Streit um Handelsüberschuss BDI-Chef findet Trumps Kritik berechtigt
15.09.2017, 11:50 Uhr
Dieter Kempf räumt ein, dass die deutschen Handelsüberschüsse ein Problem sein könnten.
(Foto: imago/Sven Simon)
Bevor Deutschland die Welt belehrt, sollten wir uns erst mal an unsere eigene Nase fassen, meint Kempf. Der BDI-Chef stimmt der massiven Kritik von US-Präsident Trump über den deutschen Handelsüberschuss teilweise zu und fordert Veränderungen.
Die deutsche Industrie hält die Kritik am hohen deutschen Handelsüberschuss nicht für gänzlich falsch. "Wir Deutschen sollten uns hier ein bisschen ehrlich machen", sagte der Präsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI), Dieter Kempf, der "Süddeutschen Zeitung". Handelsbilanzen müssten nicht immer ausgeglichen sein. "Aber wenn ein Land dauerhaft extrem hohe Überschüsse ausweist, dann muss es sich auch einmal fragen, was es selbst dazu beitragen kann, dass die Sache nicht aus dem Ruder läuft."
Kempf sprach sich am Rande eines zweitägigen Washington-Besuchs dafür aus, die US-Wirtschaft beim Wiederaufbau einer modernen, exportstarken Industrie zu unterstützen und zugleich die Binnenwirtschaft in Deutschland durch mehr Investitionen zu stärken. "Das käme nicht nur der Infrastruktur zugute, sondern würde auch unseren Handelsüberschuss verringern."
Hier seien die Unternehmen gefordert, "aber auch der Staat muss endlich mehr Geld in die Hand nehmen". Zudem sollten die Deutschen generell "die Welt weniger belehren als vielmehr versuchen, Brücken auch zu Sichtweisen zu bauen, die uns zunächst einmal fremd sind", sagte Kempf.
Der deutsche Handelsüberschuss wird derzeit vor allem von der Regierung von US-Präsident Donald Trump massiv kritisiert. Auch der Internationale Währungsfonds und Nachbarländer wie Frankreich betrachten den Überschuss mit Sorge.
Der deutsche Leistungsbilanzüberschuss - die Differenz zwischen Exporten und Importen von Waren und Dienstleistungen sowie weitere Kapitalströme - hatte 2016 einen Wert von 8,3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) erreicht. In der Eurozone insgesamt lag der Überschuss dagegen nur bei 3,6 Prozent.
Quelle: ntv.de, vck/AFP