Wirtschaft

Wie geht es den Briten? Brexit bremst die Wirtschaft

Die britische Premierministerin Theresa May.

Die britische Premierministerin Theresa May.

(Foto: imago/Xinhua)

Trotz Brexit haussiert der britische Aktienmarkt, während das Pfund stabil ist. Ist die Lage tatsächlich so gut, oder sieht es nur auf den ersten Blick so aus?

Theresa May geht in die Offensive: Mit einer großen Anzeigenkampagne macht die britische Regierung derzeit im Ausland Werbung für Investitionen in Großbritannien. Die Botschaft soll signalisieren, dass Großbritannien trotz des Brexits, also des bevorstehenden Austritts des Landes aus der EU, weiterhin ein unternehmerfreundliches Land bleiben wird. Nachdem die Regierungschefin Ende März den Austritt aus der EU eingereicht hat, wollen die 27 EU-Staaten auf einem Sondergipfel am 29. April in Brüssel die Leitlinien für die Verhandlungen festzurren. Wenige Wochen später sollen dann die Verhandlungen beginnen, die bis Ende März 2019 abgeschlossen werden sollen.

May muss dafür sorgen, dass die Stimmung der Unternehmen gut ist, damit sie weiterhin in Großbritannien investieren. Immerhin befürchten viele Firmen, dass das Land durch den Brexit den Zugang zum europäischen Binnenmarkt verlieren könnte - und es damit zu höheren Zöllen und Steuern auf Ein- und Ausfuhren und zunehmender Bürokratie kommen könnte. Laut einer Umfrage der Beratungsgesellschaft EY plant jedes siebte in Britannien aktive Unternehmen, Geschäftsbereiche aus dem Land abzuziehen.

Die zunehmende Unsicherheit bei Unternehmen und Verbrauchern spiegelt sich bereits in einer Reihe von Konjunkturdaten wider. So war die Industrieproduktion im Februar überraschend um 0,7 Prozent gegenüber dem Vormonat gesunken. Das war der zweite Rückgang in Folge. Volkswirte hatten einen Anstieg um 0,2 Prozent vorhergesagt. Im gleichen Monat waren die Bauausgaben um 1,7 Prozent zurückgegangen - das war das größte Minus seit fast zwölf Monaten.

Die Inflation zieht an

Zudem waren die Einzelhandelsumsätze im ersten Quartal um 0,7 Prozent gegenüber dem Vorjahr gesunken. Das war der größte Rückgang seit 2011. Dass das teilweise daran liegt, dass in diesem Jahr Ostern erst im April ist, hat viele Experten kaum überzeugt. Denn die Verbraucher bekommen die kräftig gestiegene Inflation zu spüren, weshalb die Konsumenten auf die Ausgabenbremse drücken. Obwohl sich das britische Pfund nach dem Brexit-Referendum seit Mitte November 2016 deutlich stabilisiert hat, ist das Pfund bei Kursen von um 1,255 Dollar je Pfund um 14 Prozent weniger wert als im Juni. Das heizt die Inflation kräftig an, weshalb sie im März bei 2,3 Prozent lag. Das entspricht einem rasanten Anstieg in den vergangenen Monaten, nachdem die Inflation im März 2016 noch bei lediglich 0,5 Prozent lag.

Die negativen Auswirkungen sind bereits zu spüren, denn die steigende Inflation drückt kräftig auf die Kaufkraft. Im Februar sind die realen Löhne, also unter Berücksichtigung der Inflation, um 0,4 Prozent gegenüber dem Vorjahr gesunken. Das war der erste Rückgang seit August 2014. Obwohl die Zahl der Arbeitnehmer mit 31,8 Millionen in der Nähe des Rekordhochs und die Arbeitslosenquote bei lediglich 4,7 Prozent liegt, steigen die Löhne nur langsam. "Die privaten Haushalte sind ein einem perfekten Sturm aus steigender Inflation und langsamer steigenden Löhnen gefangen", sagte Samuel Tombs, Volkswirt bei Pantheon Macroeconomics in London.

Aktienmarkt in der Nähe des Rekordhochs

Wegen des schwachen Jahresauftakts könnten sich die Prognosen vieler Volkswirte, die für 2017 ein Wirtschaftswachstum von 1,7 bis 2,0 Prozent vorhersagen, als deutlich zu optimistisch herausstellen, zumal die englische Notenbank davon ausgeht, dass die Inflation bis Jahresende auf knapp drei Prozent steigen dürfte. Eine solche Entwicklung dürfte den Konsum weiter dämpfen. Dennoch ist der Aktienmarkt, gemessen am FTSE100 in die Nähe des Rekordhochs geklettert und notiert mit rund 7300 Punkten um 15 Prozent über dem Niveau vom 23. Juni 2016. Damit spiegelt er aber lediglich den Rückgang des Pfunds wieder. Auf Basis des US-Dollars ist der FTSE100 praktisch unverändert seit damals. Das passt auch zur jüngsten Entwicklung, bekommt die britische Wirtschaft doch die Folgen des Brexit-Referendums allmählich zu spüren.

Die britische Premierministerin May dürfte daher nicht verhindern können, dass sich die Wirtschaft in den nächsten Monaten merklich abkühlt. Sollte sich das Pfund trotz dieses Umfelds gegenüber dem Dollar und dem Euro stabilisieren oder gar weiter erholen, würde das den Anstieg beim FTSE100 merklich bremsen, weil sich die Perspektiven für die exportabhängigen britischen Unternehmen eintrüben. Welche Gewinne hiesige Anleger mit britischen Aktien machen können, würde dann maßgeblich von der Entwicklung des Euro gegenüber dem Pfund abhängen.

Quelle: ntv.de

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