Privatkundengeschäft schwächelt Commerzbank auf Sparkurs
01.09.2012, 15:07 UhrVom Mühlstein der Abschreibungen auf griechische Staatsanleihen befreit, hat die Commerzbank im zweiten Quartal zwar deutlich mehr Geld verdient. Für den weiteren Jahresverlauf machen sich die Frankfurter aber wenig Hoffnung. Der Vorstand setzt auf Sparmaßnahmen.
Nach der schwachen Entwicklung in dem für die Commerzbank wichtigen Privatkundengeschäft will Deutschlands zweitgrößte Bank offenbar mit neuen Sparmaßnahmen gegensteuern. Ein neues Strategiepapier für den Aufsichtsrat sieht angeblich Stellenstreichungen und Filialschließungen vor. Zugleich will die Frankfurter Bank einen neuen Anlauf unternehmen, ihre verbleibenden Filialen länger zu öffnen.
Nach Informationen der "Welt am Sonntag" hat der Vorstand der Commerzbank ein 400 Seiten starkes Sparprogramm erstellt, das Mitte September dem Aufsichtsrat vorgelegt wird. Kern des Programms: eine ungenannte Zahl von Mitarbeitern soll entlassen werden, weitere Filialen schließen und die verbleibenden Commerzbank-Zweigstellen bleiben länger geöffnet. Eine Quelle für ihre Informationen nannte die Zeitung nicht.
"Wir sehen derzeit keine Anzeichen dafür, dass sich der Druck auf das operative Ergebnis reduziert", hatte Finanzvorstand Stephan Engels im Anfang August gesagt. Damit schloss sich Deutschlands zweitgrößte Bank den pessimistischen Tönen der Deutschen Bank an. Die Commerzbank erwartet für das zweite Halbjahr ein Konzernergebnis unter dem der ersten sechs Monate. Hier hat die Bank 644 Mio. Euro erzielt - knapp 400 Mio. Euro weniger als im ersten Halbjahr 2011.
Sparkurs keine Überraschung
Ein Sprecher der Commerzbank wollte den Zeitungsbericht nicht kommentieren. "Unser strategischer Planungsprozess läuft bis zum 8. November", sagte er und verwies damit auf die "strategische Weiterentwicklung" für das Privatkundengeschäft, die Finanzvorstand Stephan Engels für Anfang November in Aussicht gestellt hat.
Im zweiten Quartal war das operative Geschäft mit den Privatkunden denkbar schlecht verlaufen, nur mit Hilfe der Direktbanktochter comdirect konnte die Bank im Privatbanking einen Verlust vermeiden. Im zweiten Halbjahr rechnet die Bank mit noch niedrigeren Gewinnen. Vor diesem Hintergrund wären weitere Sparanstrengungen keine Überraschung.
Dabei sollte gerade im Privatkundengeschäft künftig die Kernkompetenz der Commerzbank liegen. Ende Juni hatte Deutschlands zweitgrößte Bank angekündigt, sich aus den Geschäftsbereichen Schiffsfinanzierung und gewerbliche Immobilienfinanzierung zurückzuziehen. In der Schiffsfinanzierung war die Commerzbank einst der drittgrößte Player der Welt, bei den gewerblichen Immobilien avancierte man mit der Eurohypo-Tochter zum größten Institut Europas.
Auch im Privatkundengeschäft hatten sich die hochfliegenden Hoffnungen aus der Fusion mit der Dresdner Bank im Jahr 2008 nicht erfüllt. Von der "einmaligen Chance" und dem "Quantensprung" im Geschäft mit Privatkunden war zuletzt nicht mehr viel übrig geblieben.
Tausende Stellen gestrichen
Seit der Übernahme der Dresdner Bank vor vier Jahren mussten bereits rund 9000 Mitarbeiter den Konzern verlassen, die Zahl der Filialen will das Frankfurter Geldhaus bis zum Jahresende auf 1200 von zuvor 1540 reduzieren.
Die verbliebenen Mitarbeiter sollen dafür auch am Samstag für die Kunden da sein. Dem Zeitungsbericht zufolge will die Commerzbank einen erneuten Anlauf unternehmen, ihre Filialen länger zu öffnen und einige Geschäftsstellen auch Samstags zu öffnen. Einen entsprechenden Versuch hatte die Commerzbank vor fünf Jahren, also noch vor der Fusion mit der Dresdner Bank, schon einmal unternommen, war damals aber am Widerstand der Betriebsräte gescheitert.
Quelle: ntv.de, jga/DJ