Wirtschaft

Ende des Burgfriedens Bahn droht Machtkampf der Gewerkschaften

Bei der Bahn zeichnen sich neuerliche Streiks ab.

Bei der Bahn zeichnen sich neuerliche Streiks ab.

(Foto: picture alliance / dpa)

Schwierige Tarifrunde bei der Bahn: Ende Juni endet ein Grundlagentarifvertrag, der die Zuständigkeiten zwischen zwei Gewerkschaften abgrenzte. Beide wollen künftig das Zugpersonal allein vertreten.

Bei der Deutschen Bahn zeichnet sich ein neuer Tarifkonflikt ab - und das heißt möglicherweise Streiks mitten in der Ferienzeit. Insgesamt sechs Berufsgruppen arbeiten derzeit unter dem Konzerndach. Fünf von ihnen werden von der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) vertreten. Für die Lokführer ist die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) zuständig. Doch mit dieser klaren Machtverteilung ist es nun vorbei.

Denn die Basis des bisherigen Burgfriedens geht am 30. Juni verloren. Dann läuft der Grundlagentarifvertrag aus, in dem das Säulenmodell festgeschrieben ist. Die GDL will das als Chance nutzen, um ihren Einflussbereich zu vergrößern. Ihr Vorsitzender Claus Weselsky hat die Marschrichtung vorgegeben: "Jetzt sind wir auch bei den Zugbegleitern stark genug aufgestellt, dass wir für sie verhandeln können."

Wer vertritt wen?

Die GDL-Tarifkommission erhebt dementsprechend ihre Forderungen für die kommende Tarifrunde "für das gesamte Zugpersonal". Dazu zählen außer den 20.000 Lokführern etwa 3100 Lokrangierführer sowie 11.700 Zugbegleiter und andere Service-Mitarbeiter. Das ist eine Kampfansage an die EVG, die rund 210.000 Mitglieder hat, sechsmal so viele wie die GDL.

EVG-Chef Alexander Kirchner hat schon vor Wochen klargemacht, dass seine Gewerkschaft im Gegenzug ab 1. Juli auch wieder Tarifverträge für Lokführer anstreben werde. Etwa jeder vierte Lokführer sei bei der EVG organisiert. Doch die Bahn will unbedingt vermeiden, dass für eine Berufsgruppe zwei Tarifverträge gelten würden.

GDL geht in die Vollen

Und auch der Forderungskatalog der GDL ist ein schwer verdaulicher Brocken für die Bahn. Sie verlangt fünf Prozent mehr Geld und eine Arbeitszeitverkürzung um 2 auf 37 Stunden pro Woche. Außerdem sollen künftig maximal fünf Arbeitsschichten in fünf Tagen möglich sein statt wie bisher sieben Schichten innerhalb von sechs Tagen.

Eine Reaktion der Bahn gibt es noch nicht, weil die GDL ihre Forderungen bislang nicht offiziell übermittelt hat. Doch die Bahn verweist schon einmal darauf, dass ein solches Paket unter dem Strich einem 15-prozentigen Einkommenszuwachs entspräche. Der Entgelttarifvertrag mit der GDL endet am 30. Juni, der mit der EVG am 31. Juli.

Kabinett will Tarifeinheit - Bahn will Kooperation

Als wäre dies nicht genug, wird die Ausgangslage für die Tarifrunde durch einen anderen Aspekt zusätzlich belastet: Anfang Juli will das Bundeskabinett die Eckpunkte für eine gesetzliche Regelung der Tarifeinheit beschließen. Demnach soll - so die grundsätzliche Position - in einem Betrieb jeweils nur der Tarifvertrag gelten, der von der größten Gewerkschaft ausgehandelt wurde.

Wie so oft aber steckt der Teufel im Detail: Die Neuregelung könnte das im Grundgesetz indirekt verankerte Streikrecht für kleine Gewerkschaften wie die GDL einschränken.

Doch die Bahn wolle weder das Streikrecht einschränken noch eine Gewerkschaft abschaffen, sagt Personalvorstand Ulrich Weber. "Unser bevorzugter Weg ist die Kooperation mit den Gewerkschaften." Die Bahn wolle "eine Art Kooperationsabkommen. Was wir brauchen, ist ein Ordnungsrahmen, der das Miteinander von Gewerkschaften in den Betrieben regelt." Bislang sieht es aber nicht danach aus, dass EVG und GDL dazu bereit seien.

Quelle: ntv.de, jwu/dpa

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