Mit Rückenwind in die Flaute Dax-Reise unter 7100
19.01.2011, 17:40 UhrErst ein neues Zweieinhalb-Jahres-Hoch im Dax, dann Kursverluste, dann wieder ins Plus gedreht und letzten Endes doch deutlich im negativen Terrain geschlossen: Anleger brauchen am deutschen Aktienmarkt derzeit starke Nerven - und Geduld.
Frei nach Thomas D.: Ich packe meine Sachen und bin raus mein Kind, der Dax ist auf der Reise und hat Rückenwind.
(Foto: picture alliance / dpa)
Deutsche Anleger haben sich am Mittwoch nur zwischenzeitlich von den starken Quartalszahlen der US-Technologiekonzerne Apple und IBM berauschen lassen. Nach Erreichen eines Zweieinhalb-Jahres-Hochs von 7165 Punkten im frühen Geschäft bröckelte der Dax wieder ab und schloss am Abend dann deutlich mit 0,8 Prozent niedriger bei 7083 Zählern. Stärkere Verluste musste der MDax3mit 1,5 Prozent auf 10.248 Zähler hinnehmen. Der TecDax büßte 1,2 Prozent auf 880 Punkte ein.
"Grundsätzlich ist der positive Trend weiter intakt, aber dem Markt fehlt die Kraft oder vielleicht auch der Glaube, dass es noch deutlich nach oben gehen könnte", sagte ein Händler. Immerhin liegen viele Kurse derzeit so hoch wie seit Mai 2008 nicht mehr.
Apple-Anschub reicht nicht
Für Bewegung sorgten zunächst die unerwartet guten Geschäftszahlen von Apple und IBM aus den USA. Am Nachmittag drückten dann unerwartet schwache US-Immobiliendaten sowie ein deutlicher Gewinneinbruch von Goldman Sachs auf die Kurse.
Infineon wie der Markt
Infineon spiegeln den Marktverlauf perfekt wieder: Zunächst mit deutlich über 2 Prozent fester an der Spitze der Dax-Gewinner gestartet, gingen sie mit einem Minus von 3,3 Prozent und an der Spitze der Leitindex-Verlierer aus dem Handel.
"Erbitux"-Studie hilft Merck
Studienergebnisse von Merck zu "Erbitux" sorgten für Käufe der Aktie, deren Kurs daraufhin um 1,2 Prozent zulegen konnte und sich am späten Vormittag an die Dax-Spitze setzte.. "Nach all den Hiobsbotschaften im September und Oktober wird das leicht positiv aufgenommen", sagte ein Händler. Auf kurze Sicht sei nun die Entscheidung des europäischen Ausschusses für Humanarzneimittel zu "Cladribine" gegen Multiple Sklerose der "nächste mögliche Kurstrigger".
Daimler und die Kartellwächter
Die Untersuchungen der EU-Kartellwächter gegen europäische Lkw-Bauer belasteten Daimler besonders stark. Die Titel des Weltmarktführers sackten um 2,4 Prozent ab und gehörten damit zu den größten Dax-Verlierern. MAN gaben um 2,6 Prozent nach.
Die Auswirkungen auf die Aktienkurse dürften aber insgesamt gering bleiben, da bisher keine Details zu den Untersuchungen bekannt seien, erklärte LBBW-Analyst Frank Biller. Es bestehe allerdings das Risiko, dass das jeweilige Unternehmen sich eine Strafe von bis zu zehn Prozent des weltweiten Umsatzes einhandeln könnte.
Deutsche Bank und K+S fester
Unter den Einzelwerten im Dax rückten auch die Titel der Deutschen Bank nach Medienberichten zur Platzierung der Aktien des teilverstaatlichen US-Versicherers AIG in den Blick. Demnach soll das Bankhaus gemeinsam mit der Bank of America, JP Morgan und Goldman Sachs den milliardenschweren Verkauf des staatlichen Mehrheitsanteils an AIG abwickeln. 'Das ist gut für den Ruf der Bank', kommentierte ein Händler. Deutsche-Bank-Aktien gingen fast unverändert aus dem Handel. Postbank (-1,4 Prozent) und Commerzbank (-0,3 Prozent) büßten dagegen ein - vielleicht auch vor dem Hintergrund der schwachen Goldman-Sachs-Zahen in den USA.
Die Aktien des Düngemittelherstellers K+S profitierten zunächst von Übernahmeaktivitäten in der Branche und verteuerten sich um zeitweise fast 1 Prozent. Am Nachmittag drehten auch sie dann ins Minus und gingen 0,4 Prozent tiefer aus dem Handel. Händler verwiesen auf einen Bericht, demzufolge sich das Futter- und Lebensmittelunternehmen Cargill angeblich von seinem 64-prozentigen Anteil am US-Düngemittelproduzenten Mosaic trennen will. Es gebe zwar keinen direkten Zusammenhang mit K+S, aber Übernahmeaktivität im Düngemittelmarkt habe den K+S-Aktien bislang nie geschadet, sagte ein Börsianer.
Cree drücken Aixtron
Dagegen sackten die Titel von Aixtron um zeitweise fast 7 Prozent ab, nachdem der US-Rivale Cree mit seinem Quartalsausblick enttäuscht hatte. Die Papiere von Cree waren in New York nachbörslich um 15 Prozent eingebrochen. Im weiteren Handelsverlauf konnten die Verluste jedoch auf 4,9 Prozent reduziert werden.
Solarwerte uneinheitlich
Die Diskussion um die Kürzungspläne der Bundesregierung bei der Solarförderung wirkte sich unterschiedlich auf die Branchenwerte aus. "Es scheint so, dass die stärker aufgestellten Solarfirmen von den Kürzungsplänen profitieren können, während den anderen Unternehmen eine Konsolidierung der Branche zu schaffen machen dürfte", kommentierte ein Händler die Kursunterschieden.
Im TecDax legten SMA Solar und Phoenix Solar mit 6,0 beziehungsweise 0,6 Prozent besonders deutlich zu. Auch Centrotherm und Solarworld gewannen 7,0 beziehungsweise 0,2 Prozent. Dagegen standen Conergy mit 3,8 Prozent auf der Verliererseite ganz oben. Q-Cells und Roth & Rau gaben 1,2 beziehungsweise 2,8 Prozent nach.
"Financial Times Deutschland" und "Süddeutsche Zeitung" hatten berichtet, dass der Bund die Förderung bereits zum 1. Juli um bis zu 15 Prozent absenken will. Reuters hatte bereits zu Wochenanfang über entsprechende Pläne berichtet.
Quelle: ntv.de, bad/rts/dpa