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Streitfall aus dem Jahr 2003 Rechtsgutachterin des Europäischen Gerichtshofs will Klagemöglichkeit bei Impfschäden erweitern

In Berlin haben mehr als 1.000 Menschen einen Impfschaden geltend gemacht. (Archivbild)

In Berlin haben mehr als 1.000 Menschen einen Impfschaden geltend gemacht. (Archivbild)

(Foto: Robert Michael/dpa-Zentralbild/d)

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg könnte den Verbraucherschutz bei Impfschäden erweitern. Das jedenfalls schlug am eine einflussreiche EuGH-Rechtsgutachterin in Luxemburg vor. Danach sollen Klagen auch noch nach mehr als zehn Jahren möglich sein, wenn erst dann die Folgeschäden endgültig feststehen. Ein Urteil wird im Herbst erwartet. Das Gutachten ist dabei nicht verbindlich, die Luxemburger Richter folgen den Empfehlungen aber in den meisten Fällen.

Im Streitfall ließ sich eine Frau in Frankreich 2003 gegen Diphtherie, Tetanus und Poliomyelitis impfen. In der Folge traten anhaltende Schäden auf. 2008 ergab eine Muskelbiopsie, dass diese einem Bestandteil des Impfstoffs zugeordnet werden können. Erst 2016 stellten die Ärzte fest, dass sich der Zustand der Frau stabilisiert habe und eine Verschlimmerung nicht mehr zu erwarten sei. Daraufhin verklagte sie den Hersteller auf Schadenersatz. Dieser berief sich in erster Instanz erfolgreich auf Verjährung. Das Berufungsgericht in Rouen legte den Streit dem EuGH vor.

Hintergrund sind die Regelungen der EU-Produkthaftungsrichtlinie. Diese sieht eine Klagefrist von drei Jahren ab Kenntnis des Schadens vor, zudem eine Klageausschlussfrist von zehn Jahren ab Verkauf beziehungsweise Inverkehrbringen des Produkts. Hierzu erklärte nun Generalanwältin Laila Medina, dass nach ihrer Überzeugung neben der verschuldensunabhängigen Produkthaftung auch eine Verschuldenshaftung von Impfstoffherstellern in Betracht komme, etwa wenn sie einen Impfstoff trotz Warnungen über Risiken nicht vom Markt nähmen.

Hinsichtlich der hier abgelaufenen Klageausschlussfrist betonte Medina, dass die Besonderheiten schleichender beziehungsweise progressiver Krankheiten berücksichtigt werden müssten. Wie im Streitfall könne es sein, dass diese sich erst nach Ablauf der zehn Jahre stabilisierten, so dass Betroffene auch erst dann abschließende Kenntnis von dem Schaden hätten.

Eine "unbedingte Anwendung" der Ausschlussfrist würde daher das in der EU-Grundrechtecharta verankerte "Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf" untergraben. Betroffene müssten daher unabhängig von der Ausschlussfrist ab Kenntnis einer Stabilisierung ihrer vermuteten Folgeerkrankung immer noch drei Jahre Zeit für eine Klage gegen den Impfstoffhersteller haben.

Quelle: ntv.de, AFP

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