Wirtschaft

Ermittler, Taskforce und Ausschuss BER-Technikchef scheinbar ohne Kontrolle

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(Foto: REUTERS)

Die Korruptionsaffäre beim Hauptstadtflughafen BER offenbart erhebliche Mängel bei der Auftragsvergabe. Einem Medienbericht zufolge konnte der beschuldigte Technikchef teils ungehindert walten. Wackelt nun auch Flughafenchef Mehdorn?

Mehrere Gremien und Behörden befassen sich in den kommenden Wochen mit den Korruptionsvorwürfen am Hauptstadtflughafen Berlin-Brandenburg - und zwar gleichzeitig. Flughafen-Chef Hartmut Mehdorn hat eine Taskforce eingesetzt, die weiteren Verdachtsfällen nachgeht. Bereits am Montag kommt der Flughafen-Aufsichtsrat auf Antrag der Brandenburger Landesregierung zu einer Sondersitzung zusammen. Allerdings hatte der brandenburgische Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD), der dem Gremium angehört, erklärt, dass bis zu konkreten Entscheidungen die Ergebnisse der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen abgewartet werden sollen.

Brandenburgs Finanzminister Christian Görke (Linke) sagte derweil, dass er bei den Vorgängen auf der Baustelle des neuen Airports keine Toleranz dulden werde. Der bisherige, mittlerweile beurlaubte Technikchef Jochen Großmann soll für die Vergabe eines lukrativen Auftrags 500.000 Euro verlangt haben. Die Staatsanwaltschaft Neuruppin ermittelt deshalb. Nach ihren Erkenntnissen ist aber letztlich kein Geld geflossen.

"Spiegel": Großmann nahezu unkontrolliert

Laut "Spiegel" hat Technikchef Großmann bereits als er nur Berater am BER war, nahezu unkontrolliert lukrative Aufträge zur Umplanung der zentralen Entrauchungsanlage auslösen und verteilen können. Den Zuschlag hätten Unternehmen erhalten, mit denen Großmanns Dresdner Unternehmensgruppe Gicon langjährige Geschäftsbeziehungen gepflegt habe. Konkret werfen ihm die Ermittler dem Bericht zufolge vor, bei einer Auftragsvergabe an den niederländischen Planungskonzern Arcadis 500.000 Euro Schmiergeld gefordert zu haben. Großmann habe sich angesichts der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen nicht äußern wollen.

Interne Unterlagen der Flughafengesellschaft legen laut dem Magazin zudem den Verdacht nahe, dass auch andere Vergabeverfahren Ungereimtheiten aufwiesen, die Flughafenchef Hartmut Mehdorn seit Herbst vorigen Jahres bekannt gewesen seien. So sollen Aufträge in Höhe von 2,7 Millionen Euro vergeben worden sein, obwohl sie europaweit hätten ausgeschrieben werden müssen. Ein Flughafensprecher wies diese Vorwürfe laut "Spiegel" zurück.

Unterdessen berichtet der "Focus", dass bei bei der Staatsanwaltschaft Cottbus eine weitere Anzeige gegen Großmann eingegangen sei. In der offenbar anonym von einem Flughafen-Insider gestellten Anzeige würden Großmann und drei beteiligten Firmen Untreue, Vorteilsnahme und Absprachen bei Ausschreibungen vorgeworfen. Ausgeschriebene Planungsleistungen sollen von Großmann an ihm offenbar nahestehende Unternehmen vergeben worden sein, obwohl die Leistungen bereits vorlagen. Die Fertigstellung der Entrauchungsanlage habe sich laut der Anzeige dadurch um acht Monate verzögert.

Grüne fordert Mehdorns Rausschmiss

Brandenburgs Finanzminister Görke erwartet nun, dass die Geschäftsführung sämtliche Informationen zur Verfügung stellt. "Ich will Klarheit: Wo steht das Projekt, und wie sieht die zukünftige Finanzierung aus?", sagte er. Der Flughafen müsse funktionstüchtig und möglichst bald ans Netz kommen. "Ich will endlich auch Fortschritte beim Schallschutz sehen."

Mehdorn kündigte an, dass ein Expertenteam weitere Aufträge prüfen solle, die von dem Ex-Technikchef vergeben wurden. "Die Taskforce ist mit unseren internen Aufklärern besetzt, mit externen Juristen, Korruptionsexperten und einem Vertreter von Transparency International", sagte er dem "Focus". Bis zur regulären Aufsichtsratssitzung des BER am 30. Juni werde der Bericht vorliegen.

Der haushaltspolitische Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion, Sven-Christian Kindler, verlangte indes, die Entlassung von Mehdorn auf den Weg zu bringen: "Der Aufsichtsrat ist heillos überfordert, hat keine Übersicht über das riesige Chaos und hat bei seiner wichtigsten Aufgabe, der Kontrolle der Geschäftsführung, eklatant versagt."

Laut "B.Z." gibt es zudem neue Probleme mit der Finanzierung. In einem Brief an die Flughafengesellschaft drohten die Banken mit einem Zahlungsstopp, wenn nicht bis zum Herbst ein tragfähiges Finanzkonzept vorliege. Dabei gehe es um 119 Millionen Euro eines insgesamt 2,4 Milliarden Euro schweren Kredits. Zu diesem Thema äußerte sich der Flughafensprecher auf Anfrage nicht.

Quelle: ntv.de, jwu/dpa/AFP

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