Wirtschaft

Fronten bei Karstadt werden härter Berggruen weist Verdi-Kritik zurück

Verdi will den Druck auf Karstadt erhöhen.

Verdi will den Druck auf Karstadt erhöhen.

(Foto: picture alliance / dpa)

Der Streit um höhere Löhne für die Mitarbeiter der kriselnden Warenhauskette Karstadt eskaliert. Hunderte Beschäftigte legen wieder die Arbeit nieder. Karstadt-Eigentümer Berggruen wirft Verdi Machtspielchen vor und betont, das Traditionsunternehmen gebe es ohne ihn gar nicht mehr.

Nach wochenlangem Schweigen kommt Karstadt-Eigentümer und Weltverbesserer  Nikolas Berggruen nun doch aus der Deckung und äußert sich zur unverhohlenen Kritik an seiner Unternehmenspolitik. Dreh- und Angelpunkt ist vor allem die von oben verordnete Tarifpause für die Beschäftigten. Der Betriebsrat fordert weiterhin eine Rückkehr des Warenhausriesen zum Flächentarifvertrag. Die Probleme des Konzerns sollten im Dialog mit den Eigner Nicolas Berggruen gelöst werden, sagte Gesamtbetriebsratschef Hellmut Patzelt. Tarifverträge seien ein hohes Gut für die Beschäftigten. "Die Menschen müssen verlässliche Rahmenbedingungen haben", fügte er hinzu.

Karstadt-Investor Berggruen wehrt sich vehement gegen die Kritik der Gewerkschaft: "Die Verdi-Funktionäre kämpfen gerade bei Karstadt nur um ihre eigene Macht als Gewerkschaft auf Kosten der Belegschaft", sagte der Milliardär der "Bild"-Zeitung. Berggruen verteidigte zugleich den Ausstieg aus der Tarifbindung: "Wir nehmen niemanden etwas weg." Die Gewerkschaft warf dagegen dem Karstadt-Management Fehler vor, für die die Belegschaft nun nicht in Haftung genommen werden dürfe. Die Gewerkschaft sei zu Aktionen bei Karstadt bereit und habe Berggruen ihre Position bereits "sehr deutlich" gemacht, sagte ein Sprecher weiter. Gesamtbetriebsratschef Hellmut Patzelt sprach sich dafür aus, Probleme im Dialog mit Berggruen zu lösen. Dieser habe Karstadt noch längst nicht abgeschrieben.

Nicolas Berggruen

Nicolas Berggruen

(Foto: picture alliance / dpa)

Karstadt mit seinen rund 20.000 Arbeitsplätzen sei "ein Unternehmen, das sich mitten in der Sanierung befindet", betonte Berggruen vor einem Besuch in der Essener Konzernzentrale. Trotzdem seien die Gehälter nach dem Auslaufen des Sanierungstarifvertrags wie versprochen angehoben worden. "Jetzt sagen wir, die Gehälter sollen zwei Jahre nicht steigen", fügte er gegenüber der "Bild"-Zeitung hinzu. Karstadt steige aus der Tarifbindung aus, bekräftigte Berggruen. Das Vorgehen der Gewerkschaft sei aus seiner Sicht "nicht in Ordnung".

"Es hängt nicht an den Beschäftigten"

Verdi habe nach der Übernahme des Konzerns Berggruens Sanierungsschritte begleitet, Berggruen selbst habe zudem die Rückkehr zum Flächentarifvertrag zugesagt, betonte dagegen der Gewerkschaftssprecher. Verdi habe keinen Ausstieg verkündet. Wenn der unter Umsatzrückgängen leidende Konzern vom Management ausgerufene Ziele nicht erreiche, hänge dies "nicht an den Beschäftigten", betonte der Sprecher. Vielmehr sei das Sortiment umgestellt worden, auch müsse gefragt werden, wie die Modernisierung der Warenhäuser vorankomme und wie es um Investitionen in Marketing stehe. Auch habe das Management bei Karstadt es versäumt, die Kompetenzen der Mitarbeiter stärker zu nutzen. Es sei "absurd", die Beschäftigten und die Gewerkschaft dafür verantwortlich zu machen, dass der Konzern in der öffentlichen Diskussion stehe.

Berggruen müsse zu seiner Verantwortung stehen, forderte Verdi. Stefanie Nutzenberger, im Verdi-Bundesvorstand zuständig für den Handel, hatte erklärt, die Belegschaft habe seit 2004 in mehreren Sanierungsrunden "mehr als 650 Millionen Euro in ihr Unternehmen investiert, der Milliardär Nicolas Berggruen dagegen so gut wie nichts". Nutzenberger habe Berggruen nun am Wochenende getroffen und diesem die Position der Gewerkschaft "sehr deutlich" gemacht, betonte der Sprecher.

Probleme unterschätzt – weitere Durststrecke erwartet

Die Probleme bei der Kaufhauskette habe er bei der Übernahme unterschätzt, räumte Berggruen ein. "Ich habe nicht gewusst, wie krank Karstadt nach 20 Jahren Missmanagement wirklich war", sagte der Milliardär. Das Unternehmen hinke in vielen Bereichen hinterher. Zudem stehe ihm noch ein steiniger Weg bevor: "Eine Sanierung ist immer ein langer Weg und wir haben erst ungefähr die Hälfte hinter uns." Der Personalabbau sei aber weitgehend abgeschlossen - Karstadt streicht rund 2000 Arbeitsplätze.

Berggruen hatte den Karstadt-Konzern 2010 aus der Insolvenz übernommen und war damals auch von den Arbeitnehmern als Retter gefeiert worden. Zuletzt stand er aber unter Druck. Bei den rund 20.000 Beschäftigten hat das Vorhaben der Abkehr von der Tarifbindung für Empörung gesorgt. Verdi hatte mit Protestaktionen begonnen, zuletzt machten sich Karstadt-Beschäftigte in Hamburg für Flächentarifverträge stark. Auch der Gesamtbetriebsrat will eine Rückkehr. Berggruen will sich heute persönlich über die Lage informieren - Karstadt zufolge stand ein Arbeitsbesuch Berggruens in der Konzernzentrale in Essen an.

Quelle: ntv.de, rts

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