Großes Gedrängel in Detroit Autobauer fahren vor
10.01.2011, 16:04 Uhr
Werbung zur Messe im Detroiter Stadtbild: Deutsche Autos genießen in den USA einen legendären Ruf.
(Foto: AP)
Zur Automesse in Detroit versuchen sich die deutschen Hersteller im besten Licht darzustellen. Der Sportwagenbauer Porsche zeigt einen neuen Rennwagen und glänzt mit starken Zahlen. VW jubelt über die 7-Millionen-Marke. Daimler und BMW äußern sich vorsichtig.
Die "North American International Auto Show" in Detroit stellt für die Autoindustrie mehr dar als nur ein Branchentreffen von vielen. Traditionell markiert der Termin im wichtigen US-Markt den Auftakt in das neue Jahr.
Nach harten Jahren mit Absatzschwierigkeiten, ungünstigen gesamtwirtschaftlichen Perspektiven und technologischen Herausforderungen blicken die Experten diesmal wieder voller Zuversicht in die Zukunft. Die Stimmung war schon im Vorfeld blendend. Die Autobauer erwarten für dieses Jahr gute Geschäfte. Auf der Auto Show in Detroit sollen bis zu 40 Neuvorstellungen gezeigt werden.
Die Messe in Detroit startet an diesem Montag und bleibt bis 23. Januar geöffnet. "Die ganze Branche erlebt eine Wiederauferstehung", beschrieb Messechef Barron Meade seine Erwartungen an die Veranstaltung. Auf keinem anderen Markt sei die neue Stärke so gut zu beobachten wie in den USA: Die Verkäufe stiegen im vergangenen Jahr um 11 Prozent auf 11,6 Millionen. Das ist zwar noch weit entfernt von den mehr als 16 Millionen verkauften Autos vor der Krise.

GM-Produktionsvize Thomas Stephens freut sich über den "North American Car of the Year"-Preis für den elektrisch betriebenen Chevrolet Volt.
Doch die "Big Three" der US-Autoindustrie - General Motors, Ford und Chrysler - stehen dank einer Rosskur heute wesentlich besser da als in den vermeintlich goldenen Zeiten. Die deutschen und asiatischen Konkurrenten haben ihre Hausaufgaben ebenfalls erledigt. Nach teils verlustreichen Jahren schreiben die Autobauer von Volkswagen bis Toyota wieder dicke Gewinne.
In Detroit tragen die Hersteller ihre wiedergewonnene Stärke zur Schau: Die Ausstellungsflächen sind gewachsen, die Stände prunkvoller. Keine Spur mehr vom Sparzwang der Krisenjahre.
Porsche: "Beträchtliche Zuversicht"
Besonders deutlich zeigt sich die Kauflust der Kunden im US-Markt im Segment der Sportwagenbauer. Der deutsche Hersteller Porsche erlebte im vergangenen Jahr einen wahren Kundenansturm. Die Zahl der Auslieferungen schnellte insgesamt um 25 Prozent auf rund 95.000 hoch.
Besonders gut lief es offenbar in den USA. "Unsere Kollegen hier haben fast 30 Prozent mehr verkauft", sagte Porsche-Chef Matthias Müller auf der Autoshow in Detroit. Die USA sind der größte Einzelmarkt für die Stuttgarter mit zuletzt mehr als 25.000 verkauften Wagen.
"Wir gehen mit beträchtlicher Zuversicht in das Jahr 2011", sagte Müller. Porsche hatte extrem unter der Krise gelitten; die Verkäufe waren eingebrochen. Eine Hybrid- und Dieselvariante der Limousine Panamera etwa sollen nun neue Käufer locken. In Detroit stellte Müller unter anderem auch den neuen vor.
BMW fährt voraus schauend
Bei den Kollegen von BMW blickt man nach einem zweistelligen Absatzplus im vergangenen Jahr eher vorsichtig auf 2011. Für das angelaufene Jahr erwarte der Konzern ein Absatzvolumen von über 1,5 Millionen Fahrzeugen, sagte Vertriebsvorstand Ian Robertson in Detroit. 2010 verkaufte BMW bereits 1,46 Millionen Autos, knapp 14 Prozent mehr als im Jahr davor. Allein im Dezember kletterten die Verkaufszahlen um 14,2 Prozent auf gut 141.000 Autos.
"Wir beobachten die weiter andauernden wirtschaftlichen Unsicherheiten in den verschiedenen Regionen der Welt genau", sagte Robertson. Wichtigster Absatzmarkt im vergangenen Jahr war weiterhin Deutschland, gefolgt von den USA und China.
Daimler sieht flachere Absatzwelle
Der Autobauer Daimler stellt sich für 2011 ebenfalls auf ein leicht gebremstes Wachstum ein. Zwar wolle der Konzern mehr Autos verkaufen als 2010, ein erneutes Absatzplus von 15,3 Prozent wie im Vorjahr sei jedoch "unrealistisch", sagte Daimler-Chef Dieter Zetsche am Rande der Detroit Autoshow.
Der weltweite Automarkt wird nach seiner Einschätzung im laufenden Jahr um sechs Prozent wachsen. Ein derartiges Plus "wäre ein ziemlich schöner Rückenwind für uns alle", sagte Zetsche. Auf dem zuletzt noch kriselnden westeuropäischen Markt sei "das Schlimmste vorüber" und der Absatz werde im laufenden Jahr stagnieren oder leicht anziehen.
Volkswagen jubelt und plant
Beim Porsche-Mutterkonzern Volkswagen blickt man zufrieden auf ein Spitzenjahr zurück: Konzernweit setzte das Unternehmen im vergangenen Jahr 7,14 Millionen Autos ab - das sind 13,5 Prozent mehr als im Vorjahr 2010 und , wie Konzernchef Martin Winterkorn im Vorfeld der Detroiter Autoshow verkündete.
Für 2011 rechnete VW-Vertriebsvorstand Christian Klingler mit einem etwas kleineren Plus. "Wir rechnen für den Gesamtmarkt mit einer Wachstumssteigerung von fünf Prozent weltweit", sagte Klingler. Seinen Angaben zufolge will VW beim Marktanteil weiter zulegen.
Schwerpunkte des Wachstums sieht VW vor allem in China, Russland und den USA. Um nicht zuletzt in den USA weiter zulegen zu können, fährt der Konzern mit einer neuen Mittelklasse-Limousine im nordamerikanischen Markt vor. Der Wagen wird weiterhin Passat heißen, ist aber im Vergleich zu dem in Europa angebotenen Modell abgespeckt in der Ausstattung und dadurch billiger.
Kläger belagern Porsche
In die erwartungsfrohe Atmosphäre in Detroit mischte sich für den VW-Konzern jedoch auch ein juristischer Wermutstropfen. Der Sportwagenbauer Porsche muss sich wegen der gescheiterten Übernahmepläne von VW nun auch in Deutschland vor Gericht verantworten.
Ein Mandant der Berliner Anwaltskanzlei FPS habe beim Landgericht Stuttgart Klage gegen Porsche und die Maple Bank eingereicht, erklärten das Landgericht und die Kanzlei. Die Bank habe für den Sportwagenhersteller während der Übernahmeschlacht VW-Aktienoptionen gekauft und verkauft. Der Kläger fordere von Porsche 3,1 Mio. Euro Schadenersatz. So viel Geld habe er 2008 durch den Verkauf von VW-Aktienoptionen verloren.
Nach Angaben des Landgerichts wurde die Klage bereits am 23. Dezember eingereicht. "Da vom Kläger bislang noch kein Gerichtskostenvorschuss eingezahlt worden ist, wurden noch keine weiteren Maßnahmen getroffen", erklärte das Gericht.
Erinnerungen an kühne Pläne
Porsche ist die Klage nach eigenen Angaben bisher nicht zugestellt worden, weshalb sich der Konzern dazu nicht äußern wollte. "Generell sind wir aber weiter der Auffassung, uns bei der versuchten Übernahme von VW an geltendes Kapitalmarktrecht gehalten zu haben", erklärte ein Firmensprecher.
Porsche hatte 2008 versucht, mit riskanten Finanztransaktionen den deutlich größeren VW-Konzern zu schlucken. Dabei verspekulierte sich die Konzernspitze um Ex-Chef Wendelin Wiedeking jedoch; Porsche drohte unter der Schuldenlast zusammenzubrechen - und VW drehte den Spieß um.
Viele Investoren sahen sich bei Porsches Übernahmeversuch von Wiedeking und seinem Finanzchef Holger Härter getäuscht. Beide hätten die Anteilsverhältnisse von Porsche an VW lange geheim gehalten und die Finanzmärkte im Unklaren über ihre Absichten gelassen.
Etappensieg in den USA
Die Manager sicherten Porsche über schwer durchschaubare Aktiengeschäfte über 70 Prozent der VW-Stammaktien und lösten damit im Oktober 2008 einen Höhenflug der Papiere auf mehr als 1000 Euro aus. Investoren, die auf fallende Kurse gewettet hatten, mussten wegen der Knappheit der frei verfügbaren Aktien zu überhöhten Preisen kaufen und verloren Geld, das sie sich nun vor Gericht zurückholen wollen.
In den USA verklagten mehrere Hedge-Fonds Porsche auf über zwei Milliarden Dollar. Ein New Yorker Gericht wies die Klage Ende 2010 jedoch ab und erklärte sich für eventuelle Betrugsfälle außerhalb der USA für nicht zuständig.
In Deutschland hat die Münchner Anwaltskanzlei CLLB Klagen gegen das Stuttgarter Unternehmen bisher lediglich angekündigt. Zudem laufen Vorermittlungen der Stuttgarter Staatsanwaltschaft gegen frühere Spitzenmanager wegen des Verdachts der Marktmanipulation.
Quelle: ntv.de, mmo/dpa/rts