Wirtschaft

"Keine konkreten Vorteile für Kunden und Wirtschaft" Banken sollen vom Eigenhandel lassen

Binnenmarktkommissar Michel Barnier will den Banken den Eigenhandel verbieten.

Binnenmarktkommissar Michel Barnier will den Banken den Eigenhandel verbieten.

(Foto: REUTERS)

Die EU-Kommission will die Sparer-Einlagen vor riskanten Geschäften durch die Banken schützen. Allerdings hat sich die Lobbyarbeit der Finanzbranche ausgezahlt und die Pläne aufgeweicht. Nun ist das EU-Parlament am Zug - darf aber vorerst nicht.

Die EU-Kommission will den Eigenhandel der Banken massiv eindämmen. Damit sollen die Einlagen der Sparer von riskanten Finanzgeschäften der Investmentbanker abgeschirmt werden. Der Eigenhandel wurde als Treiber der jüngsten Finanzkrise identifiziert. Die Anregung rundet die Vorschläge der Kommission für mehr Sicherheit in der europäischen Bankenlandschaft ab. So soll verhindert werden, dass noch einmal massiv Steuergelder zur Rettung von Banken fließen müssen.

Die Vorschläge von EU-Binnenmarktkommissar Michel Barnier zielen auf Geldinstitute, "die zu groß sind, um sie in die Insolvenz zu entlassen, deren Rettung zu teuer ist oder die aufgrund ihrer komplexen Struktur nicht ordnungsgemäß abgewickelt werden können".

Erfolgreiche Lobbyarbeit

Der Eigenhandel umfasst Geschäfte, die eine Bank nicht im Auftrag von Kunden, sondern auf eigene Rechnung tätigt, um Gewinne zu erzielen. "Diese Tätigkeiten bergen zahlreiche Risiken, ohne den Bankkunden oder der Wirtschaft konkrete Vorteile zu bieten", heißt es in dem Papier. Gerade im Eigenhandel hatten viele Geldhäuser in der Finanzkrise Milliardenverluste geschrieben und waren damit an den Rand den Abgrunds geraten.

In Deutschland müssen Banken den Eigenhandel ab bestimmten Schwellenwerten bis Juli 2015 in ein Tochterunternehmen ausgliedern, so dass es wirtschaftlich vom klassischen Einlagengeschäft unabhängig ist. Barniers Vorschlag sieht dagegen vor, den Großbanken den Eigenhandel ganz zu verbieten, wenn der ausschließliche Zweck in der Gewinnmaximierung liegt.

Allerdings fällt der Vorschlag angesichts massiver Lobbyarbeit der Banken wesentlich gemäßigter aus als noch 2012 von einer Expertenkommission. Deren damaliger Leiter, Finnlands Notenbankpräsidenten Erkki Liikanen, hatte vorgeschlagen, für die wichtigsten Institute eine vollständige Trennung des Eigenhandels vom Einlagengeschäft der Sparer durchzusetzen.

Der Kommissionsvorschlag zielt weiterhin auf ein Verbot des Eigenhandels für die 30 größten Finanzhäuser Europas. Damit dürfen die Institute, zu denen etwa die Deutsche Bank, die britische HSBC und die französische BNP Paribas zählen, künftig nicht mehr auf eigenen Namen und eigene Rechnung Handelsgeschäfte mit diversen Finanzinstrumenten betreiben. Experten gehen davon aus, dass auch die Commerzbank und einige Landesbanken von den EU-Regeln erfasst werden.

Ungleichheiten befürchtet

Der Eigenhandel hat mit der Finanzkrise deutlich an Bedeutung verloren. Allerdings wollen die Aufseher ein Wiederaufflackern gerade des Handels mit riskanten Finanzinstrumenten verhindern, wenn die Folgen der Finanzkrise vergessen sind.

Darüber hinaus sieht der Vorschlag der Kommission vor, dass nationale Aufseher bestimmte Investmentbanking-Aktivitäten vom Einlagengeschäft trennen dürfen. Dennoch ist die strikte und vollständige Trennung beider Bereiche vom Tisch. Die dabei den Aufsehern zugestandene weitgehende Entscheidungsfreiheit dürfte nach Ansicht von Kritikern aber dazu führen, dass "es zu Ungleichheiten in der Ausführung" in verschiedenen Ländern kommen werde, kritisiert etwa Clifford Smout, ein Bankenexperte von Deloitte in London.

Hinzu kommt ein unglückliches Timing: Das EU-Parlament muss den Vorschlägen noch zustimmen, dürfte wegen der anstehenden Neuwahlen im Mai aber vorerst den Entwurf nicht beraten. "Es ist sicherlich nicht zufriedenstellend, dass so etwas vorgelegt wird, obwohl der Stichtag für neue Gesetzesvorhaben in der laufenden Legislaturperiode im vergangenen Juli endete," beklagt Sharon Bowles, Vorsitzende des einflussreichen Ausschusses für Wirtschaft und Währung im EU-Parlament.

Dieser Unzulänglichkeit ist sich auch EU-Binnenmarktkommissar Michel Barnier bewusst, der den Gesetzesentwurf federführend betreut. Über diese Vorlage werde frühestens Ende des Jahres, vielleicht sogar erst Anfang 2015 im Parlament beraten werden, gab er bei Vorlage des Entwurfs zu.

Lob aus Deutschland - Kritik aus Frankreich

Das Bundesfinanzministerium bewertete die Vorschläge Barniers insgesamt als positiv, da das System der Universalbanken erhalten bleibe und es keine erkennbaren Negativfolgen für die Realwirtschaft gebe. Der französische Notenbankchef Christian Noyer ging mit seinem Landsmann Barnier dagegen hart ins Gericht und nannte dessen Vorschläge unverantwortlich und gegen die Interessen der europäischen Wirtschaft gerichtet.

Dagegen kann Deutsche-Bank-Co-Chef Jürgen Fitschen nach eigenen Angaben mit Barniers Vorschlag gut leben, da sein Haus den Eigenhandel in klassischer Form nicht mehr betreibe. "Insofern blicken wir all dem, was zu diesem Thema auf europäischer Ebene noch gesagt wird, mit sehr viel Gelassenheit entgegen."

Nach Ansicht des Bundesverbands deutscher Banken (BdB) birgt der Kommissionsvorschlag die Gefahr, dass Kreditinstitute ihren Kunden die gewohnten Dienstleistungen nicht mehr im gleichen Umfang wie bisher anbieten könnten. "Das ist nicht im Interesse der deutschen Wirtschaft", erklärte BdB-Hauptgeschäftsführer Michael Kemmer.

Neben Deutschland haben auch Frankreich und Belgien eigene Gesetze auf den Weg gebracht, um Spareinlagen besser vor riskanten Geschäften der Banken zu schützen. In Großbritannien gilt die "Vickers-Regel", nach der das Eigengeschäft vom Rest der Bank abgeschottet werden muss. Dänemark und die Niederlande erwägen ebenfalls strengere Regeln.

In den USA ist Banken der Handel auf eigene Rechnung nach der sogenannten "Volcker Rule" von Juli 2015 an untersagt. Die US-Investmentbanken wehren sich dagegen aber noch vor Gericht.

Quelle: ntv.de, jwu/DJ/AFP/rts

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