Kopfhörer mit Filtersystem Ist der Dyson Zone nur eine Luftnummer?


Der Dyson Zone ist ein echter Hingucker.
(Foto: kwe)
Dyson ist vor allem für seine beutellosen Staubsauger, aber auch Föhns, Händetrockner, Ventilatoren oder Luftbefeuchter und -reiniger bekannt. Die meisten Geräte des 1991 in Großbritannien gegründeten Unternehmens haben gemeinsam, dass sie Luft bewegen. Und so ist es auch beim ersten Dyson-Kopfhörer, dem Zone. ntv.de hat ausprobiert, ob das futuristisch aussehende Headset nur eine Luftnummer ist oder Zukunft hat.
Schick und hochwertig
Das Design des Headsets mit viel Metall und transparenten Elementen ist sehr gelungen und erinnert an die Optik anderer Geräte des Herstellers. Außerdem wirkt der Kopfhörer sehr hochwertig und robust, man hat nicht das Gefühl, dass das mindestens 900 Euro teure Gerät schnell den Geist aufgeben könnte.
Dafür, dass in den Muscheln die Kompressoren und Filter für die Luftreinigung untergebracht sind, ist der Kopfhörer erstaunlich kompakt. Laut Dyson hat die Entwicklung dorthin sechs Jahre gedauert, begann also lange vor der Corona-Pandemie. Entsprechend ist die Aufgabe der zweischichtigen, wechselbaren Filter nicht in erster Linie, Viren abzufangen, sondern die Luft von Verschmutzungen zu befreien.
Laut Dyson nimmt die elektrostatische Schicht 99 Prozent der Partikel bis zu einer Größe von 0,1 Mikrometern auf, während mit Kalium angereicherter Kohlenstoff unter anderem Stickstoff- und Schwefeldioxid auffängt.
Schwer, aber trotzdem bequem
Trotz der noch kompakten Bauweise ist der Dyson Zone mit etwa 585 Gramm ein sehr schwerer Kopfhörer, kombiniert mit dem Visier wiegt er 670 Gramm. Trotzdem ist er recht bequem zu tragen - auch für Brillenträger. Das liegt daran, dass das Headset gut ausbalanciert und ausgesprochen großzügig gepolstert ist. Die Kissen sind auch nicht mit schwitzigem Kunstleder bezogen, sondern mit einem angenehmen Mikrofaser-Gewebe.
Spätestens nach ein, zwei Stunden wird es aber doch etwas unangenehm. Das liegt weniger an dem hohen Gewicht als am hohen Anpressdruck, der nötig ist, damit das Headset auch bei stärkeren Bewegungen nicht verrutscht.
Visier runter zum Gespräch
Das Visier, das dazu dient, den Strom der durch die Filter gesaugten Luft gezielt vor Mund und Nase zu lenken, stört dagegen auch über einen längeren Zeitraum kaum. Richtig eingestellt berührt es das Gesicht nämlich nicht, sondern ist knapp davor platziert.

Klappt man das Visier herunter, wird der Transparenzmodus aktiviert. Alle anderen Funktionen pausieren.
(Foto: kwe)
Das Visier haftet magnetisch an den Ohrmuscheln und ist im Handumdrehen angesetzt oder abgenommen. Im Gegensatz zum Kopfhörer wirkt es etwas klapperig, da es komplett aus Plastik ist, um Gewicht zu sparen. Stabil ist es trotzdem, im Test hat es etliche Stürze auf den Boden unbeschadet überstanden.
Benötigt man das Visier kurzzeitig nicht oder möchte man sich unterhalten, klappt man es einfach nach unten. Musikwiedergabe, Geräuschunterdrückung und Luftreinigung pausieren dann und der Kopfhörer schaltet in den Gesprächsmodus, bei dem Außengeräusche verstärkt werden. Der Effekt ist gut dosiert, Gesprächspartner klingen sehr natürlich. Klappt man das Visier wieder hoch, starten alle drei Funktionen wieder.
Luftqualität wird nicht gemessen
Die Luftreinigung kann in drei Stufen geregelt werden. Entweder man macht das selbst über einen Knopf an der linken Muschel oder man überlässt es einer Automatik, die anhand von Beschleunigungssensoren die Aktivität von Trägerinnen und Trägern ermittelt.
Sensoren, die wie bei großen Geräten die Luftqualität messen und entsprechend die Reinigungsleistung justieren, hat der Kopfhörer nicht. In der zugehörigen App kann man lediglich die lokale Luftqualität ablesen. Geht man danach, kann man selbst in der Mitte Berlins das Visier meistens zu Hause lassen. Jedenfalls im Sommer.
Im Winter könnte sich das ändern. Messungen von ntv.de haben ergeben, dass die Schadstoffwerte extrem in die Höhe schnellen, wenn in der Nachbarschaft Holz in Kaminöfen verbrannt wird. Allergiker könnten auch im Frühjahr von der Luftreinigung vor Mund und Nase profitieren, da die Filter vergleichsweise große Pollen abfangen.
Zumindest riecht man Grillpartys nicht mehr
Wie gut die Luft tatsächlich ist, die man atmet, konnte im Praxistest natürlich nicht herausgefunden werden. Ein möglicher Weg, dies grob einzuschätzen, sind aber Gerüche. So war der Gestank einer nachbarlichen Grillparty bei stärkstem Luftstrom praktisch nicht mehr wahrnehmbar, obwohl der Wind die Rauchschwaden ins offene Fenster blies.
Die Filter sollen bis zu einem Jahr halten. Um sie zu wechseln, muss man lediglich den Metallrost von den Muscheln schrauben. Wenn sie verbraucht sind, wird man von der App benachrichtigt oder sieht es an rosafarben pulsierenden LEDs am Kopfhörer. Zwei Filter gehören zum Lieferumfang, ein Ersatz kostet 20 Euro.
Kompressoren saugen Akku schnell leer
Das vierteilige Visier kann man bei Bedarf auseinandernehmen und mit milder Seife und Wasser reinigen. Eine kleine Bürste für die Kanäle gehört zum Lieferumfang. Wie für den Filterwechsel findet man auch für die Visier-Reinigung Text- und Videoanleitung in der App, allerdings nicht durchgehend übersetzt.
Die Luftreinigung scheint bis zu einem gewissen Grad also durchaus effektiv zu sein. Sie hat allerdings neben ihrer Auffälligkeit zwei große Nachteile. Die Kompressormotoren sind zum einen deutlich hörbar, vor allem auf Stufe 3. Zum anderen reduzieren sie die sonst extrem starke Laufleistung von rund 50 Stunden auf knapp vier Stunden.
Sehr guter Klang
Ohne Visier und surrenden Motoren ist der Dyson Zone nicht nur wegen seiner Ausdauer ein ausgezeichneter Kopfhörer. Der Klang ist sehr gut, vor allem, wenn man die bassverstärkte Grundeinstellung auf neutral ändert. Dann wird man durch einen klaren Sound belohnt, der von schönen, sauber definierten Mitten bestimmt wird. Die Bässe sind kräftig und reichen weit hinunter. Die Höhen sind klar und liefern viele Details.

Mit großer Reisebox und Stofftaschen für alle Komponenten kostet der Dyson Zone 960 Euro.
(Foto: kwe)
Vorwerfen könnte man dem Dyson Zone lediglich, dass es ihm etwas an Temperament fehlt. Ändern kann man daran aber wenig, da der Equalizer nur drei Stufen hat: betonte Höhen, betonte Bässe oder neutral.
Kräftiges ANC
Ähnlich sieht es bei der aktiven Geräuschunterdrückung (ANC) aus, die nur ein- oder ausgeschaltet werden kann. Aber das verzeiht man Dyson weitgehend, da die Funktion sehr effektiv ist. Gleichmäßiges Rauschen wird fast vollständig eliminiert, auch klappernde Tastaturen oder Stimmen sind selbst ohne Musik so gut wie gar nicht mehr zu hören. Vielleicht gibt es noch bessere ANC-Kopfhörer, aber sicher nicht viele.
Die Geräuschunterdrückung macht auch bei Telefonaten einen guten Job, man selbst und Gesprächspartner sind immer gut zu verstehen. Dazu kommt ein angenehmer Transparenzmodus, der Umgebungsgeräusche nicht zu heftig, sondern recht natürlich verstärkt.
Überwiegend gelungene Steuerung
Um zwischen Geräuschunterdrückung und Transparenzmodus zu wechseln, tippt man zweimal auf die Mitte der rechten Muschel. Man muss aber sehr kräftig klopfen, damit die Touchfläche reagiert, was unangenehm laut im Ohr ist. Eine weitere Taste wäre da sicher die bessere Lösung gewesen.
Ansonsten hat Dyson die Steuerung sehr gut hinbekommen. Wie bei Teufel-Kopfhörern kommt ein Joystick zum Einsatz, über den man an der rechten Muschel unkompliziert die Wiedergabe und Telefonate regelt. Links sitzt eine Taste, über die die Stärke des Luftstroms eingestellt wird. Außerdem dient sie als Ein-/Ausschalter und zur Bluetooth-Koppelung.
Fazit
Der Zone als Kopfhörer ist Dyson für einen Erstling wirklich sehr gut gelungen. Design, Klang und ANC sind klasse. Großen Respekt verlangt auch die Unterbringung einer durchaus effektiven Luftreinigung in dem Headset. Ob der Zone hierzulande mehr als eine sehr kleine Nische vielleicht für Allergiker und anderweitig gesundheitlich vorbelastete Menschen besetzen kann, darf aber bezweifelt werden. In Städten wie Peking oder anderen stark belasteten Metropolen könnte der Luftreiniger-Kopfhörer erfolgreicher sein.
Möglicherweise möchte Dyson mit dem Zone auch vor allem auf sich aufmerksam machen und den Weg für kommende Audiogeräte ebnen, bei denen Luft nur durch Lautsprechermembranen bewegt wird. Das Zeug dazu hat das Unternehmen jedenfalls, wie der Zone beweist.
Quelle: ntv.de