ntv.de

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