China-Retorte als DEB-Booster? Dieses Spiel darf Deutschland nicht verlieren

Na dann mal los, Männer.

Na dann mal los, Männer.

(Foto: imago images/Laci Perenyi)

Nach dem amtlich vergeigten deutschen Olympia-Auftakt ist ein Sieg gegen Kunlun Red Star Pflicht. Das Klubteam tritt in Peking mit 16 Nordamerikanern als Eishockey-Vertreter Chinas an. Für die Mannschaft von Bundestrainer Toni Söderholm ist ein Sieg absolut Pflicht.

In der deutschen Eishockey-Nationalmannschaft trösten sie sich mit der Erinnerung. Auch vor vier Jahren, beim olympischen Erfolgsturnier in Pyeongchang, ging die Auftaktpartie (und auch die folgende) verloren. Also ruhig bleiben und entspannt weiteratmen. Die krachende Ohrfeige gegen Team Canada nun zum Start des Turniers in Peking nicht überbewerten. Das kann ein guter, aber auch ein gefährlicher Trost sein. Denn das überraschende (weil so heftige) 1:5 gegen die Kanadier wirkte deutlich chancenloser als das 2:5 damals gegen die Finnen. Aber tatsächlich ist es ja so: Noch ist nichts passiert.

Das würde sich mit einem weiteren Deja-vu schlagartig ändern. Denn eine zweite Niederlage, wie eben 2018, würde sehr wahrscheinlich das Ende aller Medaillenträume bedeuten. Erst recht wenn diese Niederlage gegen China kassiert würde. Denn die Mannschaft des Gastgebers ist trotz der 17 eingebürgerten Profis - 13 Kanadier, drei Amerikaner und einem gebürtigen Russen - eigentlich nicht konkurrenzfähig. Beim 0:8 zum Auftakt gegen die US-Boys flogen dem Klubteam Kunlun Red Star (alle Nationalspieler Chinas stehen dort unter Vertrag) die Pucks nur so um die Ohren. Das Ergebnis war noch die beste Nachricht für die "Gastgeber".

Dabei hatte man sich eigentlich erhofft, mit der Equipe aus der KHL, der zweitstärksten Liga der Welt (dort ist Kunlun allerdings abgeschlagen Letzter), zumindest wehrhaft zu sein. Die nationale Blamage von zweistelligen Klatschen in Serie, sie war verdammt groß. Und sie ist offenbar immer noch real. Die jungen Amerikaner haben das beeindruckend angedeutet. Ob das DEB-Team auch in der Lage ist, die Chinesen so zu dominieren? Niemand weiß es. Was man aber weiß: Viel, sehr viel muss im zweiten Gruppenspiel nun besser werden, um den Anspruch, ein Medaillenkandidat zu sein, zu untermauern.

Alle(s) steigern

In der Verteidigung ließen sich die Deutschen viel zu leicht ausspielen, es fehlte bisweilen an körperlicher Härte und an einer kompakten Aufstellung in der eigenen Zone. Im Angriff wurden viel zu wenige Chancen kreiert. Und auch im Tor braucht es unbedingt eine Steigerung. Mathias Niederberger, bei der WM im vergangenen Jahr noch zur "Krake von Grevenbroich" über sich hinausgewachsen, wirkte nicht immer souverän.

Trotz des so frühen Dämpfers, der bei all dem Vorfeld-Gerede um eine mögliche Goldmedaille in China, vielleicht unbedingt zur rechten Zeit kam, will sich die Mannschaft nicht die Freude am nächsten olympischen Abenteuer nehmen lassen. "Wir sind alle so lange im Eishockey-Business, dass wir wissen, dass schlechte Laune nichts bringt", sagt Angreifer Matthias Plachta - einer von noch zehn Silbergewinnern von 2018 in der Auswahl von Bundestrainer Toni Söderholm. "Wir sind eine Truppe, die Riesenspaß zusammen hat." Ein wenig lustig, eher ironisch ist auch sein Blick auf das Duell mit China an diesem Samstag (ab 9.40 Uhr im ZDF und im Liveticker bei ntv.de). "Das ist eine Nation, die wir schlagen können." Nun, die Wahrheit ist aber eher so: Das ist eine Nation, die Deutschland schlagen muss. Alles andere wäre eine Blamage. Allen eingebürgerten Exportkräften zum Trotz.

Wie ist das mit Chinas Regeln?

Für deren Spielberechtigung nahm man es im Land mit den sonst strengen Einbürgerungsformalien wohl nicht so genau. Die verbietet nämlich eigentlich eine doppelte Staatsbürgerschaft. Aber es ist eben so, wie die Spieler selbst verraten: "Ich habe meinen US-Pass noch", sagt Jieke Kailiaosi, der eigentlich Jake Chelios heißt, und Sohn des legendären NHL-Verteidigers Chris Chelios ist. "Ich bin eindeutig kein Chinese, aber ich spiele seit drei Jahren für ein chinesisches Team, bekam die Chance, hier zu leben, und ich liebe es." Zumindest neun in China geborene Spieler wahren ein wenig den Schein.

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Wie das Vorgehen (gemäß der Weltverbandsregeln ist das übrigens legitim) bei den anderen Teams ankommt? "Zu Olympia gehört doch auch immer ein Hauch Exotik", formulierte Söderholm diplomatisch. Nach der Klatsche gegen Kanada war der Finne ohnehin mehr damit beschäftigt, seine Jungs wieder aufzurichten, als sich über Sinn oder Unsinn des chinesischen Teams Gedanken zu machen. "Es ist wichtig, dass wir Effizienz lernen", mahnte er, "wie gradlinig wir eigentlich spielen müssen." Und er befand: "Den einen oder anderen qualitativ besseren Pass brauchen wir auch."

Im Training nahm sich der Bundestrainer seine Spieler einzeln zur Seite. Mit vielen Schüssen teilweise auf das leere Tore sollte zudem das Selbstbewusstsein wieder belebt werden. Der Coach stapelte vor den Angriffsdritteln je fünf Pucks übereinander und ließ die rotgekleidete Hälfte des Team gegen die schwarze antreten. Wer nicht traf, musste die Scheibe wieder auf den Stapel legen. Schwarz versenkte zuerst alle Pucks im Tor - und jubelte lautstark. "Toni hat immer ein paar Sachen in petto, die Spaß machen und die Stimmung auflockern", sagte Plachta. Und das mit dem schnellen Wiederaufrichten hat offenbar funktioniert. "Wir wissen", sagte Patrick Hager, noch so ein Silberjunge von Südkorea, "dass wir hier jeden Gegner schlagen können. Dafür brauchen wir 60 Minuten Top-Eishockey. Aber da mache ich mir keine Sorgen."

Quelle: ntv.de, mit dpa/sid

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